Wehrdienst per Losverfahren? So könnte die Auswahl für die Bundeswehr ablaufen

Wer in Deutschland 18 Jahre alt wird, bekommt ab 2026 einen Brief vom Verteidigungsministerium. Darin enthalten: Ein Fragebogen zur Dienstbereitschaft bei der Bundeswehr. So zumindest sieht es der Gesetzesentwurf des SPD-geführten Bundesverteidigungsministeriums vor. Am Donnerstag beraten Union und SPD über eine mögliche Reform des Wehrdienstes.
Unter anderem geht es um die Frage, wie die zukünftige Auswahl des Nachwuchs beim Militär getroffen werden kann. Per Losverfahren sollen die Kandidaten zur Musterung eingeladen werden, so ein Bericht des Redaktionsnetzwerk Deutschlands. Laut diesem hätten sich Union und SPD bereits auf einen Kompromiss geeinigt.
Demnach wird aus dem Pool an möglichen Kandidaten - allen Männern, die den verpflichtenden Fragebogen ausgefüllt haben - ein Teil ausgelost, der anschließend die Musterung und das zugehörige Gespräch absolvieren würde.
Losverfahren wäre der "dritte Schritt"
SPD-Fraktionsvorsitzender Matthias Miersch hält sich diesbezüglich bedeckt. Auf Nachfrage von RTL erklärte er lediglich, dass es sich um die erste Lesung im Parlament handle.
"Da reden wir überhaupt nicht über Losverfahren et cetera, sondern wir wollen, dass junge Menschen wirklich auch sehen: Dieser Dienst ist durchaus attraktiv", sagte er gegenüber RTL und ntv. Er betonte außerdem, dass der Neue Wehrdienst zunächst auf der Freiwilligkeit aufbaue.
Pro Jahrgang werden nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums rund 350.000 Männer den verpflichtenden Fragebogen ausfüllen. Die Bundeswehr plant im Rahmen des Neuen Wehrdienstes mit etwa 5.000 Soldaten mehr im kommenden Jahr. Insgesamt soll die Bundeswehr binnen einiger Jahre von 180.000 auf 260.000 aktive Soldaten anwachsen.
Das mögliche Losverfahren sei deswegen "der dritte Schritt", vorher gehe es darum, vor allem die Freiwilligkeit zu nutzen. Lediglich bei einer großen Auswahl würde es greifen.
Die Bundeswehr will aufstocken, nicht nur in der Ausstattung, sondern auch beim Personal. Auch die Zahl der Wehrdienstleistenden muss steigen, um sich auf "die internationale Sicherheitslage, vor allem das aggressive Auftreten Russlands" vorzubereiten, so Verteidigungsminister Boris Pistorius.
Das geht er in seinem neuen Gesetzesentwurf an, der am Donnerstag im Bundestag diskutiert werden soll. Der Plan wurde zunächst auf Eis gelegt und die Sitzung verschoben. Die Union drängte auf verpflichtende Elemente.
Zwar sollen alle jungen Männer einen Fragebogen ausfüllen müssen und bei Eignung zur Musterung eingeladen werden. Ob sich die Person letztendlich für oder gegen den Dienst entscheide, das sei eine freiwillige Entscheidung.
Die Union kritisiert den Vorschlag. Er greife nicht weit genug, argumentiert die Koalitionsfraktion und fordert Änderungen, um genug Nachwuchs rekrutieren zu können. "Ich bin für die sofortige Wehrpflicht", sagte beispielsweise Außenminister Johann Wadephul (CDU) Anfang Oktober zu den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Zwar müsse dies innerhalb der Koalition abgestimmt werden, doch Wadephul stellte eine Verschärfung des Gesetzentwurfs ausdrücklich in Aussicht. Unterstützung für ein verpflichtendes Modell kam auch von CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Im ARD-Sommerinterview bezeichnete er den Pistorius-Entwurf zwar als "ersten Schritt in die richtige Richtung", betonte jedoch, dass an einer Wiedereinführung der Wehrpflicht langfristig kein Weg vorbeiführe.
Wehrdienst nach dänischem Modell
Laut RND orientiere sich die mögliche Lösung für den Koalitionsdissens am dänischen Modell. In Dänemark gilt zwar einen allgemeine Wehrpflicht, doch nur ein Fünftel der jungen Männer wird tatsächlich auch einberufen.
Dies habe dem RND zufolge zum Vorteil, dass sich einerseits die Zahl der Musterungen begrenzen lasse und andererseits auch die Kritik an der fehlenden Wehrgerechtigkeit angegangen werde.
Aus allen jungen Männern, die einen verpflichtenden Fragebogen ausgefüllt haben, werde nur ein Teil ausgelost. Diese Männer würden anschließend gemustert und zu einem Gespräch eingeladen. Sollten sich nicht genügend Freiwillige finden, könnten die Ausgelosten anschließend zum mindestens sechsmonatigen Wehrdienst verpflichtet werden. Wann genau dieser Fall konkret eintreten würde, ist bisher unklar.
Fragebogen zum 18. Geburtstag: Zum Wehrdienst geeignet?
Ab kommendem Jahr sind junge Männer verpflichtet, den Fragebogen zur Dienstbereitschaft auszufüllen. Frauen können ihn freiwillig beantworten.
Der Fragebogen umfasst sowohl persönliche Daten wie die Verfügbarkeit, Bildungsabschlüsse und sonstige Qualifikationen als auch die Bereitschaft zu einer Wehrdienstleistung. Die Auswahl erfolgt nach Eignung und Motivation.
Je nach Auskunft werden Kandidaten anschließend zur Musterung eingeladen. Neben einem medizinischen Test gibt es auch ein persönliches Gespräch. Durch Assessment und Musterung soll festgestellt werden: Ist die Person geeignet und tauglich? Ist sie verfügbar? Wo könnte sie am sinnvollsten eingesetzt werden? Und passt sie zum Bedarf der Streitkräfte?
Grundsätzlich setzt die Regierung sowie das Verteidigungsministerium auf Freiwilligkeit beim Wehrdienst. Doch sollte es an Personal mangeln, könnten die ausgewählten Personen zu einem mindestens sechsmonatigen Wehrdienst verpflichtet werden. Im Gesetzesentwurf ist dies allerdings lediglich eine Option, kein automatischer Mechanismus.
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