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Israel-Gaza-Konflikt: "Wir haben tatsächlich unsere Augen verschlossen."

• Aug 7, 2025, 5:05 AM
8 min de lecture
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Europa hat ein Glaubwürdigkeitsproblem - zumindest was den Umgang mit Israel angeht, so der ehemalige EU-Botschafter für die besetzten palästinensischen Gebiete und den Gatza-Streifen, Sven Kühn von Burgsdorff. Das Problem sei die Doppelmoral bei der Anwendung des Völkerrechts durch die EU gegenüber der Ukraine und dem Gazastreifen. Vor allem der globale Süden tue sich damit schwer, so Kühn von Burgsdorff in einem Interview mit Euronews.

"Wir haben leider unser Ansehen in der Welt verloren. Wenn Sie jetzt mit dem Globalen Süden sprechen - der Mehrheit der Länder, mit denen wir stärkere Beziehungen in den Bereichen Handel, wirtschaftliche Ressourcen, Rohstoffe und Energielieferungen anstreben - werden Sie eine Situation vorfinden, in der es sehr schwierig ist, diese Partnerschaften zu mobilisieren", so der ehemalige EU-Gesandte.

Kühn von Burgsdorff war von Januar 2020 bis Juli 2023 EU-Botschafter in den besetzten palästinensischen Gebieten und im Gaza-Streifen. Er ist Mit-Verfasser eines Briefes, der am 10. Juli von 27 ehemaligen EU-Botschaftern an die Regierungschefs und EU-Mitglieder geschickt wurde und von 58 Botschaftern unterstützt wurde.

"Ich war sehr beeindruckt von der Schnelligkeit, mit der wir gegen Russlands völlig illegale Invasion in der Ukraine im Februar 2022 vorgegangen sind. Aber was wir im Fall der Palästinenser getan haben, war einfach beschämend. Wir haben tatsächlich unsere Augen verschlossen", sagte Kühn von Burgsdorff zu Euronews.

"Länder des globalen Südens nehmen EU nicht ernst"

Derzeit seien die Bahamas und Mikronesien die einzigen offiziellen und aktiven Unterstützer Europas in seinem Krieg gegen Russland aus dem Globalen Süden, so der Ex-EU-Botschafter. "Das bedeutet, dass die Länder des Globalen Südens die EU und ihre Mitgliedsstaaten nicht ernst nehmen, wenn wir versprechen, die Menschenrechte zu unterstützen und das Völkerrecht zu verteidigen", so Kühn von Burgsdorff und fügte hinzu, dass die EU, um seine Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, "gegen das vorgehen muss, was wir jeden Tag in Gaza sehen".

Am 7. Oktober 2023 griff die Hamas israelische Gemeinden in der Nähe des Gazastreifens an, tötete rund 1.200 Menschen und entführte 251 Personen. Im Juni waren noch 50 Geiseln inhaftiert, von denen 27 vermutlich tot sind.

Seit dem 7. Oktober verstärkte Israel seine militärischen Angriffe im Gazastreifen und im Westjordanland, die nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen über 60.000 Opfer forderten.

Ende Juli erklärten die Vereinten Nationen, dass die zeitweilige Blockade von Hilfslieferungen in den Gaza-Streifen durch Israel seit März zu einer Hungersnot geführt habe.

"Was sich Tag und Nacht abspielt, ist ein entsetzliches Schauspiel des Tötens und Verstümmelns unschuldiger Menschen im Gazastreifen in Verfolgung des erklärten Ziels der Netanjahu-Regierung, die Hamas zu vernichten. Das Problem ist, dass es nach dem humanitären Völkerrecht festgelegte Grundsätze für die Kriegsführung gibt, wie z. B. die Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Zielen, die Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahmen und Vorsichtsmaßnahmen zur Minimierung von zivilen Schäden und Kollateralschäden. Keiner dieser Grundsätze wurde beachtet", so der ehemalige EU-Gesandte Kühn von Burgsdorff.

Die israelische Regierung hat ihren Kampf gegen die Hamas als existenziellen Krieg bezeichnet und darauf bestanden, dass sie sich an das Völkerrecht gehalten hat.

Die EU ist uneins

Kühn von Burgsdorff kritisierte die Untätigkeit der EU und die Unwirksamkeit des humanitären Abkommens zwischen der EU und Israel, das von der EU-Außenbeauftragten, Kaja Kallas, am 10. Juli angekündigt wurde.

"Kallas kündigte an, dass am 14. Juli deutlich mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen gelangen würde. Leider geschah das Gegenteil. Es wurde nicht nur keine zusätzliche Hilfe zugelassen, sondern seit dieser Ankündigung wurden Hunderte von unschuldigen Zivilisten an den Verteilungsstellen für Hilfsgüter getötet", sagte der ehemalige EU-Botschafter.

Seit April ist die Gaza Humanitarian Foundation, eine von Israel und den USA gemeinsam verwaltete Organisation, für die Verteilung von Lebensmitteln im Gazastreifen zuständig, nachdem die UN-Behörden sich von den Hilfslieferungen zurückgezogen hatten.

Seit Beginn ihrer Tätigkeit wurde die Stiftung jedoch von Nichtregierungsorganisationen und UN-Organisationen wegen ihrer Verteilungspraktiken heftig kritisiert, u. a. wegen angeblicher Schüsse der israelischen Armee auf hungernde Menschen, die versuchten, Lebensmittel zu bekommen. Bis zum 13. Juli starben nach Angaben der UN mindestens 875 Menschen bei dem Versuch, Lebensmittel zu erreichen.

"Wir müssen jetzt wirklich handeln, um zu verhindern, dass dort ein kompletter Völkermord stattfindet. Es scheint sich ein Konsens in der europäischen Bevölkerung abzuzeichnen, vor allem unter jungen Menschen, wo eine klare Mehrheit wünscht, dass unsere Regierung Maßnahmen gegen dieses anhaltende Massaker ergreift", sagte Kühn von Burgsdorff.

Israels Außenminister Gideon Sa'ar erklärte Ende Juli gegenüber AP, dass die Bezeichnung des Krieges als Völkermord unbegründet sei und die Hamas nur ermutige. Sa'ar sagte, Israel ziele auf die Hamas und nicht auf Zivilisten.

"Abkommen vollständig aussetzen"

Die 58 ehemaligen EU-Botschafter machten mehrere Vorschläge, wie die EU ihrer Meinung nach auf Israel reagieren sollte, darunter die Aussetzung von Handelsabkommen, die Beendigung der Zusammenarbeit in Forschung und Kultur und die Einstellung von Waffenverkäufen an Israel.

"Wir könnten das Abkommen vollständig aussetzen, aber das erfordert einen Konsens aller 27 Mitgliedsstaaten, was nach unserer Einschätzung unwahrscheinlich ist. Wir können jedoch mit qualifizierter Mehrheit handeln, was bedeutet, dass mindestens 15 Mitgliedsstaaten, die zwei Drittel der EU-Bevölkerung repräsentieren, über handelspolitische Maßnahmen entscheiden können. In diesem Fall schlagen wir vor, alle präferenziellen Handelsvereinbarungen mit Israel auszusetzen", so Kühn zu Burgsdorff.

In dem Schreiben schlagen die Ex-Botschafter vor, den gesamten Handel mit illegalen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten einzustellen und gewalttätige israelische Siedler zu sanktionieren. "Fast täglich greifen gewalttätige israelische Siedler palästinensische Häuser an, fackeln Häuser ab, vertreiben die Menschen, vertreiben sie und zerstören ihr Eigentum. Dies ist ein klarer Verstoß gegen das internationale Militärrecht, das vorschreibt, dass die Bevölkerung in einem besetzten Gebiet von der Besatzungsmacht (in diesem Fall Israel) geschützt werden muss", so der Ex-EU-Gesandte.

Sanktionierung von israelischen Ministern gefordert

Die ehemaligen EU-Botschafter fordern die Sanktionierung von Ministern, die "die Vertreibung oder die Vernichtung des palästinensischen Volkes oder die vollständige Vertreibung der Menschen aus dem Gazastreifen fordern, wie Finanzminister Bezalel Smodrich, Sicherheitsminister Itamar Ben-Mir oder Verteidigungsminister Israel Katz", sagte Kühn von Burgsdorff. "Wir können auch akademische Forschungs- und Technologieprogramme stoppen, die wir im Rahmen der EU unter dem Namen Horizon Europe eingerichtet haben und von denen Israel seit Jahren in erster Linie profitiert".

Doch die EU konnte sich offenbar erneut nicht auf eine teilweise Suspendierung Israels aus dem Horizon Europe-Fonds als Reaktion auf den Krieg in Gaza einigen, so mehrere Diplomaten gegenüber Euronews.

Die 27 EU-Diplomaten, die zu ihrer regelmäßigen Maschrik/Maghreb-Arbeitsgruppe zusammenkommen, konnten keine qualifizierte Mehrheit für einen Vorschlag der Europäischen Kommission erreichen, Israel von einem teilweisen Zugang zum 95 Milliarden Euro schweren Horizon Europe-Forschungsfonds auszuschließen.

Der ehemalige EU-Beauftragte nannte die Maßnahme einen "relativ unbedeutenden Vorschlag, der zu kurz greift", da er nur auf die Finanzierung israelischer KMU abzielt, während Forschung, akademische Beziehungen, Handel mit illegalen Siedlungen und Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen in diesen Bereichen unberührt blieben.


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