EU-Kommissarin Kyriakides: COVID war 'Paradigmenwechsel' für die Gesundheitspolitik
In einem Exklusivinterview in Verbindung mit dem morgigen Euronews-Gesundheitsgipfel betonte die scheidende zypriotische Kommissarin Kyriakides, dass die Pandemie einen Wendepunkt in der EU-Gesundheitspolitik darstelle.
"Mit COVID haben wir einen Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen erlebt. Sie hat uns gezeigt, dass wir stärker sind, wenn wir zusammenarbeiten und uns als Mitgliedstaaten koordinieren", sagte sie.
Kyriakides, die ihr Amt 2019 antrat, konzentrierte sich ursprünglich auf die Erneuerung der EU-Pharmaindustrie, die Bekämpfung der Antibiotikaresistenz und die Förderung von Schlüsselinitiativen wie dem Europäischen Gesundheitsdatenraum und dem EU-Plan zur Krebsbekämpfung. Der Datenraum und die EU-Strategie für kritische Arzneimittel gehören zu den Themen, die auf dem Gipfel erörtert werden sollen.
Der Beginn von COVID-19 veränderte jedoch ihr Mandat und führte zur Gründung der Europäischen Gesundheitsunion, um die Reaktionsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der Gesundheitssysteme zu stärken.
Im Rückblick auf ihre Amtszeit betonte Kyriakides die Verlagerung hin zu einem ganzheitlicheren Ansatz, der alle gesundheitsrelevanten Faktoren, einschließlich des Klimawandels, berücksichtigt.
"Rückblickend gibt es immer Bereiche, in denen man etwas hätte anders machen können. Aber was wir erreicht haben, ist ein grundlegender Wandel in der Art und Weise, wie wir Gesundheit wahrnehmen", bemerkte sie.
Andauernde Prioritäten
Eine der stolzesten Errungenschaften der Kommissarin war die erfolgreiche Lieferung von Impfstoffen an alle EU-Mitgliedstaaten gleichzeitig während der Pandemie. "Dieser Moment war ein ganz besonderer in meiner Amtszeit", erinnerte sich Kyriakides.
Mit Blick auf die Zukunft betonte sie, dass die Priorität der nächsten Europäischen Kommission darin bestehen muss, die Gesundheit ganz oben auf der politischen Agenda zu halten. Der Schwerpunkt wird sich auf die Umsetzung der zahlreichen Beschlüsse im Rahmen der Europäischen Gesundheitsunion verlagern.
Wichtige Initiativen wie die Behandlung der psychischen Gesundheit und die Weiterentwicklung des Plans zur Krebsbekämpfung werden auch von der nächsten Führungsmannschaft beachtet werden müssen.
Kyriakides betonte, wie wichtig es sei, die psychische Gesundheit in alle Politikbereiche zu integrieren und sie mit der körperlichen Gesundheit gleichzustellen. Außerdem wies sie darauf hin, dass bestimmte Elemente des Plans zur Krebsbekämpfung, insbesondere diejenigen, die auf den Alkohol- und Tabakkonsum abzielen, noch unvollendet sind.
Die nächste Kommission und künftige Herausforderungen
Die Zuständigkeiten im Bereich Gesundheit werden in der nächsten Kommission auf mehrere Kommissionsmitglieder verteilt, darunter der designierte Gesundheitskommissar Oliver Varhelyi, die für Vorsorge zuständige Kommissarin Hadja Lahbib und der Exekutiv-Vizepräsident Stéphane Séjourné.
Kyriakides zeigte sich zuversichtlich, dass diese Aufteilung den Fortschritt nicht behindern wird. "Es wird effektiv funktionieren, weil man ohnehin einen horizontalen Ansatz braucht", sagte sie und wies darauf hin, dass während ihrer Amtszeit bis zu 13 Kommissionsmitglieder zum Plan zur Krebsbekämpfung beigetragen haben. "Die Gesundheit muss in allen Politikbereichen betrachtet werden, um umfassende Strategien zu entwickeln", fügte sie hinzu.
Die Ernennung des Ungarn Oliver Varhelyi zum Gesundheitskommissar hat jedoch eine Debatte ausgelöst. Varhelyi, ein enger Verbündeter von Ministerpräsident Viktor Orbán, verfügt nur über begrenzte Erfahrung im Gesundheitsbereich, was die Frage aufwirft, ob das Europäische Parlament seine Ernennung billigen wird.
Trotzdem bleibt Kyriakides optimistisch und versichert, dass von der Leyens Team "gut vorbereitet und in der Lage sein wird, sich zu engagieren".
Sie betonte, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen der Kommission, dem Europäischen Parlament und dem EU-Rat bei der Umsetzung der Gesundheitspolitik in den nächsten fünf Jahren sei.
"Das Europäische Parlament war in den letzten fünf Jahren ein wichtiger Partner, und der Ausbau dieser Beziehung wird der erste Schritt sein", sagte sie abschließend.