"Trump sorgt für Disruption": Zeitenwende, zweiter Akt?

Donald Trumps Wiederwahl zum US-Präsidenten vergangenes Jahr habe weitreichende sicherheitspolitische Folgen für Europa. Das besagt ein vor kurzem erschienener Bericht des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW).
Trumps Kurswechsel im Hinblick auf die Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg und das Infragestellen der amerikanischen Sicherheitsgarantien würden Europa zwingen, militärisch auf eigenen Beinen zu stehen.
Vizepräsident JD Vance hatte bei seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz mitunter die Beziehungen zwischen der EU und den USA behandelt. So prangerte er die Verteidigungsausgaben an, die seiner Meinung nach zu niedrig seien, und forderte eine "vernünftige Lösung" zwischen der Ukraine und Russland.
Seitdem hat auch US-Präsident Donald Trump seine Verpflichtung gegenüber den Bündnispartnern häufiger in Frage gestellt und drohte einem NATO-Mitglied, Dänemark, sogar mit der möglichen Annektierung von Grönland.
Als Reaktion auf die veränderten Sicherheitsgarantien der USA hat Deutschland vergangenen Monat mit einem massiven Ausbau der Verteidigungsausgaben reagiert. Geplant ist ein Anstieg auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) in den nächsten drei Jahren, bis 2028.
Diese erhöhten Verteidigungsausgaben sollen teils über neue Kredite in Höhe von rund 264 Milliarden Euro finanziert werden und sind freigestellt von der Schuldenbremse.
Bericht stellt drei zentrale Probleme dar
Viele Veränderungen gehen jedoch mit Problemen einher. So auch die geplante deutsche Aufrüstung. Im Bericht des IW werden demnach drei Probleme identifiziert, die sowohl auf die Bundeswehr, als auch auf Deutschland zukommen könnten.
1. Das Geld
Deutschland hat im Jahr 2022 mehr als 50 Milliarden Euro für die Bundeswehr ausgeben, berichtet Business Insider. Andere Länder, die zum Teil leistungsfähigere Streitkräfte haben, erreichten das mit weniger Geld. Trotz dieser Ausgaben sei die Bundeswehr in den vergangenen Jahren seit dem Kalten Krieg nicht gut aufgestellt. Sprecher des Bundeswehrverbands, Andre Wüstner, sagte Medienberichten zufolge: "wir sind blanker als blank".
Die Sonderregelung zur Schuldenbremse ermöglicht demnach eine historisch einmalige Kreditaufnahme. Langfristig hingegen birgt sie jedoch Risiken für die Haushaltsstabilität.
2. Personalmangel
In den vergangenen Jahren ist die Bundeswehr personalmäßig nicht gewachsen, eher im Gegenteil. Aus diesem Grund ist die Debatte um die Wehrpflicht, die 2011 unter dem damaligen CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg aus Spargründen ausgesetzt wurde, wieder entflammt. Im Bericht heißt es jedoch, dass eine vollständige Reaktivierung der Wehrpflicht allerdings weder kurzfristig praktikabel noch wirtschaftlich sinnvoll scheint.
Um diesem Personalmangel entgegenzuwirken, forderte der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, dass die Truppe bis 2030 rund 100.000 zusätzliche Reservisten rekrutiert. Momentan liegt die Zahl bei rund 34.000.
3. Zeit
In der vergangenen Woche wurde berichtet, dass die USA Truppen aus einem Stützpunkt in Polen abziehen wollen.
Der Stützpunkt spielte eine zentrale Rolle bei westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine. Als Begründung nennen die USA Kosteneinsparungen. Sollte sich die USA aus Europa zurückziehen, müsste Deutschland schon bis 2028 viele militärische Fähigkeiten selbst aufbauen, heißt es im Bericht des IW.
Doch selbst unter optimalen Bedingungen dauert der Ersatz zentraler US-Funktionen, wie Kommando, Aufklärung, Satelliten und Künstliche Intelligenz, bis zu 15 Jahre.
Gibt es eine Lösung?
Die Autoren, Dr. Klaus-Heiner Röhl und Professor Dr. Hubertus Bardt fordern in ihrem Bericht einen industriepolitischen Kraftakt: schnelleres Beschaffungswesen, pragmatischere Lösungen statt sogenannte "Goldrand-Systeme", Nutzung ziviler Fertigungskapazitäten, mehr europäische Koordination.
Zudem soll eine grundlegende Neubewertung identifiziert werden, was unter Abschreckung im 21. Jahrhundert zu verstehen ist.
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