"Israels Völkermord in Gaza" - EU distanziert sich von Aussage von Kommissarin Ribera

Die Europäische Kommission hat sich von den Äußerungen der Vizepräsidentin der Kommission distanziert. Die Spanierin Teresa Ribera hatte Israel in einer Rede vorgeworfen, im Gazastreifen Völkermord zu begehen.
Sie warf Europa vor, es habe es versäumt, Israel dazu zu bewegen, seine Militäroperationen im Gazastreifen einzustellen, die einen Großteil des Gazastreifens zerstört haben.
"Der Völkermord in Gaza entlarvt das Versagen Europas, zu handeln und mit einer Stimme zu sprechen, selbst wenn sich Proteste über europäische Städte ausbreiten und 14 Mitglieder des UN-Sicherheitsrats einen sofortigen Waffenstillstand fordern", sagte so Ribera am Donnerstag in einer Rede vor Studierenden an der Sciences Po in Paris.
Die spanische Sozialistin war in Brüssel eine der schärfsten Kritikerinnen der israelischen Militäroperationen im Gazastreifen, aber in ihrer Rede am Donnerstag hat sie zum ersten Mal ausdrücklich den Begriff Völkermord öffentlich verwendet.
Spaniens Regierung unter Ministerpräsident Sanchez will Palästina als Staat anerkennen.
Riberas Äußerungen wurden von Israels Regierung scharf kritisiert, die ihr vorwarf, ein Sprachrohr der militanten Hamas zu sein.
In einer Pressekonferenz in Brüssel am Freitag machten Sprecher deutlich, dass Ribera diese Aussage nicht im Namen der Europäisschen Kommission gemacht habe.
"Es ist nicht Sache der Kommission, über diese Frage und Definition zu urteilen, sondern wirklich Sache der Gerichte, und es hat keine Entscheidung des Kollegiums [der Kommissare] zu diesem speziellen Thema gegeben", sagte die Chefsprecherin der Kommission, Paula Pinho.
Auf die Frage eines Journalisten, ob die Kommission mit Riberas Positionen übereinstimme, sagte Pinho: "Es gibt keine Position der Kommission zu diesem Thema."
Anouar El Anouni, der EU-Sprecher für Außen- und Sicherheitspolitik, sagte, er schließe sich Pinhos Bemerkungen in seiner Antwort an die Journalisten "voll und ganz an".
"Was die Definition selbst betrifft, so fällt die Feststellung, ob internationale Verbrechen, einschließlich Völkermord, begangen wurden, in die Zuständigkeit der nationalen Gerichte sowie der internationalen Gerichte und Tribunale, die möglicherweise zuständig sind, und die rechtliche Einstufung einer solchen Handlung, eines Völkermordes, erfordert die ordnungsgemäße Feststellung von Tatsachen und die Feststellung von Recht", sagte er.
Im Interview mit Euronews hatte auch Belgiens Außenminister Maxime Prévot vom Völkermord Israels in Gaza gesprochen.
Riberas Äußerungen kommen in derselben Woche, in der die größte professionelle Organisation von Wissenschaftlern, die sich mit Genozid befassen, erklärte, dass Israel im Gazastreifen einen Völkermord begeht.
Forscher sehen Kriterien für Völkermord durch Israel in Gaza erfüllt
Die Feststellung der International Association of Genocide Scholars (Internationale Vereinigung der Völkermordforscher), die weltweit rund 500 Mitglieder hat, könnte dazu beitragen, Israel in der Weltöffentlichkeit weiter zu isolieren, und reiht sich ein in einen wachsenden Chor von Organisationen, die den Begriff für Israels Aktionen im Gazastreifen verwendet haben.
"Israels Politik und Handlungen in Gaza erfüllen die rechtliche Definition von Völkermord", heißt es in der Resolution der Gruppe.
Die Gruppe warf Israel Verbrechen vor, darunter "wahllose und vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur" in Gaza, und forderte Israel auf, "sofort alle Handlungen einzustellen, die Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen die Palästinenser in Gaza darstellen".
Israel wies die Anschuldigung zurück und nannte die Resolution eine "Blamage für die Juristenschaft".
Völkermord wurde in einer Konvention aus dem Jahr 1948 kodifiziert, die nach den Schrecken des Holocaust verfasst wurde und ihn als Handlungen definiert, "die in der Absicht begangen werden, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten".
Die UNO und viele westliche Länder haben erklärt, dass nur ein Gericht darüber entscheiden kann, ob ein Kriegsverbrechen begangen wurde.
Der Krieg begann, nachdem militante Hamas-Kämpfer am 7. Oktober 2023 den Süden Israels angriffen und dabei rund 1.200 Menschen töteten, die meisten von ihnen Zivilisten.
Die Hamas nahm 251 Menschen als Geiseln und hält weiterhin 50 fest, von denen 20 noch am Leben sein sollen. Bei der israelischen Offensive wurden nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen bisher mehr als 64.000 Palästinenser getötet, vor allem Frauen und Kinder.
Große Teile des Gazastreifens sind dem Erdboden gleichgemacht worden. Die meisten der mehr als 2 Millionen Einwohner des Gebiets wurden vertrieben.
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