Parlamentswahl in Tschechien: ANO von Andrej Babiš gewinnt

Der frühere Ministerpräsident und Milliardär Andrej Babiš hat mit seiner Partei ANO die Parlamentswahl in Tschechien klar gewonnen. Nach Teilergebnissen aus rund 90 Prozent der Wahlbezirke erzielte die rechtspopulistische Formation etwa 35-36 Prozent der Stimmen und liegt damit deutlich vor dem Mitte-Rechts-Bündnis Spolu unter Premierminister Petr Fiala, das auf rund 22 Prozent fiel.
Die Bürgermeisterpartei STAN kam auf knapp 11 Prozent; die Piratenpartei übersprang mit 7,6 Prozent als letzte Gruppierung die Fünf-Prozent-Hürde.
Nach diesen Ergebnissen kann ANO die bisher regierende Koalition ablösen. Zwei mögliche Koalitionspartner - eine neue Autofahrer-Partei und die rechtspopulistische Freiheit und direkte Demokratie - dürften ebenfalls ins Parlament einziehen und gelten als mögliche Bündnispartner für Babiš.
Der 71-jährige Babiš schaffte damit nach vier Jahren in der Opposition und einer Niederlage bei der Präsidentenwahl 2023 ein politisches Comeback. Im Wahlkampf hatte er neben wirtschaftlichen Versprechen insbesondere Steuersenkungen und billigere Energie in Aussicht gestellt — Themen, die bei vielen Wählerinnen und Wählern wegen der hohen Lebenshaltungskosten stark zählten.
Ein Sieg Babiš’ wäre mehr als ein bloßer Regierungswechsel: Beobachter sehen in ihm einen Politiker, der Tschechien in der Außenpolitik näher an die Regierungen von Viktor Orbán (Ungarn) und Robert Fico (Slowakei) rücken könnte.
Diese Regierungen haben in der Vergangenheit militärische Hilfen für die Ukraine zurückhaltend bewertet, weiterhin russisches Öl importiert und sich teils skeptisch gegenüber EU-Sanktionen gegen Russland gezeigt. Babiš pflegt nach Einschätzung von Kommentatoren enge Beziehungen zu Fico und Orbán und kündigte im Wahlkampf bereits an, Waffenlieferungen an die Ukraine zu beenden.
Tschechien war unter der bisherigen Regierung ein entschlossener Unterstützer Kiews: Prag lieferte Rüstungsgüter, nahm Geflüchtete auf und initiierte internationale Munitionstransfers. Ein Regierungswechsel dürfte daher zu einer spürbaren Verringerung der bisherigen Unterstützung führen - eine mögliche Richtungsentscheidung mit Folgen für die europäische Politik gegenüber Russland und die Solidarität mit der Ukraine.
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