Israels billigt Pläne zur Einnahme von Gaza-Stadt

Das israelische Sicherheitskabinett hat Pläne zur Übernahme von Gaza-Stadt im Norden der palästinensischen Enklave gebilligt. Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gab die Pläne bekannt, nachdem hochrangige Beamte des Sicherheitskabinetts vom späten Donnerstag an bis in die frühen Morgenstunden des Freitags über das kontroverse Thema beraten hatten.
Offenbar sollen alle Palästinenser aus Gaza-Stadt in Lager im Zentrum des Gazastreifens gebracht werden. Israel kündigte an, dass die Menschen in "humanitären Zonen" mit Lebensmitteln versorgt würden.
Laut Berichten forderte die israelische Armee die Menschen auf, sich sofort Richtung Süden in die humanitäre Zone in Al-Mawasi zu begeben. In der Stadt Gaza halten sich derzeit etwa eine Million Menschen auf – das entspricht der Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens.
Die Entscheidung, Gaza-Stadt zu erobern, stellt eine weitere Eskalation der seit 22 Monaten andauernden israelischen Militäroffensive im Gazastreifen dar, bei der bisher nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums mindestens 61.258 Palästinenser getötet worden sind.
Der Krieg hat die zwei Millionen Einwohner des Gazastreifens teils mehrfach vertrieben, das Gebiet in Schutt und Asche gelegt (nach Schätzungen der Vereinten Nationen wurden mehr als 60 % der Gebäude und wichtigen Infrastrukturen zerstört) und die meisten Menschen im Gazastreifen an den Rand einer Hungersnot gebracht.
Zuvor hatte Netanjahu am Donnerstag bestritten, dass Israel die Absicht habe, den Gazastreifen dauerhaft zu kontrollieren.
Netanjahu: "Wir wollen den Gazastreifen nicht regieren"
"Wir wollen den Gazastreifen nicht behalten. Wir wollen einen Sicherheitsbereich haben", sagte er vor der Sitzung des Sicherheitskabinetts gegenüber Fox News.
"Wir wollen ihn nicht regieren. Wir wollen dort nicht als Regierungsorgan auftreten."
Er sagte, Israel beabsichtige, Gaza an eine Koalition arabischer Kräfte zu übergeben, die ihn dann regieren würden.
Netanjahu beharrte darauf, dass die vollständige Übernahme des Gazastreifens notwendig sei, um die Hamas auszuschalten.
In einer Erklärung wies die Hamas Netanjahus Äußerungen über die vollständige militärische Kontrolle des Gazastreifens zurück und bezeichnete sie als "Staatsstreich". Die Verhandlungen über einen Waffenstillstand sind seit Wochen ins Stocken geraten.
Der israelische Fernsehsender Channel 12 hatte zuvor berichtet, dass US-Präsident Donald Trump Netanjahus Plänen, den gesamten Gazastreifen zu erobern, nicht ablehnend gegenüberstehe. Der Sender berichtete jedoch am Donnerstag, ein hochrangiger US-Beamter habe bestätigt, dass die Trump-Administration eine Annexion des Gebiets durch Israel nicht unterstütze.
Opposition des Militärs
Der Generalstabschef, Generalleutnant Eyal Zamir, warnte am Donnerstag, dass der Plan das Leben der Geiseln gefährden und das Militär weiter belasten würde.
Zamir ist in den letzten Tagen wiederholt mit dem Sicherheitskabinett aneinandergeraten, vor allem wegen des Plans der Regoierung, den Gazastreifen einzunehmen.
Dies veranlasste Netanjahu, in einem Beitrag auf X zu sagen, dass Zamir zurücktreten könne, wenn er die Pläne ablehne.
"Wir befassen uns nicht mit der Theorie, sondern mit Fragen von Leben und Tod, mit der Verteidigung des Staates, und wir tun dies, während wir unseren Soldaten und den Bürgern des Landes direkt in die Augen schauen", sagte Zamir, der meinte, die Israelischen Streitkräfte ( IDF) näherten sich "jetzt den letzten Phasen" des Krieges gegen die Hamas.
"Wir haben die Absicht, die Hamas zu besiegen und zu zerschlagen. Wir werden weiterhin mit Blick auf unsere Geiseln handeln und alles tun, um sie nach Hause zu bringen", so Zamir.
Befürchtungen, dass eine Ausweitung der Offensive das Leben der verbleibenden Geiseln gefährden könnte, wurden auch von deren Familien in Israel geäußert.
Familien von Geiseln auf einem Boot vor Gaza
Am Donnerstagmorgen stachen fast zwei Dutzend Angehörige von Geiseln von Südisrael aus in Richtung der Seegrenze zum Gazastreifen in See. Über Lautsprecher auf den Booten wollten sie Botschaften an ihre Verwandten im Gazastreifen senden. Sie kritisieren Netanjahus Plan, die Militäroperationen auszuweiten.
Israelis protestierten in Jerusalem und Tel Aviv, weil sie befürchten, dass jegliche militärische Eskalation im Gazastreifen zum Tod ihrer Angehörigen führen würde.
Yehuda Cohen, der Vater von Nimrod Cohen, einem israelischen Soldaten, der in Gaza als Geisel festgehalten wird, sagte vom Boot aus, dass Netanjahu den Krieg verlängert, um die Extremisten in seiner Regierung zufrieden zu stellen und sein Kabinett vor dem Zusammenbruch zu bewahren.
"Netanjahu arbeitet nur für sich selbst", sagte er und appellierte an die internationale Gemeinschaft, Druck auf Netanjahu auszuüben, damit dieser den Krieg beendet und sein Sohn gerettet werden könne.
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