Würde ein Trump-Sieg den USA einen Vorteil auf dem KI-Markt verschaffen?
Eine Woche vor der richtungsweisenden Präsidentschaftswahl in den USA zwischen der Demokratin und Vize-Präsidentin Kamala Harris und dem republikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump sieht weiter alles nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen aus. Auch für die Zukunft der künstlichen Intelligenz in den USA wird diese Wahl eine entscheidende, da sich die beiden Kanididat:innen in ihren Ansätzen zur Regulierung und zum Umgang mit der Technologie stark unterscheiden.
Anders als in der EU, wo Anfang des Jahres das KI-Gesetz verabschiedet wurde, um risikoreiche maschinelle Lernverfahren einzudämmen, gibt es in den USA keine landesweiten KI-Vorschriften. Der scheidende demokratische Präsident Joe Biden hat jedoch eine Executive Order (Durchführungsverordnung) erlassen, die es der Regierung erlaubt, selbst KI in größerem Umfang zu nutzen und die kommerzielle Nutzung der Technik enger zu kontrollieren.
Trump hat versprochen, das Dekret im Falle seiner Wiederwahl aufzuheben.
"Wir werden Joe Bidens gefährliche Durchführungsverordnung aufheben, die KI-Innovationen behindert und der Entwicklung dieser Technologie radikale linke Ideen aufzwingt. Stattdessen unterstützen die Republikaner die Entwicklung von KI auf der Grundlage der freien Meinungsäußerung und der menschlichen Entfaltung", so Trump in seinem Wahlprogramm.
Die großen Tech-Unternehmen in den USA dürften lockerere Spielregeln begrüßen. Im Juli beklagte sich Meta über das strenge Regelwerk der EU und beschloss, sein KI-Modell aufgrund regulatorischer Bedenken nicht auf dem europäischen Markt einzuführen.
"Ich hoffe, dass die neue Kommission diese Fragen im Einklang mit dem Ziel von Präsidentin von der Leyen, den digitalen Binnenmarkt der EU zu komplettieren, neu angehen wird, damit die Europäer von dieser neuen Welle von Technologien profitieren können", sagte Nick Clegg, President of Global Affairs von Meta, im Oktober.
Trump behauptet, er habe Anfang des Monats mit Apple-CEO Tim Cook gesprochen, der seine Bedenken gegenüber der EU geäußert habe. Insbesondere sei es in dem Gespräch um eine von der EU angeordnete Strafzahlung in Höhe von 13 Milliarden Euro an Irland gegangen, die das Unternehmen wegen nicht gezahlter Steuern leisten muss.
Historische Investitionen sollen die USA zum KI-Vorreiter machen
Harris verfolgt einen anderen Ansatz, der auf den Inhalten der Executive Order aufbaut. In ihrem Wahlprogramm erklärte sie, sie werde "Innovation und Wettbewerbsfähigkeit stärken, Arbeitnehmer und Verbraucher im Zuge des technologischen Fortschritts schützen und eine qualifizierte KI-Belegschaft auf Landesebene aufbauen."
Sie möchte, dass die USA weiterhin führend in der Entwicklung und Erforschung neuer Technologien sind und diese in großem Maßstab vermarkten.
Harris und ihr Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz schlagen "eine historische Investition zur Stärkung unserer nationalen und wirtschaftlichen Sicherheit vor, die sicherstellt, dass die USA - und nicht China - beim Thema KI führend sind".
Dafür soll die National Artificial Intelligence Research Resource (NAIRR) aufgestockt werden. Dabei handelt es sich um "eine gemeinsam genutzte Forschungsinfrastruktur, die Start-ups und Forschern Zugang zu modernster Rechenleistung, Daten und Analysewerkzeugen bietet, um die verantwortungsvolle Entdeckung und Innovation im Bereich der KI voranzutreiben."
Daniel Schnurr, Professor für maschinelles Lernen mit besonderem Fokus auf Uncertainty Quantification ("Quantifizierung von Unsicherheit") an der Universität Regensburg sagte Euronews, dass Harris "eher den derzeitigen Weg fortsetzen wird".
"Ich würde erwarten, dass eine Harris-Regierung in Bezug auf die KI-Regulierung aktiver sein wird als eine Trump-Regierung, obwohl die Herangehensweise wahrscheinlich viel lockerer sein wird als die KI-Verordnung der EU", fügte er hinzu. Ein Sieg von Trump hingegen würde für KI-Anbieter eine viel größere Unsicherheit bedeuten.
Eine Studie der Denkfabrik Bruegel hat ergeben, dass allein in der ersten Hälfte des Jahres 2024 von den weltweit in Start-ups im Bereich der Künstlichen Intelligenz investierten 35 Milliarden Dollar nur 6 % auf die EU entfallen werden. Trotz der Initiative der Europäischen Kommission, Start-ups KI-Supercomputer bereitzustellen, um die Verbreitung und Entwicklung von KI zu beschleunigen, investieren die USA weiterhin deutlich mehr in KI.
Schnurr fügte hinzu, dass das Ergebnis der Präsidentschaftswahl den Vorsprung der USA in Bezug auf kommerzielle KI-Technologie und führende digitale Dienstleistungen wahrscheinlich nicht wesentlich verändern wird. "Die Wettbewerbslücke in Bezug auf die größten KI-Dienstleister ist derzeit einfach zu groß, um sich in kurzer Zeit zu ändern", sagte er.
Einsatz von KI im Wahlkampf
KI-Technologie wurde auch im US-Präsidentschaftswahlkampf eingesetzt, was die Gefahr unzureichend regulierter Tools in den USA und den potenziellen Beitrag von KI zu Fake News verdeutlicht hat.
Trump postete selbst KI-generierte Bilder der US-Sängerin Taylor Swift, in denen Swift und ihre Fans den Ex-Präsidenten zu unterstützen schienen. Später gab er selbst die Fälschung zu. Im September sprach sich die US-Sängerin dann öffentlich für Trumps Konkurrentin Harris aus.
Der Trump-unterstützende Tech-Mogul Elon Musk teilte auf seiner Plattform X ein mithilfe eines KI-Stimmprogramms erstelltes Video von Harris, ohne direkt klarzustellen, dass es sich um einen KI-Clip handelte. "Ich, Kamala Harris, bin eure demokratische Kandidatin für das Präsidentenamt, weil Joe Biden bei der Debatte endlich seine Senilität offenbart hat", hieß es in dem gefälschten Video.
Der US-Bundesausschuss für Kommunikation (Federal Communications Commission, kurz FCC) hat bereits im Juli vorgeschlagen , dass alle Radio- und Fernsehsender politische Werbung auf KI-generierte Inhalte prüfen sollten, um dies gegebenenfalls in der Sendung anzukündigen. Das würde auch den EU-Vorschriften für politische Werbung entsprechen. Vor der US-Wahl am 5. November treten diese Vorschriften jedoch nicht in Kraft.
Monday, november 11, 2024