Grippe-Saison: Verbreitete Mythen entlarvt
Die Grippe-Saison hat offiziell begonnen, und mit ihr verbreitet sich eine Fülle von Irrtümern über das Virus.
Von der Wirksamkeit der Impfstoffe bis hin zu den Medikamenten, die Sie einnehmen können, halten sich eine Reihe von Mythen hartnäckig, sowohl durch Mundpropaganda als auch online.
EuroVerify hat Experten zu einigen der häufigsten befragt, um zu sehen, was sie dazu sagen.
Mythos 1: Eine Grippeimpfung erhöht das Risiko, sich mit dem Virus anzustecken
"Die Antwort darauf ist ein klares Nein", sagt Dr. Richard Webby, Mitarbeiter der Abteilung für Wirt-Mikroben-Interaktionen am St Jude Children's Research Hospital in Memphis, im US-Bundesstaat Tennessee.
"Das ist genau das Gegenteil von dem, was der Grippeimpfstoff bewirken soll. Er soll in Ihrem Körper eine Immunität hervorrufen, die Sie schützt, wenn Sie der Grippe ausgesetzt sind. Die Grippeimpfung erhöht also nicht die Wahrscheinlichkeit, an Grippe zu erkranken. Es besteht sogar die Hoffnung, dass die Impfung das Gegenteil bewirkt", erklärte Webby.
Dr. Koen Blot, Leiter der Abteilung für Epidemiologie der Infektionskrankheiten bei Sciensano, dem nationalen belgischen Institut für öffentliche Gesundheit, sagte ebenfalls, dass der Impfstoff die Menschen schützt, anstatt sie anfälliger für die Grippeviren zu machen.
Blot wies darauf hin, dass es wichtig ist, den Impfstoff auf dem neuesten Stand zu halten, da sich die Zusammensetzung der Grippe von Jahr zu Jahr ändert. Die Impfstoffe sind so angepasst, dass sie die kleinen kontinuierlichen Veränderungen im Erbgut des Virus berücksichtigen, erklärte er. So erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass der Impfstoff vor dem sich stets verändernden Virus tatsächlich schützt.
Mythos 2: Eine Grippe ist dasselbe wie eine Erkältung
Sowohl die Grippe als auch die Erkältung können ähnliche Symptome hervorrufen und scheinen in den Wintermonaten häufiger aufzutreten. Das führt häufig dazu, dass die Begriffe synonym verwendet werden.
Dies ist jedoch nicht korrekt. Die beiden Begriffe beschreiben ansteckende Atemwegserkrankungen, die jedoch in der Regel durch unterschiedliche Viren verursacht werden und sehr unterschiedliche Symptome hervorrufen können.
"Wenn die Leute von einer Erkältung oder einer Grippe sprechen, neigen wir dazu, beides in einen Topf zu werfen, obwohl es sich um viele verschiedene Atemwegsviren handelt, die während der Winterzeit in der Luft zirkulieren", so Blot. "Die Grippe kann sehr leicht verlaufen, aber auch sehr schwer, je nach Person."
Manche Grippekranke bekommen nur eine laufende oder verstopfte Nase, während andere sehr viel ernstere Symptome haben, bei denen das Virus in das Lungengewebe eindringt und es angreift. Dabei ruft es eine Entzündung hervor.
"Das verursacht einen sehr tiefen, trockenen Husten", erklärt Blot. "Und wenn sich die Entzündung aufgrund der Infektion noch weiter ausbreitet, wirkt sich das negativ auf die Sauerstoffübertragung aus, für die die Lunge eigentlich zuständig ist. Und dann sprechen die Leute von Kurzatmigkeit".
Wenn das Virus weiter in den Körper eindringt, entwickeln sich systemische Symptome. Das sind Symptome, die den ganzen Körper betreffen, wie Fieber, allgemeines Unwohlsein sowie Muskel- und Gelenkbeschwerden.
"Was wir als Erkältung bezeichnen, betrifft in erster Linie nicht so sehr die unteren Atemwege der Lunge, sondern eher die oberen Atemwege im Bereich des Rachens und der Nase, wie eine laufende Nase", so Blot. "Und das verläuft milder."
Mythos 3: Man kann sich bei niedrigen Temperaturen eine Grippe einfangen
Da die Grippe häufig in den kälteren Monaten auftritt, gehen manche davon aus, dass es die niedrigen Temperaturen selbst sind, die die Krankheit verursachen. Die Wahrheit ist jedoch nicht ganz so schwarz-weiß.
"Das Entscheidende ist, dass es nicht die niedrigen Temperaturen sind, die eine Grippe auslösen", sagt Webby. "Aber natürlich ist die Grippe in den gemäßigteren Regionen der Welt eine Winterkrankheit. Wenn man in der Nähe des Äquators lebt, ist sie eigentlich eine ganzjährige Krankheit, mit ein paar Spitzenzeiten während der Saison".
Die Wissenschaftler sind sich noch nicht ganz sicher, welche Faktoren dafür verantwortlich sind, dass die Grippe in den kälteren Teilen der Welt eher eine Winterkrankheit ist. Wahrscheinlich ist es eine Kombination aus vielen verschiedenen Faktoren.
"Wir wissen, dass sich die Grippe unter bestimmten feuchten Bedingungen etwas besser von Mensch zu Mensch überträgt", so Webby. "Wenn es um den Winter geht, neigen wir dazu, uns mehr zusammenzudrängen und drinnen zu bleiben. Dieses Gedränge schafft also die Bedingungen, die die Ausbreitung der Grippe begünstigen", fügte er hinzu. "Die Kälte an sich ist also wahrscheinlich nicht so sehr ein Faktor, obwohl sie in dieser Mischung verschiedener Faktoren, die dazu führen, dass es sich um eine Winterkrankheit handelt, eine Rolle spielen kann."
Mythos 4: Kann man die Grippe mit Medikamenten heilen?
Laut Blot gibt es Medikamente, die man gegen Grippe einnehmen kann. Dennoch sind die Antibiotika, die gegen Bakterien wirken, gegen die Viren wirkungslos. Diese können mit antiviralen Medikamenten wie Tamiflu (Oseltamivir) bekämpft werden.
"Das Medikament soll verhindern, dass das Virus aus dem infizierten Lungengewebe wieder nach außen in die Atemwege gelangt, um entweder auf andere Menschen oder weiter in den Körper übertragen zu werden und eine weitere Infektion zu verursachen", so Blot.
Er fügte jedoch hinzu, dass es nicht völlig klar sei, inwieweit dieses Medikament gegen Grippe wirkt. "Es gibt Hinweise darauf, dass es frühzeitig verabreicht werden sollte", sagte er. "Aber selbst dann ist es nicht ganz klar, ob es wirklich dazu beiträgt, dass man sich schneller erholt oder nicht ins Krankenhaus eingeliefert werden muss.
Deshalb sollten diese Medikamente nur Menschen mit einem sehr hohen Risiko verabreicht werden. "Menschen, die schwer erkrankt sind, werden mit diesen antiviralen Medikamenten behandelt, aber es ist nicht etwas, das allen Menschen mit einer potenziellen Grippe-Infektion gegeben wird", sagte Blot.
Allerdings ist es nicht unbedingt falsch, wenn der Hausarzt einem Patienten Antibiotika verschreibt, wenn er beispielsweise eine von der Grippe verursachte Lungenentzündung hat. Denn oft nutzen auch gefährliche Bakterien die Chance, sich im Körper zu verbreiten, während er von der Grippe geschwächt ist und das Immunsystem nicht so gut wie gewöhnlich gegen diejenigen Bakterien kämpfen kann, die uns schaden.
Was kann man tun, um sich während der Grippe-Saison nicht anzustecken?
Es gibt keinen Geheimtipp, mit dessen Hilfe man sicher sein kann, dass man keine Grippe bekommt. Dennoch kann man sich besser zu schützen, um das Risiko, einen gefährlichen Krankheitserreger zu bekommen, deutlich zu verringern.
"Es sind die Botschaften, die Ihnen Ihre Mutter immer gesagt hat und die wir während der COVID-Pandemie tausendfach gehört haben: Waschen Sie sich die Hände, niesen Sie in den Ellbogen, bleiben Sie zu Hause, wenn Sie sich krank fühlen", so Webby.
Eine Grippeimpfung ist ebenfalls sehr zu empfehlen, vor allem, wenn man zu einer gefährdeten Gruppe gehört. Das sind vor allem ältere Menschen und diejenigen, die bereits eine Grunderkrankung wie beispielsweise Diabetes haben.