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Nach dem Aufschwung die Flaute? Mittel- und Osteuropa drohen 10 magere Jahre

• Oct 10, 2025, 4:46 AM
7 min de lecture
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Zu den untersuchten Ländern, als CEE11 bezeichnet, gehören Polen, Estland, Litauen, Lettland, die Tschechische Republik, die Slowakei, Slowenien, Ungarn, die allesamt 2004 der Europäischen Union beitraten, sowie Rumänien, Bulgarien und Kroatien, die 2007 bzw. 2013 folgten. Forscher der Warsaw School of Economics (SGH) analysierten die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder zwischen 2004 und 2024 und legten dabei besonderes Augenmerk auf die Wirtschaftswachstumsrate und die reale Konvergenz, d. h. die Geschwindigkeit, mit der die elf Länder den Entwicklungsrückstand gegenüber den EU-15 aufgeholt haben.

"Diese Länder als Gruppe haben sich fast doppelt so schnell entwickelt wie die sogenannte 'alte Union' oder die EU-15. Es erfreut das Herz eines jeden Polen zu sagen, dass sich Polen in dieser Gruppe am schnellsten entwickelt hat", so Piotr Maszczyk, Leiter der Abteilung für Makroökonomie und Wirtschaft des öffentlichen Sektors an der Warschauer Wirtschaftshochschule und Mitverfasser der Studie im Interview mit Euronews.

Mittel- und Osteuropa: Zwanzig Jahre vorbildliches Wachstum

Die Studie der SGH-Wissenschaftler zeigt das außergewöhnliche Ausmaß des Erfolgs der Region. Das Wachstum war nicht nur schneller, sondern auch widerstandsfähiger gegen Schocks. Trotz der globalen Finanzkrise, der COVID-19-Pandemie oder des Krieges in der Ukraine haben die elf mittel- und osteuropäischen Länder ein hohes Wachstumstempo beibehalten.

Die durchschnittliche Wachstumsrate für die elf neu beigetretenen Länder betrug 3,2 Prozent, wobei die Dynamik in den so genannten "alten Unionsländern" bei 1,6 Prozent und in Polen bei 3,8 Prozent lag. Damit konnte die gesamte CEE11-Gruppe im Durchschnitt fast 30 Prozentpunkte des Entwicklungsrückstands gegenüber den Gründungsländern aufholen (gemessen am Verhältnis des BIP pro Kopf zu Kaufkraftparitäten zum EU15-Durchschnitt. Kaufkraftparitäten sind Indikatoren für Preisniveauunterschiede zwischen Ländern. Sie geben an, wie viele Währungseinheiten eine bestimmte Menge an Waren und Dienstleistungen in verschiedenen Ländern kostet.)

"Es war eine echte Erfolgsgeschichte: Das Wachstum war nicht nur schneller als in den alten EU-Ländern, sondern auch krisenresistent", betont der SGH-Experte und fügt hinzu, dass Ökonomen diese beiden Jahrzehnte sogar als "Wirtschaftswunder" bezeichnen.

Weniger optimistische Szenarien für das Jahrzehnt 2025-2035

Doch die Zukunft scheint weniger rosig. "Die Aussichten für die nächsten zehn Jahre sind nicht so günstig", schränkt Maszczyk ein und verwendet dabei die biblische Metapher von den fetten und mageren Jahren.

Nach zwanzig Jahren des Wohlstands folgt ein Jahrzehnt der Herausforderungen. Die Forscher der Warsaw School of Economics haben drei Entwicklungsszenarien entworfen: ein Basis-, ein Vorsichts- und ein optimistisches Szenario. Welches davon eintreten wird, hängt von der Fähigkeit der Länder in der Region ab, ihre Institutionen zu reformieren.

Im Warnszenario würde der derzeitige Konvergenztrend zum Stillstand kommen, und die Kluft zwischen den postsozialistischen Ländern und der EU-15 würde sich vergrößern. Das optimistische Szenario hingegen geht davon aus, dass die gesamte Gruppe im Jahr 2035 das Niveau der EU-15 beim Pro-Kopf-BIP zu Kaufkraftparitäten erreichen wird.

Zwei Hauptbedrohungen

Die SGH-Wissenschaftler sehen zwei Hauptbedrohungen für das zukünftige Wachstum der Region: "Zum einen die Demografie. Unsere Region in Europa entvölkert sich, und Polen entvölkert sich am schnellsten", warnt Maszczyk und verweist darauf, dass Polen auf eine Geburtenrate von unter eins zusteuere, während 2,1 nötig sind, um den Generationswechsel aufrechtzuerhalten. Er malt eine dramatische Vision von Polen im Jahr 2060 mit einer Bevölkerung von 30 Millionen, in der die Gruppe der Menschen im nachberuflichen Alter dominiert. "Zum anderen die Innovation. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowohl des öffentlichen Sektors als auch des Unternehmenssektors reichen bei weitem nicht aus", fügt der Wirtschaftswissenschaftler hinzu.

Dabei erwähnt er, dass die polnische Wirtschaft in Bezug auf die Nutzung von KI das Schlusslicht in Europa bilde. Die neuesten Daten des Polnischen Wirtschaftsinstituts zeigen, dass im Jahr 2024 nur 5,9 Prozent der Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten KI-basierte Lösungen nutzten. Polen war damit Vorletzter in der gesamten Europäischen Union. Nur Rumänien schnitt noch schlechter ab.

Das Problem des Patchwork-Kapitalismus

Eine zentrale Herausforderung für die CCE11-Länder ist auch die Überwindung dessen, was die Forscher als "Patchwork-Kapitalismus" bezeichnen. Ihrer Ansicht nach ist dieses Modell der sozioökonomischen Ordnung sehr charakteristisch für die untersuchten Elf.

"Es ist die Art von institutionellem Arrangement, in dem Regelungen sehr oft ohne Ordnung und Zusammensetzung geschaffen werden. Sie widersprechen sich gegenseitig und bilden keinen gemeinsamen, kohärenten institutionellen Raum", erklärt Maszczyk.

Den Forschern zufolge setzt sich dieser Patchwork-Kapitalismus aus lose miteinander verbundenen Elementen zusammen, die aus verschiedenen Regimen stammen - Feudalismus, Pro-Kapitalismus, Sozialismus und modernen Modellen des westeuropäischen Kapitalismus.

Dieses Problem wird von Unternehmern beklagt, die in einem Umfeld mit uneinheitlichen Vorschriften arbeiten müssen. "Das ist der Flickenteppich - Regulierungsflicken, die ohne tiefes Nachdenken aufgenäht werden. Sie erwecken den Eindruck von Chaos", beschreibt der Experte.

Rumänien soll führen, Ungarn soll besser werden

Das Schicksal der mittel- und osteuropäischen Elf ist sowohl eine Erfolgsgeschichte als auch eine Herausforderung für den Wandel. Neben Polen gibt es noch weitere Beispiele, die es wert sind, betrachtet zu werden.

"Ein solches positives Beispiel ist sicherlich Rumänien, ein Land, das zwar nicht die höchste Wirtschaftswachstumsrate hatte, aber am schnellsten zu den alten EU-15 aufgeschlossen hat", betont Wirtschaftswissenschaftler Piotr Maszczyk. Der Schlüssel zum Erfolg sei hier die Kombination aus BIP-Wachstum und günstigen demografischen Veränderungen gewesen. "Wir dürfen nicht vergessen, dass ein Indikator wie das Pro-Kopf-BIP nicht nur davon abhängt, wie schnell das Bruttoinlandsprodukt wächst, sondern auch davon, wie sich die Bevölkerung entwickelt", erläutert Maszczyk.

Ganz anders sieht es mit Ungarn aus, das eine wesentlich geringere Wachstumsrate hatte.

"Ungarn verzeichnete im Zeitraum 2004-2024 eine durchschnittliche Wachstumsrate von 2 Prozent, was unter dem Durchschnitt der gesamten Analysegruppe und nur leicht über dem für die alte Europäische Union charakteristischen Niveau liegt", erklärt Maszczyk. "Diese Tendenzen, d.h. ein langsameres Wirtschaftswachstum als im Durchschnitt der elf Länder, werden auch für den nächsten Untersuchungszeitraum, d.h. 2025-2035, charakteristisch sein."

Die Gründe dafür sind in der Transformationsgeschichte zu suchen.

"In Ungarn war die Systemtransformation, wie sie noch vor dem Beitritt zur Europäischen Union stattfand, sehr schwierig. Ungarn stand zwar nicht am Anfang, erlebte aber Mitte der 1990er Jahre eine tiefe Übergangsrezession, die mit einem wirtschaftlichen Zusammenbruch verbunden war", so der Wirtschaftswissenschaftler.

Der Experte wurde während des 34. Wirtschaftsforums in Polen Anfang September interviewt, dessen Medienpartner Euronews ist.