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Tanztheater auf Urlaubsinsel Kreta: Was hat das mit Demenz, Meditation und Männlichkeit zu tun?

• Aug 11, 2025, 5:01 AM
19 min de lecture
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Die Dance Days Chania sind eines der wichtigsten Kultur-Events auf Kreta. Dabei geht es den Veranstaltern darum, nicht nur die Touristen der Urlaubsinsel zu begeistern, sondern mit den Bewohnern der Stadt zu interagieren und ihnen jedes Jahr etwas Neues und Anderes zu bieten. Bei den Tanztagen gab es 21 Tanz-Aufführungen, zwölf Seminare, fünf Workshops und zwei Ausstellungen.

Ein Festival für zeitgenössichen Tanz - Dance Days Chania
Ein Festival für zeitgenössichen Tanz - Dance Days Chania SOUTH Space for Photography

Das Festival für zeitgenössischen Tanz Dance Days Chaina setzt auf Aufführungen mit einer starken sozialen und politischen Dimension und es hebt die Bedeutung von Kollektivität und Beteiligung hervor. Neben der großen Liebe der Organisatoren zum Tanz und zu Chania sind es vor allem die Freiwilligen, die einen entscheidenden Beitrag zum Endergebnis leisten und die dieses Festival auszeichnen.

Euronews war drei Tage lang in der Stadt auf Kreta dabei.

"Dieses Jahr wollten wir noch einfallsreicher werden und noch mehr ungesehene Seiten der Stadt kennenlernen, die wir bisher nicht erreicht hatten. Das Publikum des Festivals sollte noch breiter werden, und es sollten sichere Treffpunkte für Künstler geschaffen werden, um mit den Einwohnern der Stadt und ihren Besuchern in Kontakt zu kommen, denn wir sind daran interessiert, der Stadt in den Sommermonaten ein anderes Image zu geben. Es soll noch menschlicher und wärmer werden. Dieses Jahr haben mindestens 120 Künstler der zeitgenössischen Tanzkunst beim Festival mitgemacht. Ich denke, diese Wette ist aufgegangen", sagt die künstlerische Leiterin der Dance Days Chania, Sofia Faliereou.

«Trilogy: For Old Times’ Sake» - Pitt co
«Trilogy: For Old Times’ Sake» - Pitt co SOUTH Space for Photography

"Trilogy: for Old Times' Sake" der Schweizer Gruppe Pitt co. erforscht die komplexe Beziehung zwischen Zeit, Alterung und Demenz. Sie verbindet Erinnerungsfragmente und offenbart die mit ihnen verbundenen Emotionen. Die Show bewegt sich durch drei zeitlich miteinander verbundene Momente, von denen jeder auf den anderen zurückwirkt und eine vielschichtige und zutiefst menschliche Erzählung schafft. Auf dem Weg dorthin treffen wir einen älteren Mann, sein jüngeres Ich und seine Geliebte, die jeweils verschiedene Schichten von Erinnerung und Identität repräsentieren.

Inspiriert von den persönlichen Erfahrungen der Choreografin Phoebe Jewitt mit der Demenz ihres Großvaters, reflektiert das Stück über die Rolle der Erinnerung bei der Gestaltung dessen, was wir sind, und was passiert, wenn wir zu vergessen beginnen. Das Stück wurde 2022 in Rom uraufgeführt.

«Trilogy: For Old Times’ Sake» - Pitt co.
«Trilogy: For Old Times’ Sake» - Pitt co. Dance Days Chania

"Es ist ein sehr schwieriges Thema. Als 30-Jährige weiß ich natürlich nicht, was es bedeutet, Demenz zu haben, aber ich weiß, wie es ist, auf der anderen Seite zu stehen. Es ist eine Krankheit, von der so viele Menschen auf der ganzen Welt betroffen sind. Ich glaube, die Zahl der Demenzkranken liegt derzeit bei etwa 50 Millionen, aber sie wird in den nächsten Jahren auf 150 Millionen ansteigen. Es gibt keine Heilung. Deshalb war es mir ein großes Bedürfnis, in meiner Arbeit über Demenz zu sprechen. In Gesprächen und zwischenmenschlichen Beziehungen nehmen wir Demenz am deutlichsten wahr."

"Es gab also einen typischen Moment mit meinem Großvater. Wir saßen zusammen und unterhielten uns über alles Mögliche. Dann sagt er zu mir: "Erinnerst du dich an die tolle Zeit, als wir in den Urlaub nach Frankreich gefahren sind?" Ich schaute ihn an und sagte ihm, dass nicht ich es war. Es war meine Großmutter, die bei ihm war. Und in diesem Moment wurde ich Zeuge des Gefühls, dass die Generationen und die Zeit völlig verloren gehen. Mit diesem Projekt wollte ich erforschen, wie wir unser Zeitgefühl verlieren", erklärt die Britin Phoebe Jewitt, Gründerin und künstlerische Leiterin der Pitt Company mit Sitz in Aarau in der Schweiz, nicht weit von Luzern entfernt.

Cie Laroque
Cie Laroque SOUTH Space for Photography

Die Tanzkompanie Cie Laroque von Helene Weinzierl war bereits mehrmals beim Tanzfestival in Chania zu Gast. Mit dem aktuellen "Escape" lädt die österreichische Gruppe zu einer besonderen Reise ein, bei der wir Übertreibung und Zusammenbruch wahrnehmen. In einer Zeit, in der wir scheinbar alles haben, enthüllen die Tänzerinnen und Tänzer auf der Bühne eine Welt der Erstickung, in der jeder nach einem Ventil für Freiheit, Frieden und innere Ruhe sucht.

Die Zuschauer sitzen im Kreis um die Tanzenden herum und beobachten diesen Kampf der Erschöpfung, dieses Universum der Wiederholung, aus dem auch sie nicht entkommen können. Das Stück wurde 2019 in Salzburg uraufgeführt, kurz vor der Corona-Pandemie, und es scheint prophetisch.

Cie Laroque
Cie Laroque SOUTH Space for Photography

"Ich habe Escape schon vor langer Zeit gemacht. Das war vor dem Coronavirus. Ich hatte das Gefühl, dass ich wirklich feststecke. Wie diese kleinen Tiere, die in einem Käfig auf einem Rad laufen. Sie müssen die ganze Zeit irgendwie funktionieren. Es gab einen Moment, in dem ich dachte: "Okay, wie kann ich mein Leben ändern? Oder was kann ich tun, um aus diesem System herauszukommen?" Ich denke, wir müssen Orte und Zeiträume finden, in denen wir innehalten, um etwas zu tun, wie Meditation, Yoga, was auch immer. Ich weiß nicht, was. Oder wir können uns hinsetzen und das Meer beobachten, oder am Meer spazieren gehen, oder schwimmen gehen, was auch immer. Ich denke, es ist sehr wichtig, sich das bewusst zu machen. Ich würde auch sagen, dass es wichtig ist, Zeiten zu haben, in denen wir nicht arbeiten."

"Bei dieser Gelegenheit haben wir das Projekt wieder aufgenommen. Es ist wieder neu. Wir haben auch wieder daran gearbeitet. Wir konzentrieren uns jetzt auch auf die demokratischen Systeme, weil ich denke, dass wir in Europa, aber auch allgemein und überall auf der Welt, in Bezug auf die Demokratie wirklich in einer seltsamen Situation sind. Wir müssen wieder dafür kämpfen", unterstreicht die österreichische Choreografin und künstlerische Leiterin der Tanzkompanie Cie Laroque, Helene Weinzierl.

«Making of a Man» Quindell Orton
«Making of a Man» Quindell Orton SOUTH Space for Photography

Ein Tänzer, eine Projektionsfläche, eine Live-Kamera, eine Reihe von Silikon-Bauchmuskeln und eine Frage, die eine Stunde lang in der Luft schwebt: Wie erzeugt ein Körper Männlichkeit? Quindell Ortons "Making of a Man" ist eine außergewöhnliche Lecture Performance, die uns auf humorvolle und ergreifende Weise verschiedene Aspekte der Männlichkeit vor Augen führt, Archetypen, die die heutige Zeit geprägt haben, sowie patriarchalische Einstellungen und Codes unserer Gesellschaft.

Das Stück kombiniert Videoprojektionen mit persönlichen Interviews, die die Choreografin mit Personen geführt hat, die verschiedene Aspekte des Themas beleuchten. Referenzen und Zitate von ikonischen Persönlichkeiten und aktuellen VIPs schaffen eine vielschichtige Mischung, die Elemente aus Politik, Popkultur und Geschlechterfragen aufgreift. Die Show wurde im Mai 2024 in München uraufgeführt.

«Making of a Man» Quindell Orton
«Making of a Man» Quindell Orton SOUTH Space for Photography

"Meine Inspirationsquelle für dieses Stück war mein queer-feministischer Ansatz. Ich arbeite seit einigen Jahren aus dieser Perspektive und verspürte den Wunsch, Männlichkeit besser zu verstehen, um die Dynamik von Geschlecht und Patriarchat zu begreifen. Ich denke, dass das Stück insgesamt darauf abzielt und ich hoffe, dass es die Leute dazu bringt, darüber nachzudenken, wie wir Geschlecht praktizieren, wie wir alle täglich Geschlecht darstellen und wie das Aufführen, das Praktizieren von Geschlecht ein System schafft. Dieses System hat eine gewisse Machtdynamik und eine Hierarchie."

"Ich hoffe, meine Performance wird diese Dynamik und Hierarchie in Frage stellen. Ich hoffe, dass ich mit meiner Performance diese Dynamik und Hierarchie in Frage stellen kann und auch viele der biologischen Behauptungen und den Geschlechterdeterminismus in Frage stellen kann, dass die Dinge so sind, weil man so sein muss, weil man zum Beispiel mit dem XY-Chromosom geboren wurde. Ich hoffe, dass wir immer mehr dieser Behauptungen in Frage stellen werden", sagt die australische Choreografin und Performerin Quindell Orton.

«Making of a Man» Quindell Orton
«Making of a Man» Quindell Orton SOUTH Space for Photography

Derzeit arbeitet Quindell Orton für das Tanzbüro München am Projekt "Practising Ruptures", das dazu dient Systeme der Unterdrückung wie Geschlechterbinarismus, Speziesismus, Kapitalismus, Rassismus usw. zu unterbrechen.