EU-Länder im Vergleich: Welches Land ist am besten auf die nächste Gesundheitskrise vorbereitet?
Laut einem neuen Bericht der Europäischen Kommission und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat sich die Bereitschaft der europäischen Länder zur Bewältigung einer Gesundheitskrise seit der COVID-19-Pandemie kaum verändert.
Die Pandemie hat die Europäische Union unvorbereitet getroffen und die Gesundheitssysteme in Europa und der ganzen Welt erschüttert. Sie hat auch deutlich gemacht, dass innerstaatliche Gesundheitsrisiken, wie der Ausbruch von Infektionskrankheiten, schnell global werden können.
Der neue Bericht bewertete die EU-Länder anhand einer Reihe von Gesundheitsmaßnahmen, einschließlich der Krisenbereitschaft, und untersuchte die Einhaltung internationaler Gesundheitsstandards, die Impfraten älterer Menschen, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Regierung und die Bereitschaft zur Bekämpfung der antimikrobiellen Resistenz.
Die Studie zeigt, dass die meisten EU-Länder zwar gut gerüstet sind, um auf eine weitere Gesundheitsbedrohung zu reagieren, dass aber die großen Herausforderungen, die während der Pandemie festgestellt wurden, bestehen bleiben.
Im Jahr 2023 gaben beispielsweise 78 Prozent der EU-Länder an, dass sie die internationalen Gesundheitsvorschriften der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erfüllen, die die Ausbreitung von Infektionskrankheiten in der Welt verhindern sollen.
Dieser Anteil hat sich seit 2020, als 75 Prozent die Standards erfüllten, kaum verändert.
Die skandinavischen Länder erfüllten diese Standards am besten, gefolgt von Frankreich, Litauen und Deutschland. Während Rumänien, Griechenland und die Slowakei die Standards am wenigsten einhielten, verzeichneten Polen, die Tschechische Republik und Malta zwischen 2020 und 2023 die größten Verbesserungen.
Dem Bericht zufolge sind die EU-Länder im Allgemeinen gut aufgestellt, wenn es um die Überwachung von Krankheiten, Laborkapazitäten und Humanressourcen geht, aber es gibt immer noch Lücken in der öffentlichen Kommunikation und bei der Vorbereitung auf Strahlen- oder chemische Notfälle, die entweder Unfälle oder Terrorakte sind.
Bereitschaft für AMR
Die Antibiotikaresistenz (AMR), bei der sich Bakterien oder Krankheitserreger so weit entwickeln, dass Antibiotika unwirksam werden, wird durch den übermäßigen Einsatz von Antibiotika und eine schlechte Infektionskontrolle in Krankenhäusern noch verschärft.
Mit jährlich etwa 800 000 antibiotikaresistenten Infektionen und 35 000 Todesfällen in der EU ist dies eine der größten Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit in Europa und weltweit.
Dem Bericht zufolge schneiden die europäischen Länder im Allgemeinen gut ab, wenn es um die Bereitschaft zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen geht, aber bei diagnostischen Tests und der Überwachung von Antibiotikaresistenzen gibt es noch Verbesserungspotenzial.
Auch beim Antibiotikaeinsatz und bei der Resistenzentwicklung gibt es Ungleichheiten. In der gesamten EU stellten die Wissenschaftler fest, dass zwischen 2022 und 2023 32 Prozent der getesteten Bakterienproben gegen die wichtigsten Antibiotika resistent waren. In Rumänien, Griechenland, Zypern und Bulgarien lag diese Rate bei über 50 Prozent.
Im Jahr 2022 wurden 17 Antibiotikadosen pro 1.000 Einwohner der EU eingenommen, was einem Anstieg von 20 Prozent gegenüber den ersten beiden Jahren der COVID-19-Pandemie entspricht, aber insgesamt einen Rückgang in den letzten zehn Jahren bedeutet, so der Bericht.
Impfungen und Vertrauen
Impfungen gegen Infektionskrankheiten gelten als eine wichtige Präventionsmaßnahme, insbesondere für gefährdete ältere Menschen. Während der COVID-19-Pandemie beispielsweise waren in den EU-Ländern mit einer höheren Durchimpfungsrate tendenziell weniger Todesfälle zu verzeichnen.
Während die meisten älteren Erwachsenen bis Ende 2021 eine COVID-19-Impfung erhalten hatten, schwankt die Inanspruchnahme von Auffrischungsimpfungen in der EU, so das Ergebnis der Analyse. Auch die Grippeimpfungen sind seit dem Aufschwung in der Pandemiezeit zurückgegangen.
Die Autoren des Berichts erklärten, die größten Herausforderungen seien der Zugang zu den Impfstoffen und die Bedenken der Öffentlichkeit hinsichtlich ihrer Sicherheit, was die Rolle des Vertrauens bei der Bewältigung einer Gesundheitskrise unterstreiche.
Mangelndes Vertrauen kann die Menschen dazu veranlassen, Richtlinien der öffentlichen Gesundheit zu ignorieren, soziale und politische Spannungen hervorrufen und zu schlechteren Gesundheitsergebnissen führen, heißt es in dem Bericht. Außerdem kann es sich um eine zyklische Herausforderung handeln, bei der Länder, die während einer Gesundheitskrise schlecht abschneiden, auch in Zukunft das Vertrauen ihrer Einwohner verlieren.
In den 19 untersuchten EU-Ländern gaben 52 Prozent der Menschen an, dass sie ihrer Regierung zutrauen, einen größeren Notfall zu bewältigen, während 31 Prozent sagten, dass sie dazu nicht in der Lage wären.
Am zuversichtlichsten waren die Menschen in Finnland, den Niederlanden und Dänemark, am wenigsten dagegen in Lettland, Portugal und Griechenland.