Faktencheck: Haben 16 Länder und die EU Spaniens Amnestiegesetz verurteilt?

Eine Welle viraler Posts im Internet hat das Spaniens Amnestiegesetz aus dem Jahr 2023 wieder ins Rampenlicht gerückt. Die Begnadigung von Befürwortern der Unabhängigkeit Kataloniens hatte damals eine Kontroverse ausgelöst.
In einer Reihe von Internet-Beiträgen, die ursprünglich im Jahr 2023 veröffentlicht wurden, wird behauptet, dass 16 europäische Länder eine Erklärung gegen das spanische Amnestiegesetz abgegeben haben. Jetzt sind diese Posts wieder neu veröffentlicht worden. Andere wieder aufgetauchte Stellungnahmen behaupten, dass die EU das spanische System zur Ernennung des Generalstaatsanwalts als "demokratische Anomalie" bezeichnet habe.
Beide Behauptungen sind jedoch falsch. Faktenprüfer haben bestätigt, dass eine solche Aussage nicht gemacht wurde, und der Bericht der Europäischen Kommission über die Rechtsstaatlichkeit hat diese Formulierung nie verwendet. Der Bericht verweist nur auf von externen Interessengruppen geäußerte Bedenken.
Was ist das spanische Amnestiegesetz?
Mit dem spanischen Amnestiegesetz, das 2023 verabschiedet wurde, wurden Politiker, Aktivisten und Beamte begnadigt, die seit 2012 am katalanischen Unabhängigkeitsreferendum und den damit verbundenen Protesten beteiligt waren.
Ziel des Gesetzes war es, politische Spannungen abzubauen und den Weg für einen Dialog zwischen der spanischen Regierung und den katalanischen Separatistengruppen zu ebnen.
Befürworter argumentierten, dies sei ein Schritt in Richtung Versöhnung und Stabilität. Kritiker erklärten jedoch, es untergrabe die Rechtsstaatlichkeit, führe zu einer Ungleichbehandlung in Gerichtsverfahren und werde als politisches Verhandlungsinstrument eingesetzt, um die parlamentarische Unterstützung für Ministerpräsident Pedro Sánchez zu sichern.
Eine falsche Behauptung besagte, 16 europäische Länder hätten eine gemeinsame Erklärung gegen dieses Gesetz abgegeben und die Aussetzung der EU-Mittel gefordert. In verschiedenen Versionen des Gerüchts wurde auch behauptet, Sánchez habe die spanischen Medien angewiesen, die Kritik zu unterdrücken.
Es wurde nie gesagt, welche Länder Spanien kritisiert haben sollte
Die Gerüchte verbreiteten sich auf Facebook, TikTok und anderen Plattformen, in der Regel mit demselben Wortlaut.
In diesen Beiträgen wurde jedoch nie angegeben, welche 16 Länder die Erklärung angeblich unterzeichnet haben, es wurde nie auf ein offizielles Dokument verwiesen, und es wurden nie zuverlässige Nachrichtenquellen genannt.
Die einheitliche Wiederholung desselben Textes ließ eher auf einen koordinierten Copy-Paste-Austausch als auf eine glaubwürdige Berichterstattung schließen. Tatsächlich tauchte die Behauptung zwischen Ende 2023 und 2025 immer wieder auf, wenn das Amnestiegesetz in der öffentlichen Debatte auftauchte.
Doch diese Behauptung erwies sich als falsch. Das spanische Außenministerium teilte den Faktenprüfern von Maldita.es mit, dass es nie eine solche Erklärung erhalten habe und keine Aufzeichnungen darüber besitze.
Auch die Pressestelle des Rates der Europäischen Union bestätigte (sowohl 2023 als auch 2025), dass nie ein solcher Antrag gestellt worden sei.
Weitere Überprüfungen der offiziellen Websites und Social-Media-Konten der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments und des Rates ergaben keine Spur der angeblichen Erklärung.
Auch die spanischen oder internationalen Medien berichteten nichts dergleichen. Das Fehlen von Quellen und die direkten Dementis der offiziellen Institutionen sind ein deutlicher Beweis dafür, dass die Behauptung, 16 Länder hätten Maßnahmen gegen Spanien ergriffen, erfunden ist.
Hat die EU Spaniens Amnestiegesetz kritisiert?
Die zweite falsche Behauptung lautete, dass die Rechtsstaatlichkeitsberichte der Europäischen Kommission das spanische System zur Ernennung des Generalstaatsanwalts zu einer "demokratischen Anomalie" erklärt hätten.
Diese Formulierung wurde von Cuca Gamarra von der Oppositionspartei Partido Popular öffentlich verwendet. Sie wies darauf hin, dass die europäischen Institutionen selbst das spanische System offiziell als undemokratisch verurteilt hätten und damit der nationalen Opposition internationales Gewicht verliehen hätten.
Diese Behauptung wurde in den politischen Debatten und in der Medienberichterstattung aufgegriffen, konnte aber nicht durch Beweise untermauert werden. Der Bericht der Kommission zur Rechtsstaatlichkeit aus dem Jahr 2025 befasst sich zwar mit der spanischen Staatsanwaltschaft, insbesondere mit der Reform des Statuts des Generalstaatsanwalts, doch der Begriff "demokratische Anomalie" wird nirgends verwendet.
Stattdessen wird festgehalten, dass einige "interessierte Parteien" wie Verbände, Nichtregierungsorganisationen oder andere Beobachter Bedenken hinsichtlich der Gefährdung der Unabhängigkeit durch den Einfluss der Regierung geäußert haben.
Mit anderen Worten: Der Bericht fasst externe Meinungen zusammen, anstatt ein formelles EU-Urteil abzugeben.
Die Pressestelle der Europäischen Kommission bestätigte auch, dass der Bericht das spanische System nie als "demokratische Anomalie" bezeichnete. Was der Bericht empfiehlt, ist, dass Spanien die Unabhängigkeit des Generalstaatsanwalts weiter stärken solle. Eine Trennung von der Regierung wird nicht gefordert.
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