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Fünf Gründe, warum die deutsche Wirtschaft zu kämpfen hat

• Feb 17, 2025, 3:49 PM
8 min de lecture
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Deutschland hat seit fünf Jahren kein nennenswertes Wirtschaftswachstum mehr erlebt - eine erstaunliche Wende für Europas größte Volkswirtschaft. Eigentlich hatte die deutsche Wirtschaft den Welthandel mit technischen Produkten wie Industriemaschinen und Luxusautos dominiert.

Was ist also passiert?

Hier sind fünf Gründe für den anhaltenden wirtschaftlichen Einbruch in Deutschland:

Energieschock aus Russland

Die Entscheidung Moskaus, nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine die Erdgaslieferungen nach Deutschland zu stoppen, war ein schwerer Schlag. Jahrelang basierte das deutsche Geschäftsmodell auf billiger Energie, die die Produktion von Industriegütern für den Export ankurbelte.

Im Jahr 2011 beschloss die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, den Ausstieg aus der Kernenergienutzung in Deutschland zu beschleunigen und sich auf Gas aus Russland zu verlassen, um die Lücke zu schließen. Denn das Land kehrt auch weiter von der Kohleenergie ab und die erneuerbaren Energien haben noch nicht das Level erreicht, um das Land ausreichend zu versorgen. Für Deutschland galt Russland damals als zuverlässiger Energiepartner; gegenteilige Warnungen aus Polen und den USA wurden zurückgewiesen.

Als Russland die Lieferungen einstellte, stiegen in Deutschland die Preise für Gas und für aus Gas erzeugtem Strom rapide an - beides Schlüsselkosten für energieintensive Industrien wie Stahl, Düngemittel, Chemie und Glas. Deutschland musste auf Flüssigerdgas (LNG) umsteigen, das supergekühlt per Schiff aus Katar und den USA importiert wird und teurer ist als Pipelinegas.

Laut einer Studie, die das Forschungsunternehmen Prognos AG im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft erstellt hat, kostet Strom die industriellen Verbraucher in Deutschland inzwischen durchschnittlich 20,3 Cent pro Kilowattstunde. In den USA und China, wo viele Konkurrenten deutscher Unternehmen ansässig sind, liegen die Kosten bei umgerechnet 8,4 Eurocent.

Die erneuerbaren Energiequellen haben sich nicht schnell genug entwickelt, um diese Lücke zu schließen. Der Widerstand von Hausbesitzern und Regionen gegen Turbinen hat das Wachstum der Windenergie gebremst. Die Infrastruktur für den Transport von Wasserstoff als Ersatzbrennstoff für Stahlöfen bleibt größtenteils ein Plan.

China: Vom Kunden zum Konkurrenten

Jahrelang profitierte Deutschland von Chinas Eintritt in die Weltwirtschaft - selbst als andere Industrieländer Arbeitsplätze an China verloren. Deutsche Unternehmen fanden einen riesigen neuen Markt für Industriemaschinen, Chemikalien und Fahrzeuge. Anfang und Mitte der 2010er Jahre machten Mercedes-Benz, Volkswagen und BMW satte Gewinne mit dem Verkauf auf dem inzwischen größten Automarkt der Welt.

Zu dieser Zeit produzierten chinesische Unternehmen überwiegend Produkte wie Möbel und Unterhaltungselektronik, die nicht mit Deutschlands Kernkompetenzen konkurrieren konnten. Dann begannen Hersteller in China, die gleichen Dinge wie die Deutschen zu produzieren.

Staatlich subventionierte chinesische Solarzellen verdrängten die deutschen Hersteller. Im Jahr 2010 waren die chinesischen Hersteller von Solarmodulen auf importierte deutsche Anlagen angewiesen; heute ist die weltweite Produktion von Solarmodulen auf Anlagen aus China angewiesen. Die Regierung in Peking hat ihre Bemühungen zur Förderung und Subventionierung der für den Export bestimmten Produktion intensiviert. Die daraus resultierenden Waren - Stahl, Maschinen, Solarmodule, Elektrofahrzeuge und Batterien für Elektrofahrzeuge - konkurrieren nun auf den Exportmärkten mit deutschen Waren.

Deutschland, die autozentrierteste Volkswirtschaft der Europäischen Union, hatte am meisten durch Chinas exportorientierte Industriepolitik zu verlieren. Im Jahr 2020 war China kein Nettoexporteur von Fahrzeugen; 2024 exportierte es bereits fünf Millionen pro Jahr. Deutschlands Nettoexporte gingen im gleichen Zeitraum um die Hälfte auf 1,2 Millionen Fahrzeuge zurück. Die chinesische Fabrikkapazität wird auf 50 Millionen Fahrzeuge pro Jahr geschätzt, was etwa der Hälfte der weltweiten Nachfrage entspricht.

Knausern bei den Investitionen

Deutschland wurde während der guten Zeiten selbstgefällig und schob Investitionen in langfristige Projekte wie Bahnstrecken und Hochgeschwindigkeitsinternet auf. Die Regierung glich ihren Haushalt aus und erwirtschaftete manchmal Überschüsse aus den Steuereinnahmen einer boomenden Wirtschaft.

Heute schütteln deutsche Pendler den Kopf über Züge, die nicht pünktlich fahren, und über ständige Betriebsunterbrechungen, während Reparaturen an abgenutzten Gleisen durchgeführt werden. Hochgeschwindigkeitsinternet hat einige ländliche Gebiete noch immer nicht erreicht. Eine Übertragungsleitung, die Strom aus dem windigen Norden Deutschlands in die Fabriken im Süden bringen soll, hat sich um Jahre verzögert und wird nicht vor 2028 fertiggestellt sein. Eine wichtige Brücke auf der Autobahn, die das industrielle Ruhrgebiet mit Süddeutschland verbindet, musste 2021 geschlossen werden, zehn Jahre, nachdem Zweifel an ihrer Stabilität aufgekommen waren. Ein Ersatz wird nicht vor 2027 fertig sein.

Eine Verfassungsänderung aus dem Jahr 2009 hat die Regierung durch die Begrenzung der Defizitausgaben in die Schranken gewiesen. Die Frage, ob die so genannte Schuldenbremse gelockert werden soll, wird ein heikles Thema für die nächste deutsche Regierung sein.

Mangel an qualifizierten Arbeitskräften

Deutsche Unternehmen haben Schwierigkeiten, Arbeitskräfte mit den richtigen Qualifikationen zu finden, von hochqualifizierten IT-Fachkräften bis hin zu Tagesmüttern, Altenpflegern und Hotelangestellten. In einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages unter 23.000 Unternehmen gaben 43 Prozent der Unternehmen an, dass sie offene Stellen nicht besetzen können. Bei Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten stieg der Anteil auf 58 Prozent.

Immer weniger deutsche Schüler interessieren sich für MINT-Fächer, d. h. für Naturwissenschaften, Technik, Ingenieurwesen und Mathematik. Eine alternde Bevölkerung verschärft das Problem ebenso wie der Mangel an erschwinglichen Kinderbetreuungsmöglichkeiten, der viele Frauen dazu veranlasst, Teilzeit oder gar nicht zu arbeiten. Bürokratische Hürden stellen ein Hindernis für die Beschäftigung hochqualifizierter Zuwanderer dar, obwohl ein 2020 verabschiedetes und 2023 verschärftes Gesetz diesen Prozess erleichtern sollte.

Bürokratie

Langwierige Genehmigungsverfahren und zu viel Papierkram sind nach Ansicht deutscher Unternehmen und Wirtschaftsexperten eine Belastung für die Wirtschaft. Die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Windkraftanlage kann Jahre dauern. Ein paar weitere Beispiele unter Dutzenden, die von deutschen Wirtschaftsverbänden angeführt werden:

- Unternehmen, die Solaranlagen installieren, müssen sich sowohl bei den Behörden als auch bei ihrem örtlichen Energieversorger registrieren lassen, obwohl der Energieversorger die Informationen an die Regierung weitergeben könnte.

- Restaurants müssen die Kühlschranktemperaturen von Hand aufzeichnen und die Aufzeichnungen einen Monat lang in Papierform aufbewahren, auch wenn die Daten digital gespeichert wurden.

- Ein Gesetz, das Unternehmen verpflichtet, die Einhaltung von Umwelt- und Arbeitsnormen durch ihre Zulieferer zu zertifizieren, geht über die EU-Anforderungen hinaus und belastet deutsche Unternehmen stärker als ihre europäischen Konkurrenten.