Brand in einem Nachtclub in Nordmazedonien: "Die Kinder sind bis zur Unkenntlichkeit verbrannt"

Am Sonntag ist in einem überfüllten Nachtclub in Nordmazedonien ein Feuer ausgebrochen, bei dem 59 Menschen starben und mehr als 150 weitere verletzt wurden. DIe Behörden nahmen 15 Personen fest. Es wird wegen Korruption und Bestechung ermittelt.
Der Brand brach gegen 02:30 Uhr MEZ während eines Konzerts einer lokalen Popgruppe in dem Club aus, wie Innenminister Panche Toshkovski gegenüber Reportern erklärte. Er sagte, 39 der Toten seien bisher identifiziert worden. In der Bühnenshow wurde Pyrotechnik eingesetzt, Funken sollen dabei die Decke in Brand gesetzt haben. Die Flammen haben sich laut Behörden sehr schnell auf das Dach ausgebreitet, brennende Gebäudeteile fielen auf die Menschenmenge herunter.
Die Behörden warnen davor, dass die Zahl der Todesopfer weiter steigen könnte, da sich 20 der Verletzten weiterhin in einem kritischen Zustand befinden. Die Regierung hat eine siebentägige Staatstrauer ausgerufen.
Bei dem Brand in der östlichen Stadt Kocani kamen vor allem junge Menschen ums Leben. Sie erlitten Verbrennungen und Rauchvergiftungen als sie verzweifelt versuchten, den einzigen Ausgang des Gebäudes zu erreichen, so die Behörden. Unter den Todesopfern waren auch 16-Jährige.
"Wir haben sogar versucht, durch das Badezimmer zu entkommen, aber die Fenster waren vergittert", sagte Marija Taseva, eine 19-jährige Überlebende, die eine Verletzung im Gesicht erlitt.
"Ich habe es irgendwie geschafft, rauszukommen. Ich fiel die Treppe hinunter und sie rannten über mich, trampelten über mich. ... Ich habe nur knapp überlebt und konnte kaum atmen", fügte Taseva hinzu.
Durch das Feuer stürzte das Dach des einstöckigen Gebäudes teilweise ein und legte die verkohlten Überreste von Holzbalken und Trümmern frei. Die Polizei sperrte den Brandort ab und schickte Teams zur Spurensicherung, an denen auch die Staatsanwaltschaft beteiligt war.
Innenminister Panche Toshkovski sagte, dass 15 Personen zur Befragung festgenommen wurden. Eine vorläufige Überprüfung hatte ergeben, dass der Club ohne ordnungsgemäße Lizenz betrieben wurde. Er sagte, die Zahl der Personen im Club sei mindestens doppelt so hoch gewesen wie die offizielle Kapazität von 250.
"Wir haben den begründeten Verdacht, dass in diesem Fall Bestechung und Korruption im Spiel sind", sagte er vor Reportern, ohne näher darauf einzugehen.
Europäische Staats- und Regierungschefs sprechen Beileid aus und bieten Hilfe an
Der Brand ist die schlimmste Tragödie, die sich in jüngster Zeit in dem Binnenstaat mit seinen weniger als 2 Millionen Einwohnern ereignet hat.
Beileidsbekundungen kamen von führenden Politikern aus ganz Europa sowie von Papst Franziskus, der seit einem Monat wegen einer beidseitigen Lungenentzündung im Krankenhaus liegt. Papst Franziskus drückte sein "tiefes Beileid" aus und versicherte, dass er im Gebet derer gedenke, die ihr Leben verloren haben. Er rief auch "den Trost des Herrn für die Leidenden" an. Die Worte des Papstes kamen in einem Telegramm, das vom Staatssekretär des Heiligen Stuhls, Pietro Parolin, unterzeichnet wurde.
Auch EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen äußerte sich öffentlich dazu.
Sie drückte den Opfern und ihren Angehörigen auf X, früher Twitter, ihr Beileid aus. "Ich trauere über den tragischen Verlust von Menschenleben bei dem Brand in Kocani. Die EU ist in dieser schwierigen Zeit solidarisch mit den Menschen in Nordmazedonien", fügte sie hinzu.
Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sandte Botschaften der Unterstützung. "Ich wünsche den Verletzten eine schnelle Genesung. Die Ukraine trauert an der Seite unserer (nord-)mazedonischen Freunde an diesem traurigen Tag", schrieb Selenskyj in einem Beitrag auf X.
Beamte des Gesundheitsministeriums erklärten, die Regierung habe Hilfsangebote aus mehreren Nachbarländern angenommen, darunter Bulgarien, Griechenland, Serbien und die Türkei, wo Vorbereitungen für die Aufnahme von Patienten mit lebensbedrohlichen Verletzungen getroffen wurden.
Die medizinischen Kapazitäten der Stadt Kocani mit 25.000 Einwohnern reichten nicht aus. Noch in der Nacht wurden Verletzte 100 Kilometer weiter in die Hauptstadt Skopje gebracht.
Der serbische Präsident Aleksandar Vučić erklärte, er habe die Regierung angewiesen, Unterstützung zu mobilisieren und alle erforderlichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um "die Tragödie kleiner zu machen".
In der nordgriechischen Stadt Thessaloniki wurden drei Menschen mit schweren Verbrennungen - zwei im Alter von 25 Jahren und ein 19-Jähriger - in einem zivilen Krankenhaus behandelt, wobei einer von ihnen operiert wurde, so die Gesundheitsbehörden. Ihr Zustand ist kritisch.
Große nationale Anteilnahme und die Forderung nach Konsequenzen
Am Sonntag versammelten sich Angehörige vor Krankenhäusern und städtischen Ämtern in Kocani und baten die Behörden um weitere Informationen. Dragi Stojanov wurde darüber informiert, dass sein 21-jähriger Sohn Tomce bei dem Feuer ums Leben gekommen war.
"Er war mein einziges Kind. Ich brauche mein Leben nicht mehr. 150 Familien sind am Boden zerstört", sagte er. "Die Kinder sind bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Es gibt Leichen, nur Leichen im Inneren (des Clubs). Und die Bosse (des organisierten Verbrechens) stecken sich das Geld einfach in die Tasche."
Die Präsidentin Nordmazedoniens, Gordana Siljanovska-Davkova, besuchte die Brandopfer in einem Krankenhaus in Skopje und sprach mit den Eltern, die vor dem Krankenhaus versammelt waren.
"Es ist schrecklich. Kaum zu glauben, wie das passieren konnte", sagte sie, wobei ihre Stimme vor Rührung stockte. "Wir müssen diesen jungen Menschen Mut machen, weiterzumachen."
Ministerpräsident Hristijan Mickoski sagte, es sei "der schwierigste Tag meines Lebens" gewesen und fügte hinzu, dass das Land die Korruption besiegen müsse.
"Ich bin in die Politik gegangen, um etwas zu verändern. Ich bin auf ein zutiefst korruptes System gestoßen, das jahrzehntelang aufgebaut und gepflegt wurde und an dem Menschen aus allen Parteien und aus allen Schichten beteiligt sind. Wenn dieses System nicht zusammenbricht, wird dieses Land niemals existieren", sagte er in einer Erklärung.
Die nordmazedonische Regierung ordnete eine umfassende Inspektion an, die in den nächsten drei Tagen in allen Nachtclubs und Kabaretts des Landes durchgeführt werden soll.
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