Faktencheck: Verschwörungstheorien nach Hochwasserkatastrophe in Spanien
Wochen nach den Überschwemmungen im Südosten Spaniens, die mindestens 224 Menschenleben gefordert haben, kursieren in sozialen Medien weiterhin Fehlinformationen über die Ursachen der sintflutartigen Regenfälle.
Die unabhängige spanische Plattform zur Überprüfung von Fakten, maldita.es, hat insgesamt 102 Falschmeldungen über die Tragödie ermittelt.
Dazu gehören eine Reihe von Verschwörungstheorien, laut den das extreme Wetter künstlich herbeigeführt wurde, obwohl die wissenschaftlichen Beweise überwiegend auf ein natürliches Phänomen hindeuten.
Ein von der spanischen Wetterbehörde (AEMET) vier Tage vor dem Hochwasser veröffentlichter Bericht warnte vor dem Sturm und der Wahrscheinlichkeit intensiver Regenfälle im Mittelmeerraum. Am selben Tag warnte ein AEMET-Forscher, dass es zu einem Sturm höchster Alarmstufe kommen könnte.
In den sozialen Medien werden jedoch alternative Theorien verbreitet, die erklären sollen, wie es in einigen Gebieten der Region Valencia an einem Tag so viel geregnet hat wie sonst in einem ganzen Jahr.
Künstlich verursachte Überschwemmungen?
Zu den am weitesten verbreiteten Falschmeldungen gehört der angebliche Einsatz von Climate Engineering, auch bekannt als Geoengineering.
In einem in den sozialen Medien weit verbreiteten Video wird behauptet, es zeige ein Schiff, das am Tag der Tragödie vor der Küste Valencias gesichtet wurde. Angeblich habe dieses Schiff das Wetter mit Hochfrequenzsendern künstlich veränderte, was zum Starkregen führte.
In einem Instagram-Post heißt es: "Alles ergibt Sinn, ein Schiff voll mit Antennen als Kraftwerk. Was in Valencia passiert ist, war Klimamanipulation. (...) Es befand sich in der Nähe der Katastrophe in Valencia."
Das Schiff wird auch fälschlicherweise mit dem HAARP-Programm in Alaska in Verbindung gebracht, das den äußersten Teil der Erdatmosphäre, die Ionosphäre, untersucht. Das HAARP-Programm forscht zwar das Wetter, kann aber das Wetter weder kontrollieren noch beeinflussen. Dennoch wird es immer wieder von Verschwörungstheoretikern ins Visier genommen, die unbegründete Behauptungen verbreiten, dass es Naturkatastrophen wie Hurrikane verursachen würde.
Das Euroverify-Team hat festgestellt, dass das folgende Video in mindestens sechs europäischen Sprachen veröffentlicht wurde. Dort wird das Schiff gezeigt, das die Hochwasserkatastrophe verursacht haben soll.
Bei dem Schiff in diesen Videos handelt es sich in Wirklichkeit um ein schwimmendes Kraftwerk namens Karadeniz Powership Osman Khan, das der türkischen Firma Karpowership gehört. Euronews hat das Originalmaterial bis zu diesem Werbevideo zurückverfolgt, das von dem Unternehmen 2017 veröffentlicht wurde.
Die Nachrichtenagentur AFP überprüfte die Position des Schiffes und stellte fest, dass es seit 2019 in der Nähe der Küste von Ghana stationiert ist. Es gibt keine Hinweise darauf, dass es in der Nähe von Valencia gesehen wurde.
Anhand der wissenschaftlichen Beweise kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Hochwasserkatastrophe in Valencia durch natürliche Phänomene verursacht wurde.
Dennoch werden Formen des Geoengineering von über 50 Staaten weltweit – darunter Frankreich, Griechenland und Spanien – eingesetzt, um das Wetter zu verändern. Zu den gängigsten Techniken gehört der Einsatz von Silberjodid, um die Regenproduktion anzuregen und Dürre zu bekämpfen. Diese Technik ist auch als "Cloud Seeding" bekannt.
Die Effizienz solcher Techniken wird jedoch infrage gestellt. Laut AEMET wird die Niederschlagsmenge durch Cloud Seeding im günstigsten Fall um nur 20 Prozent erhöht.
Andere Nutzer sozialer Medien haben fälschlicherweise behauptet, dass das benachbarte Marokko die extremen Wetterbedingungen herbeigeführt hätte, um die Ernten der spanischen Landwirte zu zerstören.
Nein, diese Dämme wurden nicht entfernt
Eine weitere Verschwörungstheorie basiert wahrscheinlich auf einen Beitrag, der am 31. Oktober auf X veröffentlicht wurde. Dort heißt es, dass mehrere Dämme in dem betroffenen Gebiet entfernt worden seien, um den Abfluss des Wassers zu verhindern.
Das Fact-Checking-Team von Reuters hat die im obigen Beitrag verwendete Karte auf die Website des EU-finanzierten AMBER-Projekts zurückverfolgt, das Barrieren in europäischen Flüssen dokumentiert. Die blauen Punkte auf der Karte stellen Wehre dar - kleine Absperrbauwerke, die den Zufluss oder Abfluss eines Gewässers abschließen.
Die jüngsten offiziellen Daten der spanischen Regierung zeigen, dass in der Region Valencia zwischen 2000 und 2021 nur fünf kleine Wehre oder Dämme entfernt wurden.
Eine von der Nichtregierungsorganisation Dam Removal Europe durchgeführte Bestandsaufnahme bestätigt, dass in der betroffenen Region bis 2023 nur fünf Wehre entfernt wurden.
Die lokalen Behörden betonen, dass die entfernten Wehre oft beschädigt und unbrauchbar sind und kein überschüssiges Wasser speichern können.
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