100 Tage im Amt: Wie schlagen sich Merz und seine schwarz-rote Regierung?

Seit 100 Tagen ist Friedrich Merz (CDU) nun schon Bundeskanzler der Republik Deutschland.
In einem Beitrag auf X zog Merz mit einem Video Bilanz, in dem er sagte, dass Deutschland nach diesen 100 Tagen "Politikwechsel" nun "wieder ein verlässlicher Partner in Europa und weltweit" sei. "Wir haben die Wirtschaftswende eingeleitet und die Migrationspolitik der vergangenen Jahre korrigiert. Der Anfang ist gemacht", so Merz.
Man habe bereits wichtige Schritte eingeleitet, es gebe jedoch noch "viel zu tun."
100 Tage schwarz-rote Regierung: Bilanz und Beliebtheit im Check
"Die neue Bundesregierung steht für einen Politikwechsel – besonders in der Außen- und Sicherheitspolitik sowie in der Migrations-, Wirtschafts- und Sozialpolitik. Wir setzen die dafür notwendige Schwerpunkte und behalten die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger im Blick", heißt es einem Beitrag der CDU zufolge.
Dem ARD-Deutschlandtrend zufolge sind jedoch nur 32 Prozent der Befragten zufrieden mit dem CDU-Kanzler. Bei Olaf Scholz lag diese Bilanz nach 100 Tagen bei 56 Prozent und bei Merkel im Jahr 2006 bei 74 Prozent.
Einer aktuellen Forsa-Umfrage zufolge kommt die aktuelle Regierung somit momentan nur noch auf 37 Prozent. Die Union liegt der Umfrage zufolge auf 24 Prozent, die SPD hingegen nur bei 13 Prozent.
Innenpolitik im Zwischenstand
Gerade im Bereich der Innen- und Sicherheitspolitik hat Merz schon im Wahlkampf große Versprechen gemacht: Er forderte dauerhafte Kontrolle an deutschen Grenzen sowie einen "faktischen Einreisestopp" für alle Menschen ohne Aufenthaltstitel.
Merz' Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hat einen Tag nach der Kanzlerwahl, am 7. Mai 2025, direkt verstärkte Grenzkontrollen angeordnet. Diese Maßnahme soll vor allem die Rückweisung von Asylsuchenden betreffen, die bereits in anderen EU-Ländern einen Antrag gestellt haben.
Schon unter der vorherigen Ampel-Regierung wurden Grenzkontrollen eingeführt. Nun gibt es erste Berichte zu den Kosten. Die seit Mitte September eingeführten Grenzkontrollen haben den Bund bis Ende Juni 80,5 Millionen Euro gekostet.
Laut dem Innenministerium entfiel der größte Teil auf Überstunden der Bundespolizei. Zwischen April und Juni lagen die Mehrkosten pro Quartal bei 24 bis 29,1 Millionen Euro. Für Verpflegung und Hotelunterkünfte der Einsatzkräfte wurden acht Millionen Euro fällig, weitere knapp drei Millionen Euro gingen an Zulagen für Dienste zu ungünstigen Zeiten.
Dobrindt kündigte vor kurzem an, dass die Grenzkontrollen verlängert werden.
"Technische Kontakte" mit der Taliban
Mitte Juli dieses Jahres startete der erste Flieger, der 81 Menschen nach Afghanistan brachte und somit aus Deutschland abschob. Zwar haben schon unter dem vorherigen Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Gespräche mit der Taliban begonnen, jedoch kam nur ein Abschiebeflug zustande.
Dobrindt zufolge kamen die Rückführung mithilfe Katars und "technischer Kontakte" mit Afghanistan zustande.
Im ersten Halbjahr 2025 wurden 11.807 Menschen aus Deutschland abgeschoben, darunter 11,4 Prozent Minderjährige. Das geht aus einer Regierungsantwort auf eine Anfrage der Linken hervor.
Der bisherige Anstieg ist jedoch vergleichsweise moderat, da es 2024 insgesamt 20.084 Abschiebungen waren, darunter 2.316 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren. 2023 wurden 16.430 und 2022 noch 12.945 Personen abgeschoben.
Die Bürgergeldfrage
Schon im Wahlprogramm der Union wurde die Abschaffung des Bürgergeldes versprochen. Merz hatte im Wahlkampf betont, dass "für Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen wird."
Merz hat diesbezüglich vor kurzem angekündigt, dass er die Regeln zur Wohnkostenübernahme im Bürgergeld ab 2027 grundlegend ändern will. Anstelle der von Kommunen festgelegten Höchstsätze für Mieten sollen bundesweit einheitliche Pauschalen gelten, orientiert an Durchschnittswerten und mit nur moderaten Zuschlägen in Ballungsräumen.
Die bisherige einjährige Karenzzeit, in der neue Leistungsbeziehende ihre komplette Miete erstattet erhalten, soll ebenfalls abgeschafft werden.
Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass ukrainische Geflüchtete, die ab dem 1. April 2025 nach Deutschland kommen, künftig – wie andere Flüchtlinge auch – lediglich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten sollen.
Ukrainische Geflüchtete, die danach nach Deutschland einreisen und ihre Bedürftigkeit nachweisen, sollen künftig nur noch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten statt Bürgergeld. Für Personen, die vor diesem Datum eingetroffen sind, bleibt der Anspruch auf Bürgergeld demnach bestehen.
Stromsteuersenkung – Gebrochenes Versprechen?
Die Bundesregierung hatte ursprünglich zugesagt, die Stromsteuer für alle Verbraucher auf das europäische Mindestmaß zu senken.
Im aktuellen Haushaltsentwurf ist nun jedoch vorgesehen, die Entlastung nur der Industrie sowie Land- und Forstwirtschaft zu gewähren. Private Haushalte gehen damit vorerst leer aus, was zu heftiger Kritik aus Politik, Verbänden und Verbraucherorganisationen geführt hat.
'Außenkanzler' Merz
Bei der Außenpolitik kann Merz mehr Erfolge verzeichnen: der virtuelle Ukraine-Gipfel vor dem Trump-Putin-Gipfel in Alaska, größere Präsenz in Europa, und gute Beziehungen zu US-Präsidenten Donald Trump.
Bei seiner ersten Amtsreise in die USA hatte Merz Trump eine Kopie der deutschen Geburtsurkunde seines Opas geschenkt. Trump nannte das Gastgeschenk "fantastisch".
Auch mit dem ukrainischen Präsidenten, Wolodymyr Selenskyj, hat Merz eine gute Beziehung.
Erst am vergangenen Mittwoch hatte der Kanzler zu einem virtuellen Ukraine-Gipfel eingeladen, um mit den europäischen Staats- und Regierungschefs die europäische Position vor Trumps Gesprächen mit dem russischen Präsidenten, Wladimir Putin, klarzumachen. "Nichts über die Ukraine, ohne die Ukraine", so Merz.
In Bezug auf den Nahost-Konflik überraschte Merz mit der Ankündigung, dass Deutschland vorerst keine Waffen mehr an Israel liefere, die es im Gazastreifen verwenden könnte.
Der israelische Botschafter Ron Prosor kritisierte gegenüber Welt TV die von der Regierung Merz beschlossene Einschränkung von Waffenlieferungen scharf und warnte vor einer Signalwirkung für andere Länder, die Israel seiner Verteidigungsmöglichkeiten berauben könnte.
Auch in den eigenen Reihen wurde die Entscheidung des Kanzlers nicht gut aufgenommen, so heißt es. Grund dafür sei, dass Merz das Waffenembargo zuvor nicht mit der Fraktion abgesprochen habe.
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