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Döner-Krieg: Deutschland streitet mit der Türkei

• Sep 21, 2024, 5:57 AM
7 min de lecture
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Rind- und Hühnerfleisch glänzen, während sie langsam auf vertikalen Spießen rotieren, bevor sie in hauchdünne Streifen geschnitten werden. Zwei Köche gleiten in einem geübten Tanz von einer brutzelnden Grillplatte zu einem warmen Toaster. Berge von frischen Tomaten, Kohl und roten Zwiebeln leuchten in einem farbenfrohen Tableau.

Die Szene bei Kebap With Attitude in Berlins angesagtem Bezirk Mitte ist typisch für jeden Straßenstand oder jedes Restaurant, in dem Köche die Zutaten für den beliebten Döner Kebap in Fladenbrot schichten.

Doch der Status des Imbisses könnte gefährdet sein, wenn die Europäische Kommission einem Antrag der Türkei stattgibt, zu regeln, was den Namen Döner Kebab legal tragen darf.

Auf dem Spiel steht eine Branche, die allein in Deutschland einen Jahresumsatz von rund 2,3 Milliarden Euro (fast 2,6 Milliarden Euro) und europaweit von 3,5 Milliarden Euro (fast 3,9 Milliarden Euro) erwirtschaftet, so der in Berlin ansässige Verband der türkischen Dönerproduzenten in Europa.

"Von der Regierung bis zur Straße essen alle Döner", sagte Deniz Buchholz, der Inhaber von Kebap With Attitude, während die Kellner an einem regnerischen Montagnachmittag dampfende Bestellungen aus der Küche zu den hungrigen Mittagskunden brachten.

Das Wort "Döner" leitet sich vom türkischen Verb "dönmek" ab, was so viel wie "wenden" bedeutet. Das Fleisch wird stundenlang am Spieß gegrillt und in Scheiben geschnitten, wenn das Fleisch knusprig und braun ist. In der Türkei wurde das Gericht ursprünglich aus Lammfleisch hergestellt und nur auf einem Teller verkauft. Doch in den 1970er Jahren entschieden sich türkische Einwanderer in Berlin dafür, das Gericht in einem Fladenbrot zu servieren und das Rezept so abzuändern, dass es für die Berliner besonders gut schmeckt.

Die Türkei kämpft um einen Schutzstatus für ihre "traditionelle Spezialität"

Im April beantragte die Türkei den Schutz des Döner Kebab unter der Bezeichnung "garantiert traditionelle Spezialität" (g.t.S.). Dieser Status liegt unterhalb der wichtigen "geschützten Ursprungsbezeichnung", die für geografisch spezifische Produkte wie Champagner aus der gleichnamigen Region in Frankreich gilt. Dennoch könnte er aber Auswirkungen auf Dönerläden, ihre individuellen Rezepte und ihre Kunden in ganz Deutschland haben.

Nach dem türkischen Vorschlag müsste das Rindfleisch von Rindern stammen, die mindestens 16 Monate alt sind. Es soll mit bestimmten Mengen an tierischem Fett, Joghurt oder Milch, Zwiebeln, Salz und Thymian sowie schwarzem, rotem und weißem Paprika mariniert werden. Das Endprodukt wird am vertikalen Spieß in 3 bis 5 Millimeter dicke Stücke geschnitten. Hähnchenfleisch würde in ähnlicher Weise geregelt werden.

Die Europäische Kommission muss bis zum 24. September entscheiden, ob 11 Einwände gegen den Antrag, darunter auch der des deutschen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, gerechtfertigt sind. Ist dies der Fall, haben Deutschland und die Türkei bis zu sechs Monate Zeit, einen Kompromiss auszuhandeln. Das letzte Wort hat die Europäische Kommission.

"Wir haben den Antrag der Türkei mit einigem Erstaunen zur Kenntnis genommen", sagte das deutsche Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in einer Erklärung an die Nachrichtenagentur Associated Press.

"Der Döner gehört zu Deutschland, und die Vielfalt seiner Zubereitungsarten spiegelt die Vielfalt unseres Landes wider - das muss erhalten bleiben. Im Interesse der vielen Fans in Deutschland setzen wir uns dafür ein, dass der Döner Kebab so bleiben kann, wie er hier zubereitet und gegessen wird", so das Ministerium.

Gemüse-, Puten- und einige Kalbfleischspieße - allesamt in Deutschland beliebt - wären nach dem türkischen Antrag offenbar nicht mehr erlaubt, weil sie nicht ausdrücklich erwähnt werden, was in der deutschen Lebensmittelindustrie für Verwirrung sorgt.

"Der Döner gehört zu Deutschland. Jeder sollte selbst entscheiden dürfen, wie er hier zubereitet und gegessen wird. Da braucht es keine Vorgaben aus Ankara", postete Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft mit türkischen Wurzeln, auf der sozialen Plattform X.

Buchholz von Kebap With Attitude sagte, er mache sich keine Sorgen über mögliche Vorschriften.

Obwohl er sagte, dass es ein Weg sein könnte, die Qualität des traditionellen Döners hoch zu halten - er glaubt, dass sie an einigen Orten verfallen ist - fügte er hinzu, dass Ladenbesitzer das Berliner Erbe an kreativen Lösungen nutzen müssen, um ihre erweiterten Menüs zu behalten.

"Wir werden den Berliner Weg gehen und eine Lösung finden, um es anders zu nennen", sagte er, z. B. "Veggie-Sandwich".

Döner Kebab hat auch Auswirkungen auf die Politik

Aus Verärgerung über die in den zweistelligen Bereich gestiegenen Dönerpreise forderte die Partei Die Linke Bundeskanzler Olaf Scholz zu einer "Preisbremse" auf, die das Straßenessen subventioniert und einen Höchstpreis für die Kunden festgelegt hätte.

Scholz lehnte dies ab, erklärte aber in den sozialen Medien, dass die steigenden Lebensmittelkosten zum Teil auf die steigenden Energiekosten zurückzuführen sind, die durch Russlands Krieg gegen die Ukraine angeheizt werden.

Und der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betrieb "Döner-Diplomatie", als er im April einen Dönerladenbesitzer in dritter Generation und einen ganzen Fleischspieß in die Türkei brachte. Die Reise war der erste offizielle Besuch eines deutschen Bundespräsidenten in einem Jahrzehnt.

Der Ruf des populistischen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat dazu geführt, dass einige türkische Staatsbürger, die in Deutschland Dönerläden betreiben, Angst haben, sich gegen die vorgeschlagenen Vorschriften auszusprechen, weil sie in ihrer Heimat Repressalien befürchten.

In seinem Einspruch schrieb der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband, dass die Vorschläge der Türkei von den typischen deutschen Zubereitungen für Döner abweichen und dass die Vorschriften zu wirtschaftlichen Problemen für Dönerläden führen könnten - sowie zu möglichen rechtlichen Anfechtungen.

Die deutsche Dönerwirtschaft dürfe nicht an türkische Regeln gebunden werden, so der Verband in einer Stellungnahme.

"Die Vielfalt des Döners muss erhalten bleiben", so der Verband.