EU-Gipfel: Sind die Mitgliedstaaten auf dem Weg zu einer Wende in der Migrationspolitik?
Die Mitgliedstaaten scheinen der Lösung des Migrationsproblems immer näherzukommen. Das Thema steht auf jeden Fall auf dem Tisch des EU-Gipfels. Dieser soll am 17. und 18. Oktober in Brüssel stattfinden.
Die Rückkehr des Themas Migration auf die Tagesordnung der europäischen Staats- und Regierungschefs lässt sich teilweise durch den Wahlkalender mehrerer europäischer Länder und durch die "Retourkutsche" von Mitgliedstaaten erklären, die sich dem im Mai verabschiedeten neuen Pakt zu Migration und Asyl widersetzen würden, meint Helena Hahn.
"Wir befinden uns in einem Wahljahr. Migration wurde aus verschiedenen Gründen genutzt, um Wähler zu mobilisieren", erklärt die politische Analystin des European Policy Centre (EPC) gegenüber Euronews.
In einem Brief an die Hauptstädte schlug Ursula von der Leyen kürzlich vor, die Rückführungen zu beschleunigen und Auffanglager in Drittländern einzurichten.
Damit schließt sich die Kommissionspräsidentin der Forderung von 15 Mitgliedstaaten an, Asylsuchende in sichere Drittstaaten zu bringen.
"Bei den Rückführungszentren ist eine Schlüsselfrage, ob die EU-Mitgliedstaaten Partner finden werden, die bereit sind, diese Zentren zu betreiben. Und mehr noch, ob sie Wege finden werden, um die Herkunfts- und Transitländer dazu zu bringen, die Bedingungen zur Rückübernahme einzuhalten", erläutert Helena Hahn gegenüber Euronews.
17 Länder haben auch dazu aufgerufen, die Abschiebung von Ausländern, deren Asylantrag abgelehnt wurde, zu beschleunigen.
Davide Colombi, Forscher am Zentrum für Europäische Politikstudien (CEPS), sieht jedoch Probleme bei der konsequenten Anwendung des Gesetzes und beim Zugang zu Rechtsmitteln, wenn abgelehnte Asylbewerber schneller abgeschoben würden.
Europäischen Staats- und Regierungschefs haben Ton verschärft
In Frankreich will der neue Innenminister Bruno Retailleau, der die Einwanderung zu seinem Steckenpferd gemacht hat, undokumentierte Migranten "tröpfchenweise regularisieren".
In Polen erwägt Donald Tusk, das Asylrecht vorübergehend teilweise auszusetzen, um die illegale Einwanderung zu bekämpfen.
Russland und Belarus werden beschuldigt, den Zustrom von Migranten zu inszenieren, um die Europäische Union an der polnischen Grenze im Rahmen eines "hybriden" Angriffs zu destabilisieren.
"Das stellt ein extremes Problem dar", befürchtet Davide Colombi. Das Recht auf Asyl ist eines der Grundrechte, das auch in Zeiten einer erklärten politischen Krise nicht ausgesetzt werden darf. Es wird durch das EU-Recht, das Völkerrecht und auch durch die polnische Verfassung geschützt.
Es handele sich nicht nur um eine "Migrationsfrage", sondern um eine allgemeinere Frage der "Rechtsstaatlichkeit", so der Forscher am Zentrum für Europäische Politikstudien (CEPS).
Im Geiste der Zusammenarbeit bat der polnische Ministerpräsident um die Zustimmung der EU.
"Die Kommission hat bereits gesagt, dass sie die einseitige Aussetzung des Zugangs zu Asyl nicht billigt", erinnert Helena Hahn.
Deutschland hat seinerseits wieder Grenzkontrollen eingeführt und die Niederlande haben eine Opt-out-Klausel für die europäischen Asylregeln beantragt.
Auch wenn Ungarn und Italien in der Vergangenheit wegen ihrer harten Linie in der Migrationsfrage an den Rand gedrängt wurden, scheinen sich die Mitgliedstaaten allmählich in diese Richtung zu bewegen.
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