Alleingang nach Moskau: Orbán trifft Putin in Russland

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán wird am Freitag den russischen Präsidenten Wladimir Putin besuchen. Damit bricht er mit der nahezu einhelligen Haltung der europäischen Staats- und Regierungschefs, wonach mehr Druck auf Moskau ausgeübt werden müsse, um den Krieg in der Ukraine durch Sanktionen und Isolation zu beenden.

Das Treffen findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Europäer versuchen, die Trump-Administration zu Verhandlungen über eine Friedensregelung zu bewegen, die die Souveränität Kiews gewährleisten soll.

Hintergrund ist ein umstrittener Plan, der letzte Woche von russischen und US-amerikanischen Diplomaten ausgearbeitet und öffentlich wurde. Er sah weitreichende Zugeständnisse der Ukraine in Bezug auf Territorium und Armee vor und schloss die ukrainische wie auch die europäische Führung vollständig von den Gesprächen aus.

Der Plan wurde inzwischen nach Gesprächen mit der ukrainischen Regierung überarbeitet, ist jedoch noch nicht endgültig.

Orbán ist einer der wenigen europäischen Politiker, die noch diplomatische Beziehungen zu Russland unterhalten. Der ungarische Ministerpräsident beharrt darauf, dass die Ukraine den Krieg militärisch nicht gewinnen könne, und warf den europäischen Staats- und Regierungschefs vor, sie "wollten den Krieg und nicht den Frieden". Zudem ignorierte er die Aufforderung der EU-Spitzendiplomatin Kaja Kallas, bilaterale Treffen mit russischen Vertretern zu vermeiden.

Von Serbien aus, wo er mit Präsident Aleksandar Vučić zusammentraf, sagte Orbán, das Hauptthema seines Russlandbesuchs werde die Energie sein.

Ungarn hat sich Anfang des Monats eine Ausnahme von den US-Sanktionen gegen russische Ölfirmen gesichert und versucht nun, Verträge mit russischen Öl- und Gaslieferanten abzuschließen - obwohl die EU ihre Mitgliedstaaten auffordert, ihre Energiequellen zu diversifizieren.

Ungarn importiert über die Pipelines Druschba und South Stream große Mengen an Erdgas und Erdöl aus Russland. Die Energiepreise niedrig zu halten, hat für die Regierung Orbán im Vorfeld der Parlamentswahlen im April höchste politische Priorität.

Die Opposition, angeführt von Péter Magyar, einem viel jüngeren konservativen Kandidaten, führt eine aggressive Kampagne, in der sie die schlechte wirtschaftliche Bilanz der Regierung und die Lebenshaltungskosten kritisiert.

Im Vorfeld von Orbáns Besuch erklärte Putin, er sei offen für Gespräche über das Kernkraftwerk Paks 2, ein von Orbán vorangetriebenes wegweisendes Energieprojekt, bei dem neue Kernreaktoren mit russischer Technologie gebaut werden sollen.

Für Ungarn ist das Projekt eine Gratwanderung, da die Reaktoren aus Russland stammen würden, der Brennstoff für den Betrieb jedoch aus den Vereinigten Staaten käme. Während seines Besuchs in Washington bekräftigte Orbán, dass er für Paks 2 amerikanischen Brennstoff verwenden werde.

Putin sagte, die Vereinbarung sei kompliziert und müsse erst noch ausgearbeitet werden.

"Es gibt Fragen, die weiter diskutiert werden müssen", fügte er im Vorfeld des Treffens hinzu.

Kritischer Moment für die Ukraine

Orbán wird mit Putin auch über den Krieg in der Ukraine sprechen. Seit Beginn der Invasion im Jahr 2022 hat sich Ungarn systematisch geweigert, der Ukraine militärische oder finanzielle Hilfe zu leisten, und stattdessen diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen zu Russland unterhalten.

Orbán lehnt Sanktionen gegen Russland ab und bezeichnet sie als unwirksam und kontraproduktiv für die europäische Wirtschaft. Er hat auch den Antrag der Ukraine auf Beitritt zur EU blockiert, obwohl die Verhandlungen bereits im Gange sind, da er das Risiko einer "Ausweitung des Krieges" sieht.

Seine Position wird von den meisten führenden europäischen Politikern abgelehnt, die sich für Sanktionen aussprechen und einen bedingungslosen Waffenstillstand von Moskau fordern, bevor politische Verhandlungen beginnen können.

Marc Loustau, Affiliated Fellow an der Central European University in Budapest, sagte, der Besuch könne die Einheit der EU zu einem kritischen Zeitpunkt gefährden. Die EU unterstützt Kyjiv bei den Verhandlungen mit den USA und hofft, die Trump-Administration davon zu überzeugen, dass das Land nur einer Lösung zustimmen sollte, die fair ist und die ukrainische Souveränität respektiert.

"Orbán versucht, Trumps anti-europäischen Ansatz zu legitimieren", sagte Loustau gegenüber Euronews. "Europa sollte deutlich machen, dass Orbán nicht für den Block spricht."

Am vergangenen Wochenende schickte Orbán einen Brief an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, in dem er bedingungslose europäische Unterstützung für Trumps Friedensgespräche und direkte Gespräche mit Russland forderte. Während seines Besuchs in Washington sagte er Trump, das Problem seien "die Europäer und Brüssel", weil sie angeblich den Krieg wollten.

Der Europäische Rat hat sich wiederholt für ein Ende der Feindseligkeiten und einen gerechten Frieden ausgesprochen.