EU-Parlament fordert Maßnahmen gegen die russische "Phantomflotte"
Es ist ein weiterer Appell in den Bemühungen, gegen Russlands Umgehung der westlichen Sanktionen vorzugehen. Das Europäische Parlament fordert die EU und die Mitgliedsstaaten auf, gegen die von Moskau entwickelte "Phantomflotte" vorzugehen.
Die Europaabgeordneten verabschiedeten am Donnerstag (14. November) eine Resolution, in der sie die Union dazu auffordern, gegen diese Tanker einzuschreiten. Sie fordern die 27 Mitgliedsstatten auf, ihre Kontrollen und Inspektionen mithilfe von Drohnen und Satelliten zu intensivieren. Alle Schiffe, die ohne nachweisliche Versicherung in europäischen Gewässern fahren, sollten bestraft werden, so der Text.
Die Parlamentarier drängen die Mitgliedsstaaten außerdem, sämtliche Importe von russischen fossilen Brennstoffen, einschließlich verflüssigtem Erdgas (LNG), zu verbieten.
Umgehung der westlichen Sanktionen
Um die finanziellen Möglichkeiten Russlands und damit die Finanzierung seines Krieges in der Ukraine einzuschränken, hatten die EU und die G7 im Jahr 2022 eine Obergrenze für russisches Öl beschlossen. Die Obergrenze soll bei 60 USD pro knapp 160 Liter liegen.
Um sein schwarzes Gold weiterhin zu einem hohen Preis absetzen zu können, hat Moskau offenbar rund 9 Milliarden Euro in eine "Phantomflotte" investiert. Sie besteht aus veralteten Schiffen, teils rund 20 Jahre alt, die sich in schlechtem Zustand befinden und nicht immer versichert sind. Damit soll die Rückverfolgbarkeit der Schiffe eingeschränkt werden, denn sie können auch unter ausländischer Flagge fahren: Gabun, Cook-Inseln, Panama, Liberia.
Die Maßnahme ist nichts Neues. Andere Länder wie der Iran, Venezuela oder Nordkorea haben bereits auf eine Phantomflotte zurückgegriffen. Die Europaabgeordneten betonen jedoch, dass Moskau sich hier durch den Umfang und den Grad seiner Raffinesse auszeichnet.
Die wichtigsten Ziele dieser russischen Schiffe sind Indien, China und die Türkei. Das Öl wird demnach vor Ort raffiniert und kann somit in Form von Derivaten nach Europa gelangen und die Sanktionen umgehen.
"Etwa 600 Schiffe dieser Geisterflotte operieren hauptsächlich in der Ostsee und im Schwarzen Meer", so die Europaabgeordnete Rasa Jukneviciene (EVP).
In anderen Berichten wird die Zahl von 1.400 Schiffen genannt, mit denen laut der Kyiv School of Economics 70 % des russischen Öls auf dem Seeweg exportiert werden können.
Um dem Radar zu entgehen, wendet Moskau verschiedene Tricks an. Öl wird auf verschiedenen Schiffen auf hoher See umgeladen. Dabei kann es mit anderem Öl vermischt werden, um die genaue Herkunft des schwarzen Goldes zu verschleiern. Auch satellitengestützte Geolokalisierungssysteme, sogenannte Transponder des automatischen Identifikationssystems (AIS), können deaktiviert werden, um Spuren zu verwischen. Schiffe können schließlich falsche Daten übermitteln, um sich einer Überwachung zu entziehen.
All diese Tricks gefährden die Sicherheit auf See und erhöhen das Risiko von Kollisionen und Öl-Havarien. Im Falle einer solchen Havarie wären mehrere europäische Länder von Ölverschmutzungen betroffen.
"Wir fordern ein Verbot dieser gefährlichen Transfers von Schiff zu Schiff sowie zusätzliche Mittel für schnelle Reaktionskapazitäten (im Falle einer Ölpest), denn jeder Tag Verzögerung wird Milliarden von Euro kosten", so der Europaabgeordnete Martins Stakis (Grüne).
Das Europäische Parlament betont auch, dass diese "Phantomflotte" eine Bedrohung für die europäische Sicherheit darstellt. Sie könnte bei möglichen hybriden Operationen gegen die Interessen eines Mitgliedstaates eingesetzt werden.
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