Gen-Z-Proteste in Marokko: Junge Leute beklagen Milliarden für Fußball-WM 2030

In Marokko haben regierungskritische Demonstranten die fünfte Nacht in Folge protestiert. Dabei kam es auch zu Ausschreitungen.
Weil vor allem von internetaffine Jugendliche auf die Strassen gehen, ist von "Gen Z Protesten" die Rede. Und diese haben sich zu den größten Demonstrationen des Landes seit Jahren entwickelt.
Die Demonstrierenden bringen ihre wachsende Wut über die ausufernde Korruption sowie heruntergekommene Schulen und Krankenhäuser zum Ausdruck. Dabei vergleichen sie die milliardenschweren Ausgaben der Regierung für die Fußballweltmeisterschaft 2030 mit dem desolaten Zustand der öffentlichen Dienste.
Regierung "bereit zum Dialog"
In einer ersten Reaktion hat Marokkos Regierung am Donnerstag erklärt, sie werde sich mit den Missständen befassen, die zu den tagelangen Jugendprotesten geführt hatten.
In seiner Rede vor einem Ministerrat ging Premierminister Aziz Akhannouch nicht näher auf die zur Diskussion stehenden Reformen ein, sagte aber, er sei "bereit zum Dialog und zur Debatte in den Institutionen und im öffentlichen Raum".
Premierminister Aziz Akhannouch sagte auch, er sei traurig über die Todesfälle, lobte die Ordnungskräfte für ihre Bemühungen, die Ordnung aufrechtzuerhalten, und erklärte, die Regierung sei bereit, den Forderungen der Demonstranten nach einer besseren öffentlichen Gesundheitsversorgung und Bildung entgegenzukommen.
Sicherheitskräfte eröffnen das Feuer
Sicherheitskräfte eröffneten am Mittwoch das Feuer auf Demonstrierende. Dabei kamen in Leqliaa, einer kleinen Stadt außerhalb der Küstenstadt Agadir, drei Personen ums Leben.
Nach Angaben des marokkanischen Innenministeriums wurden die drei erschossen, als sie versuchten, Waffen der Polizei an sich zu nehmen.
Nach Angaben des Ministeriums wurden 354 Personen, zumeist Polizeibeamte, verletzt. Hunderte Autos gingen in Flammen auf. Auch Banken, Geschäfte und öffentliche Gebäude in 23 Provinzen des Landes wurden beschäfigt.
Nach Schätzungen des Ministeriums waren landesweit etwa 70 % der Demonstranten minderjährig.
Die Teilnehmer an den so genannten Gen Z-Protesten prangern auch die ihrer Meinung nach weit verbreitete Korruption an.
In einer auf Discord veröffentlichten Erklärung forderte die Protestbewegung "Gen Z 212" am Mittwoch die Demonstranten auf, friedlich zu bleiben, und kritisierte das repressive Vorgehen der Sicherheitskräfte".
"Das Recht auf Gesundheit, Bildung und ein Leben in Würde ist kein leeres Schlagwort, sondern eine ernsthafte Forderung", erklärten die Organisatoren.
Lokale Medien und von Zeugen gefilmte Aufnahmen zeigen, wie Demonstranten in Städten im Osten und Süden des Landes Steine schleudern und Fahrzeuge in Brand stecken.
Nach Angaben der marokkanischen Vereinigung für Menschenrechte wurden mehr als 1.000 Menschen festgenommen.
Die Proteste der Generation Z spiegeln ähnliche Unruhen in Ländern wie Nepal, Kenia und Madagaskar wider.
Unter Hinweis auf neue Stadien, die im ganzen Land gebaut oder renoviert werden, skandierten die Demonstranten: "Die Stadien sind da, aber wo sind die Krankenhäuser?" und warfen den Regierenden vor, sich auf Kosten der Allgemeinheit zu bereichern.
Viele Marokkaner sind Statistiken zufolge durch die Ungleichheit des Landes desillusioniert. Regionale Ungleichheiten, der Zustand der öffentlichen Dienste und mangelnde Chancen, insbesondere für die Jugend, schüren die Unzufriedenheit.
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