Zieht die SPD bei deutschen Taurus-Lieferungen in die Ukraine mit?

Der SPD-Außenexperte Michael Roth hat den Vorstoß von Unions-Kanzlerkandidat Merz unterstützt, der Ukraine deutsche Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Roth sagte im Interview mit Deutschlandfunk, der tödliche russische Angriff auf die ukrainische Stadt Sumy am vergangenen Sonntag habe gezeigt, dass Kremlchef Putin nicht aufhöre, in dem Krieg zu eskalieren.
Auf der Social Media Plattform X nannte Roth für die Taurus-Lieferungen drei Gründe: "um den Worten 'Whatever It Takes' Taten folgen zu lassen, um die Partner in Europa zu ermutigen, deutlich mehr für die Ukraine zu tun, um dem Kreml zu zeigen, wir lassen uns nicht einschüchtern."
Der wohl künftige Bundeskanzler der CDU, Friedrich Merz, zeigte sich bei Caren Miosga offen für die Lieferung der Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine. Merz stellte nicht nur eine Abgabe von Taurus an die Ukraine in Aussicht – mit der Kertsch-Brücke liefert er ein mögliches Ziel für die Marschflugkörper gleich mit.
Lange kam aus dem Bundeskanzleramt ein klares "Nein" zu den Lieferungen. Kanzler Scholz (SPD) hatte die Lieferung von Taurus stets abgelehnt und setzte auf "Besonnenheit". Begründet hatte er seine Entscheidung unter anderem mit der Befürchtung, dass Deutschland mit der Lieferung zu einer Kriegspartei werden könne. Anders als Frankreich oder Großbritannien könne Deutschland die Zielsteuerung nicht übernehmen, ohne sich völkerrechtlich stärker zu involvieren, so Scholz.
Partei-interne Debatte über Taurus-Lieferungen in der SPD
Der Vorstoß von Merz löste bei der SPD gemischte Reaktionen aus. Merz sei immer noch der alte Elefant im Porzellanladen, sagte ein SPD-Abgeordneter.
Mitglieder der sozialdemokratischen Partei kamen am Montagabend in Hannover zusammen, um über den schwarz-roten Koalitionsvertrag zu sprechen. Für den Einsatz von Taurus gebe es viele gute Argumente, es gebe aber auch viele gute Argumente dagegen, hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius gesagt und sich öffentlich nicht klar positioniert.
Der frühere SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich mahnte, Deutschland dürfe nicht zur Kriegspartei werden. Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner unterstützte die "besonnene Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz in dieser Frage", sagte er dem Spiegel. Daran habe sich nichts geändert. Für ihn müssen diplomatische Anstrengungen zum Ende des Krieges führen.
Andere Mitglieder der Partei positionieren sich weniger klar und sagen zumindest nicht nein. Außenpolitischer Sprecher der SPD, Nils Schmid, sagte dem "Tagesspiegel", die neue Bundesregierung werde "verantwortungsvoll handeln" und die Sicherheit Europas priorisieren. Der Parteikollege Adis Ahmetović sagte deutlich, einen Beschluss zu Taurus würden sie mittragen.
Die SPD kann nur weiterregieren, wenn die Mitglieder mehrheitlich 'Ja' zum Koalitionsvertrag sagen. Dies wird in einem Mitgliederentscheid bis Ende des Monats festgelegt.
Mehrere europäische Länder liefern Marschflugkörper an die Ukraine
Frankreich und Großbritannien liefern bereits Marschflugkörper an die Ukraine. Auch die Vereinigten Staaten unterstützten die Ukraine mit Marschflugkörper-Lieferungen.
Merz hatte die Lieferung von Taurus-Raketen schon öfter in Erwägung gezogen, so auch in einem Spiegel-Interview im vergangenen Jahr. Am vergangenen Sonntag erklärte der CDU-Chef, dass die Ukraine nach drei Jahren Krieg gegen Russland aus der Defensive kommen müsse. "Sie [die Ukraine] muss mal selbst auch ein Teil dieses Geschehens bestimmen können", sagte Merz.
Die Ukraine fordert seit Jahren die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper, vor allem, um gezielt strategisch wichtige Infrastruktur wie die Kertsch-Brücke angreifen zu können. Die Brücke, die Russland mit der besetzten Krim verbindet, wurde bereits mehrfach angegriffen: einmal durch einen mit Sprengstoff beladenen Lastwagen, später durch unbemannte Überwassersysteme.
Yesterday