"Wir müssen endlich erwachsen werden" - Merz nach Trump-Putin-Gipfel

"Er ist mit sich selbst sehr zufrieden", sagt der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz im Interview mit der Tagesschau nach einem Telefonat mit dem US-Präsidenten Donald Trump.
Zuvor fand ein Ukraine-Gipfel zwischen Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Freitag in Alaska statt. Das Treffen ist ohne Deal ausgegangen. Trump zog zudem seine Forderung nach einem Waffenstillstand vor gemeinsamen Friedensverhandlungen mit der Ukraine zurück und sprach stattdessen von einem umfassenden Friedensabkommen. Daraufhin kündigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Treffen mit Trump im Oval Office für Montag an.
Merz, EU-Kommisionspräsidentin Ursula von der Leyen und weitere EU-Staats- und Regierungschefs nehmen ebenfalls an den Gesprächen in Washington teil, wie von der Leyen und ein Sprecher der Bundesregierung mitteilten.
Friedrich Merz "Ein bisschen weniger wäre auch genug gewesen"
Merz zeigte sich erleichtert darüber, dass es beim Treffen in Alaska keine Zugeständnisse an Putin "im Hinblick auf das Territorium" gegeben hat. Vieles sei offen, "aber immerhin, die Gespräche haben begonnen", so Merz. Dennoch müsse man genau betrachten, wie ein umfassendes Friedensabkommen realistisch verwirklicht werden könne. Mit Hinblick auf den Ablauf des Treffens mit Putin sagte Merz: "Ein bisschen weniger wäre auch genug gewesen."
Das Treffen zwischen Trump und Putin ist auf Augenhöhe verlaufen. Die USA haben dem russischen Präsidenten den roten Teppich ausgerollt und ihn anschließend auf seiner Rückkehr mit US-Kampfflugzeugen begleitet. Fazit des Treffens: Es liege nun an Selenskyj, das Ende des Krieges herbeizuführen. Wie die Washington Post unter Berufung auf über den Alaska-Gipfel informierte Kreise berichtete, ist Putin nicht von seinen Forderungen zurückgewichen. Er will den Donbass – komplett. Momentan kontrolliert Russland nur Teile des Gebiets in der Ostukraine.
Merz kritisierte, dass Russland auch während der Gespräche mit Trump in Anchorage die Ukraine weiter bombardiert hat. "Das ist für sich eine große Respektlosigkeit", sagt Merz. "Das zeigt, wie sicher er sich im Augenblick offensichtlich fühlt", so Merz über Putin.
Im Hinblick darauf begrüßt Merz, dass die USA sich bereit erklärten, Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu geben und stärker mit den Europäern zusammenzuarbeiten. "Das ist die positive Überraschung", sagt Merz. Trump teilte dies offenbar in der Telefonschaltkonferenz mit den europäischen Staats- und Regierungschefs mit.
Ein trilaterales Treffen: "Selbstverständlich unterstützen wir das"
Auch ist bekannt, dass ein trilaterales Treffen zwischen Selenskyj, Trump und Putin "Teil der Vereinbarung" gewesen ist. "So haben wir das heute Morgen von Donald Trump auch gehört", sagt Merz. "Selbstverständlich unterstützen wir das", so der Kanzler.
Merz ist zuversichtlich, dass die Interessen Europas und der Ukraine berücksichtigt werden. Vor dem Alsaka-Gipfel haben die europäischen Staats- und Regierungschefs am letzten Mittwoch gemeinsam mit der Ukraine einen Video-Call mit Trump initiiert, um ihre Positionen klar zu formulieren. "Es ist keiner der Punkte, die wir besprochen haben, von Trump abgeräumt worden", sagt Merz. Eine gute Nachricht, findet der deutsche Kanzler. "Trump bewegt sich innerhalb der Linie, die wir miteinander besprochen haben", so Merz.
Koalition der Willigen berät heute über die Zukunft der Ukraine
Um sich noch stärker zu konsolidieren, berät die "Koalition der Willigen" heute Nachmittag per Videoschalte über die Zukunft der Ukraine. Die Videoschalte der europäischen Staats- und Regierungschefs hat zum Ziel, einen Ausgleich zu dem Entscheidungsmonopol der Großmächte Russland und der USA zu schaffen und die Interessen Europas und der Ukraine noch klarer zu vertreten.
Die militärische Unterstützung der Ukraine werde aber in jedem Fall weiter fortgesetzt, betont Merz. Das würde auch im Falle eines Friedensabkommens weiter notwendig sein. Wir müssen "in der Europäischen Union endlich erwachsen werden", findet Merz. Für den Kanzler bedeutet das, "verteidigungsfähig" zu werden. Auf dem Europäischen Kontinent müsse dauerhafter Frieden gesichert werden, "ohne, dass wir immer wieder auf die amerikanische Hilfe angewiesen sind".
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