Droht Franzosen eine Steuerprüfung nach Reise ins EU-Ausland?

In einem weit verbreiteten TikTok-Video behauptet ein französischsprachiger Nutzer, dass jede Person, die von Frankreich in ein Land außerhalb der EU reist, bei ihrer Rückkehr automatisch mit einer Steuerprüfung rechnen müsse. Unklar bleibt dem Video zufolge jedoch, wen diese Maßnahme genau betreffen soll.
"Ab dem 1. September 2025 wird jeder Reisende, der die EU verlässt, durch ein neues Verfahren systematisch an die französischen Steuerbehörden gemeldet", heißt es in dem Video.
Das in dem Video erwähnte System wird als DVAD (Automatisches System zur Überprüfung von Auslandsreisen) bezeichnet.
Was wurde berichtet?
In dem Video wird behauptet, die Maßnahme sei vom französischen Innenministerium eingeführt worden und sei bereits von den französischen Medien BFM TV und Le Parisien angekündigt worden.
Demnach würden bei der Rückkehr aus einem Nicht-EU-Land die Passdaten mit Einkommenserklärungen und Banktransaktionen abgeglichen. Sollte dabei eine Diskrepanz zwischen dem Lebensstil einer Person und den Angaben in ihren Steuerunterlagen festgestellt werden, erhalte die betroffene Person "innerhalb von 30 Tagen eine Vorladung, um ihr Einkommen zu rechtfertigen".
Andernfalls drohten eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 Euro, eine sofortige Steuerkorrektur sowie der Verlust von Sozialleistungen.
Am stärksten betroffen seien laut dem Video angeblich Personen, die "Bargeld verstecken" oder "Betrüger, die Geld in Dubai oder Marokko lagern". Der Urheber betont jedoch, dass auch ganz normale Urlauber von den Kontrollen betroffen sein könnten.
Er zitiert außerdem den öffentlich-rechtlichen Sender franceinfo und behauptet, dieser habe berichtet, dass jährlich mehr als 12 Millionen Franzosen betroffen sein könnten.
Das Video, das bereits über 1,5 Millionen Mal aufgerufen wurde, wurde auf dem TikTok-Konto PassionMondialeFR veröffentlicht. In den Kommentaren herrscht überwiegend Empörung.
"Willkommen im neuen Nordkorea", schreibt eine Person.
Ein anderer Nutzer kommentiert: "Der nächste Schritt ist, jedem Menschen einen Zähler zu geben, um zu sehen, wie viele Stunden er geatmet hat."
Mehrere Stimmen kritisieren zudem, der Staat habe kein Recht, auf diese Weise persönliche Daten zu erheben.
Die in dem Video aufgestellten Behauptungen sind jedoch frei erfunden.
Alles Fake!
Das französische Innenministerium hat keinerlei derartige Maßnahmen angekündigt. EuroVerify hat die aktuellen Mitteilungen sowie die offiziellen Webseiten des Ministeriums überprüft und keine Hinweise auf ein entsprechendes Vorhaben oder System gefunden.
Auch die im Video genannten französischen Medien haben nicht über angebliche neue Steuerprüfungen im Zusammenhang mit Auslandsreisen berichtet.
Zudem ist es äußerst unwahrscheinlich, dass das französische Innenministerium überhaupt eine solche Maßnahme ergreifen würde. Zwar untersteht ihm die Nationale Direktion der Grenzpolizei (DNPAF), jedoch hat das Innenministerium keine Zuständigkeit für steuerliche Angelegenheiten.
Für Steuerfragen und -prüfungen ist in Frankreich das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen zuständig – bekannt unter dem Namen Bercy. Innerhalb dieses Ministeriums ist die Generaldirektion der öffentlichen Finanzen (DGFIP) die einzige Behörde, die Maßnahmen wie Steuerkontrollen überhaupt einleiten könnte.
Gegenüber EuroVerify hat das Wirtschafts- und Finanzministerium bestätigt, dass die im Video verbreiteten Behauptungen falsch sind und Frankreich kein derartiges System eingeführt hat.
Ein weiterer Hinweis auf die Unglaubwürdigkeit der Aussagen findet sich bei einem Blick auf andere Inhalte des TikTok-Kontos PassionMondialeFR, das das Video veröffentlicht hat: Auch dort werden wiederholt reißerische und irreführende Behauptungen verbreitet.
In mehreren Videos sind KI-generierte Moderatoren zu sehen. Dies wurde durch Erkennungstools für künstliche Intelligenz bestätigt.
Dieser Trend zur Verbreitung gefälschter Nachrichten durch Moderatoren,** die dieselbe Energie und dieselbe Diktion wie echte Nachrichtensprecher zu haben scheinen, in Wirklichkeit aber von KI generiert werden, ist immer weiter verbreitet.
In anderen Videos, die auf dem TikTok-Konto veröffentlicht wurden, wird behauptet, dass einkommensschwache Haushalte künftig Einkäufe für mehr als 100 Euro rechtfertigen müssten und dass man in Frankreich nicht mehr als 200 Euro pro Woche in bar abheben könnte, ohne automatisch bei den Behörden registriert zu werden.
Online-Recherchen ergaben, dass es sich auch dabei um nicht existierende Gesetze handelt.
Dennoch werden solche Nachrichten fast täglich geteilt, und während einige Videos nur ein paar tausendmal angesehen werden, haben andere mehrere hunderttausend oder sogar über eine Million Aufrufe.
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