"Kabinett des Todes": Protestmarsch in Tel Aviv in Israel gegen Netanjahus Militäraktion in Gaza

Tausende Menschen sind am Samstag durch die Straßen von Tel Aviv gezogen, um gegen Israels Krieg im Gazastreifen zu protestieren. Es war einer der größten Proteste, seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas.
Familien und Unterstützer der israelischen Geiseln, die von der Hamas im Gazastreifen festgehalten werden, forderten die Freilassung der Geiseln und ein Ende des Krieges. Zuletzt hatten Videos von stark abgemagerten Geiseln der Hamas für Entsetzen gesorgt.
"Kabinett des Todes"
Am Vortag hatte Israels Sicherheitskabinett den Plan von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bestätigt, die vollständige Kontrolle über Gaza-Stadt zu übernehmen und die Militäroperationen in dem zu etwa 70 Prozent zerstörten Palästinensergebiet auszuweiten. Diese Entscheidugn wurde nicht nur von den Protestierenden, sondern zuvor auch von der israelischen Militärführung kritisiert. Auf Plakaten nannten einige das Sicherheitskabinett ein "Kabinett des Todes".
Lishai Miran Lavi, die Ehefrau von Omri Miran - einer der israelischen Geiseln, die von der Hamas festgehalten werden - sagte auf der Kundgebung: "Dies ist nicht nur eine militärische Entscheidung - es könnte ein Todesurteil für die wertvollsten Menschen in unserem Leben sein." Sie forderte US-Präsident Donald Trump auf zu intervenieren, um den Krieg sofort zu beenden.
Mehrheit der Israelis will Ende des Krieges in Gaza
Umfragen zeigen, dass eine klare Mehrheit der Israelis eine sofortige Einstellung der Kämpfe wünscht, um die Freilassung der 50 verbleibenden Geiseln im Gazastreifen zu erreichen. Israelische Beamte glauben, dass etwa 20 von ihnen noch am Leben sind.
In Tel Aviv schwenkten die Demonstrierenden israelische Flaggen und trugen Plakate mit Bildern der Geiseln. Einige wandten sich direkt an die Regierung, während andere an US-Präsident Donald Trump appellierten, Netanjahu von einer Eskalation des Krieges abzuhalten. Manche Israelis zeigte auch Bilder von in Gaza getöteten Kindern.
Tal Nahum, der sich dem Protest gegen Netanjahus Plan angeschlossen hatte, sagte: "Wir sind nicht mit allen Entscheidungen einverstanden, die unsere Regierung trifft, und wir geben unserer Regierung die Schuld an all den Katastrophen, die seit Oktober 2023 passiert sind."
Die Entscheidung zur Eskalation des Krieges hat im In- und Ausland heftige Kritik hervorgerufen, auch von einigen der engsten europäischen Verbündeten Israels. Es wird erwartet, dass das gesamte Kabinett den Plan an diesem Sonntag billigt.
Die meisten der bisher freigelassenen Geiseln wurden durch diplomatische Verhandlungen befreit, aber Israel hat sich geweigert, die getroffenen Vereinbarungen weiter umzusetzen, wodurch die Gespräche über einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln zum Stillstand kam.
In den letzten Monaten kam es in Tel Aviv wiederholt zu Kundgebungen, bei denen ein Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln durch Gespräche mit der Hamas gefordert wurden. Dennoch ist das rechtsgerichtete Kabinett von Ministerpräsident Netanjahu, das seit dem 7. Oktober Angriffe im Gazastreifen, im Libanon, im Jemen, in Syrien und im Iran durchgeführt hat, weiterhin entschlossen, seine Ziele mit militärischen Mitteln zu verfolgen.
Netanjahus Konzessionen an rechtsextreme Koalitionspartner
Einige von Netanjahus rechtsextremen Verbündeten in der Regierungskoalition haben die vollständige Einnahme des Gazastreifens gefordert. Doch die Armee hat davor gewarnt, dass ein solcher Schritt die Geiseln in größere Gefahr bringen könnte. Bezalel Smotrich, ein rechtsextremer Minister im Kabinett und ein Befürworter der Fortsetzung des Krieges, gab am Samstag eine Erklärung ab, in der er Netanjahu kritisierte und die Annexion großer Teile des Gazastreifens forderte.
Netanjahu erklärte am Donnerstag gegenüber Fox News, dass die Armee beabsichtige, die Kontrolle über den gesamten Gazastreifen zu übernehmen, Israel aber nicht plane, das Gebiet langfristig zu regieren. Am Freitag erklärte das Büro des Premierministers, die Armee werde Gaza-Stadt einnehmen, sagte aber nicht, ob der gesamte Gazastreifen besetzt werden würde.
Bei dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 wurden rund 1.200 Israelis getötet und 251 als Geiseln genommen. Seitdem sind etwa 400 israelische Soldaten bei den Angriffen auf den Gazastreifen getötet worden. Bei den Militäroperationen hat Israel nach palästinensischen Angaben mehr als 61.000 Menschen in Gaza getötet. Zuletzt starben auch mehr als 200 Menschen an Unterernährung, weil es nicht genug Hilfslieferungen in den Gazastreifen gibt.
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