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35 Jahre Wiedervereinigung: Nur die Hälfte der Stasi-Opfer will Akte einsehen

• Oct 3, 2025, 4:00 AM
4 min de lecture
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Vor 35 Jahren wurden Ost- und Westdeutschland wiedervereinigt. Der Moment bezeichnet auch das Ende der DDR. Doch immer noch fragen Tausende ihre Stasi-Akten an. Welche Informationen offenbart die sogenannte Staatssicherheit über die eigenen Angehörigen?

So erging es Mario Röllig. Das Ministerium für Staatssicherheit wollte ihn als inoffiziellen Mitarbeiter anwerben, wie Röllig, heute Zeitzeuge bei der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen und Landesvorsitzender der Lesben und Schwulen in der Union (LSU) Berlin, auf seiner Website erzählt.

Nach seinem Coming-Out mit 17 Jahren lernte er nach eigenen Angaben seine erste große Liebe kennen - einen Westberliner, der in der Wirtschaftspolitik arbeitete. Als er vehement ablehnt, seinen eigenen Freund zu bespitzeln, erfährt er Repressalien durch die DDR. Röllig spricht selbst von massivem Druck.

Bei einem Fluchtversuch aus der DDR wurde er verhaftet und saß drei Monate in einem Berliner Untersuchungsgefängnis. Schlussendlich konnte er nach Umständen nach Westdeutschland ausgebürgert werden. Von der Inhaftierung trage er ein Trauma, doch als Spitzel ist er in keiner Akte der Stasi zu finden.

Es sind Fotos, Tonträger und schriftliche Akten mit vertraulichen Informationen. In Millionen Dokumenten finden sich minutiöse Darstellungen des Alltagslebens von DDR-Bürgern und die Schicksale von Familien. Notiert wurden sie von Mitarbeitenden der Staaatssicherheit. Gesichert haben sie damals DDR-Bürgerrechtler, die eine Vernichtung der Akten vereitelten.

Präsident Michael Hollmann erklärte: "Das Stasi-Unterlagen-Archiv und die weiteren DDR-Unterlagen im Bundesarchiv geben Zeugnis von der Unterdrückung von Menschen und der Missachtung von Presse- und Meinungsfreiheit in einer Diktatur, der SED-Diktatur."

Das Interesse an den Stasi-Akten ist auch 35 Jahre nach der Wiedervereinigung groß. Das Bundesarchiv berichtet über gleichbleibend viele Anfragen. 2024 erreichten das Bundesarchiv nach eigenen Angaben 28.571 Anfragen von Deutschen, im Vorjahr waren es 30.969 Anfragen.

Umgang mit der Vergangenheit

Das Stasi-Archiv gibt es seit 1990. Zwei Jahre später wurde entschieden, dass Betroffene die Möglichkeit bekommen sollten, ihre Stasi-Akten auf Antrag einsehen zu können. Doch will man diese Informationen erfahren über seine eigene Familie erfahren?

Zwei Drittel gaben an, die Informationen in den Stasi-Akten hätten keine Bedeutung für ihr heutiges Leben. Deshalb würden sie es laut einer Studie ablehnen, sich darüber zu informieren. Co-Autor der Studie und Psychologe Prof. Dr. Ralph Hertwig erklärt dies mit der Angst vor Verrat durch Freunde und Familie.

In der Tat befürchteten 58 Prozent der Befragten, ihre Kollegen hätten als Informanten für die Staatssicherheit gearbeitet, 54 Prozent hätten sogar Bedenken, dies über ihre Freunde und Familienangehörige herauszufinden. "Liest man die Akte nicht, kann man diese Gefühle vermeiden", bewertet Psychologe Hertwig.

Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und der Technsichen Universität Dresden untersuchte 2022, was die Menschen dazu bewegt, ihre eigene Akte nicht einsehen zu wollen. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass rund 5,2 Millionen Menschen der DDR-Bevölkerung davon ausgehen, eine Akte zu besitzen.

22 Prozent haben demnach ihre Akte nicht gelesen, weil sie sich als überzeugte DDR-Bürgerinnen und Bürger identifizieren. Für sie ist das Nichtlesen der eigenen Akte ein politischer und symbolischer Akt.

Vom Stasi-Archiv zum Bundesarchiv

Im Jahr 2021 hat das Bundesarchiv bei Auflösung der vorherigen Behörde die Unterlagen übernommen. Drei Jahrzehnte lang verwaltete eine eigene Stasi-Unterlagen-Behörde die Bestände. Es handelt es sich um 111 Regalkilometer an Akten. Insgesamt sind seither mehr als 7,5 Millionen Anfragen eingangen. Neben Berlin gibt es zwölf Außenstellen in den ehemaligen ostdeutschen Bundesländern.

In den Regalen stehen neben schriftlichen Akten nicht nur 1,8 Millionen Fotos und etwa 2.900 Filme, sondern auch über 23.000 Tondokumente.

Das größte Interesse im laufenden Jahr bestand nach Berlin (5.781 Anträge) in Sachsen (3.935)und anschließend Thüringen (2.476). Zwar pendelt die Zahl der Anträge seit knapp fünf Jahren um die 30.000, doch die höchsten Zahlen gab es laut Statistik des Bundesarchivs im Jahr 2019: Damals gingen 56.526 Anfragen ein.

Das Bundesarchiv ist beim zentralen Fest zur Deutschen Einheit in Saarbrücken vertreten. "Das Fest zur Deutschen Einheit sollte ein Feiertag der Demokratie sein, an dem wir uns klarmachen, dass es auch dunkle Kapitel unserer Geschichte gab, die uns herausfordern für die Gegenwart und Zukunft", betonte Präsident Hollmann.


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