Solidarität mit Ekrem İmamoğlu: Eurocities-Bürgermeister bei Protestaktion in Istanbul in der Türkei

Eine Delegation der Union Europäischer Städte (Eurocities), die die führenden Metropolen Europas vertritt, ist nach Istanbul gereist, um dem unter Arrest stehenden Bürgermeister der Istanbuler Stadtverwaltung (IBB), Ekrem İmamoğlu, einen Solidaritätsbesuch abzustatten.

Die europäischen Städtevertreter wurden vom stellvertretenden Bürgermeister Istanbuls, Nuri Aslan, im Stadtteil Saraçhane empfangen.

"Für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit"

Der Vizepräsident von Eurocities, der Bürgermeister von Barcelona, Jaume Collboni, brachte seine Unterstützung für den inhaftierten Imamoğlu zum Ausdruck: "Städte sind die Orte, an denen echte Demokratie gelebt wird. Sie sind Orte, an denen die Menschen in Würde, Gleichheit und mit öffentlichen Dienstleistungen leben und ihre täglichen Bedürfnisse befriedigen. Deshalb setzen wir uns als europäische Bürgermeister gemeinsam für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ein."

Der stellvertretende IBB-Bürgermeister Nuri Aslan sagte: "Die Bitte der Gastdelegation, Bürgermeister Ekrem im Gefängnis zu treffen, wurde leider vom Justizministerium abgelehnt. Was unseren Bürgermeister seit mehr als fünf Monaten hinter Gittern hält, ist kein normales Gerichtsverfahren, sondern eine politische Operation, die vor den Augen der ganzen Welt durchgeführt wird."

Nach dem Besuch in Saraçhane fuhr die Eurocities-Delegation nach Silivri, wo Imamoğlu im Marmara-Gefängnis inhaftiert ist, und zeigte ihre Solidarität mit Transparenten "Free İmamoğlu".

Imamoğlu ist einer der angesehensten Bürgermeister in Europa

Tomislav Tomasevic, der Bürgermeister von Zagreb, der Hauptstadt Kroatiens, erklärte, er glaube, dass Ekrem İmamoğlu, den er als einen der angesehensten Bürgermeister Europas bezeichnete, unschuldig sei.

Tomasevic sagte: "Es mögen nur wenige Bürgermeister europäischer Städte hier sein. Wie jedoch aus unserer Erklärung hervorgeht, die von den Bürgermeistern vieler europäischer Städte unterzeichnet wurde, ist Ekrem İmamoğlu einer der angesehensten Bürgermeister in ganz Europa. Wir stehen Ekrem Imamoglu unterstützend und solidarisch zur Seite".

Autoritäre Populisten als globaler Trend

Im Namen des Bürgermeisters der spanischen Hauptstadt Madrid, Jose Luis Martínez-Almeida, betonte Jose Francisco Herrera Antonaya, Generaldirektor für internationale Beziehungen, dass gewählte Bürgermeister auf der ganzen Welt dem Druck populistischer autoritärer Politiker ausgesetzt seien und dass die Verhaftung von Ekrem İmamoğlu Teil dieses globalen Trends sei.

"Die Verhaftung von Ekrem İmamoğlu aufgrund politisch motivierter Anschuldigungen, die niemand für wahr hält, ist nichts anderes als ein Versuch, den demokratischen Willen des Volkes zu blockieren und ihn daran zu hindern, für das Präsidentenamt zu kandidieren", so Antonaya.

Haris Doukas, der Bürgermeister der griechischen Hauptstadt Athen, der ebenfalls der Delegation angehörte, sagte: "Wir kommen aus Athen, der Wiege der Demokratie, und sind hier, um Herrn Imamoglu mit unserer Anwesenheit und unserer Solidarität zu beeindrucken. Wir sind hier, um den Kampf für die Demokratie zu unterstützen. Und wir sind hier, um unsere Hoffnung lebendig zu halten".

Der Bürgermeister von Sofia, Vasil Terziev, erklärte: "Wir sind hier, um zu zeigen, dass die Städte das schlagende Herz der Demokratie sind. Wenn Bürgermeister angegriffen werden, ist das kein persönlicher Angriff, sondern ein Angriff auf die Hoffnungen von Millionen von Menschen. Wir sind heute in Istanbul, um zu zeigen, dass nicht nur Imamoğlu, sondern jeder von uns zum Schweigen gebracht werden kann. Es gibt keine Demokratie ohne freie Städte. Es gibt keine Freiheit ohne Rechtsstaatlichkeit. Deshalb sind wir hier, um Schulter an Schulter mit Herrn Ekrem İmamoğlu zu stehen. Wir werden den Kampf nicht aufgeben."

Die Bürgermeisterin von Utrecht, Sharon Dijksma, sagte: "Unsere Stadt definiert sich als 'Stadt der Menschenrechte'. Überall auf der Welt versuchen autokratische Führer, uns unsere demokratischen Werte zu nehmen. Mit der Inhaftierung von Ekrem İmamoğlu wurde nicht nur ein großer und erfolgreicher Bürgermeister inhaftiert, sondern auch ein Ehemann und ein Vater. Dies ist eine wirklich herzzerreißende Situation, die so schnell wie möglich beendet werden muss. Deshalb appelliere ich an alle, die Macht haben, Herrn Imamoğlu freizulassen."

Imamoğlus Frau nimmt "Demokratiepreis" entgegen

Der inhaftierte Bürgermeister von Istanbul Ekrem İmamoğlu wurde von der Delegation der Europäischen Städteunion (Eurocities) mit dem "Special Democracy Award" ausgezeichnet. Seine Ehefrau Dilek İmamoğlu nahm den Preis in Saraçhane entgegen.

Bei der Preisverleihung verlas sie eine Botschaft, die der Bürgermeister von Istanbul ihr aus seiner Gefängniszelle in Silivri geschickt hatte: "Liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst möchte ich Ihnen allen, die Sie mir diese bedeutende Auszeichnung verliehen haben, meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Der von Ihnen verliehene 'Special Democracy Award' ist nicht nur eine Ehre, die mir zuteil wurde. Dieser Preis gehört allen Bürgern in der Türkei und auf der ganzen Welt, die sich für Gerechtigkeit und Freiheit einsetzen, die sich nicht der autoritären Unterdrückung beugen."

"Der Grund, warum ich heute im Gefängnis sitze, ist dieser Wunsch nach Veränderung, diese Sehnsucht nach einem demokratischeren, gerechteren und wohlhabenderen Land. Ich bin seit mehr als fünf Monaten im Gefängnis. Aber ich weiß, dass meine Entschlossenheit nicht abgenommen hat. Im Gegenteil, sie ist noch stärker geworden. Auch wenn die Eisengitter zwischen uns stehen, kämpfe ich weiter für Frieden und Demokratie, Schulter an Schulter mit unseren Bürgern. Ich nehme diesen Preis im Namen des gemeinsamen Willens aller Städte und demokratischen Bürger an, die Widerstand leisten und für eine bessere Zukunft kämpfen, insbesondere in meiner eigenen Stadt, dem alten und widerstandsfähigen Istanbul. Ich wünsche mir, dass wir uns in freien Tagen wiedersehen."

Wer war in der Türkei?

Die Namen der Delegation lauten wie folgt:

• Jaume Collboni, Bürgermeister von Barcelona und Vizepräsident von Eurocities (Spanien)
• Vasil Terziev, Bürgermeister von Sofia und Präsident des B40 Balkan Cities Network (Bulgarien)
• Tomislav Tomašević, Bürgermeister von Zagreb (Kroatien)
• Haris Doukas, Bürgermeister von Athen (Griechenland)
• Dominic Fritz, Bürgermeister von Timișoara (Rumänien)
• Sharon Dijksma, Bürgermeisterin von Utrecht (Niederlande)
• Gergely Szilveszter Karácsony, Bürgermeister von Budapest (Ungarn)
• Arnaud Ngatcha, Stellvertretender Bürgermeister von Paris (Frankreich)
• José Francisco Herrera Antonaya, Generaldirektor für internationale Beziehungen, Madrid (Spanien)

Eurocities-Generalsekretär André Sobczak nahm ebenfalls an dem Besuch teil.

Die Beziehungen Imamoglus zu Europa

Ekrem İmamoğlu hat seit seinem Amtsantritt im Jahr 2019 enge Beziehungen zu zahlreichen Kommunen in Europa aufgebaut und dafür gesorgt, dass Istanbul eine aktive Rolle in internationalen Netzwerken wie Eurocities und B40 übernimmt.

Imamoğlus Kontakte zu verschiedenen europäischen Städten in den Bereichen Klimawandel, Migration und kulturelle Zusammenarbeit führten dazu, dass Istanbul in der europäischen Städtediplomatie in den Vordergrund rückte.

Im Dezember 2022 wurde Imamoğlu im Fall der "Beleidigung von YSK-Mitgliedern" zu 2 Jahren, 7 Monaten und 15 Tagen Gefängnis verurteilt.

Nach dem Urteil in dem Prozess, der in der Öffentlichkeit auch als "Idiotenfall" bekannt ist, kamen am 27. Dezember 2022 europäische Bürgermeister im IBB-Gebäude in Saraçhane zusammen, um İmamoğlu zu unterstützen.

Der Bürgermeister von Florenz, Dario Nardella, der dieses Treffen leitete, gab bekannt, dass der Besuch, der unter dem Namen "Growing and Developing Cities Istanbul Solidarity Meeting" (Solidaritätstreffen der wachsenden und sich entwickelnden Städte in Istanbul) nach dem Urteil gegen Ekrem İmamoğlu geplant wurde.

Nach diesem Treffen erklärte Nardella gegenüber Independent Turkish, dass sie unmittelbar nach dem Urteil mit İmamoğlu kommuniziert hätten und sich als Union der europäischen Städte nicht mit schriftlichen Botschaften begnügen wollten: "Als Union der europäischen Städte, die rund 200 Städte und 200 Millionen Menschen vertritt, wollten wir unsere Solidarität zeigen, indem wir hier physisch präsent sind".