Exklusiv: EU-Kommission will Handel mit Mittelmeerregion erleichtern

Mehrere EU-Länder drängen darauf, ein geplantes strategisches Abkommen der EU über den Mittelmeerraum zu nutzen, um Handelsschranken mit ausgewählten Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens zu beseitigen. Der Vorschlag besteht darin, den Austauch mit den MENA-Staaten "an die Regeln des EU-Binnenmarktes anzugleichen", heißt es in einem Dokument der Europäischen Kommission, das Euronews vorliegt.
Die Pläne sollten in den Pakt für das Mittelmeer aufgenommen werden.
Die Diversifizierung des Handelsaustauschs weg von Russland und China strebt die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen seit Beginn ihrer zweiten Amtszeit an.
Integration im Mittelmeerraum stärken
Der Pakt für den Mittelmeerraum, der voraussichtlich Mitte Oktober von der EU-Kommission vorgelegt wird, soll bestehende mit neuen bilateralen Abkommen zwischen der EU und ausgewählten Mittelmeerländern in verschiedenen Sektoren kombinieren.
Der Pakt bezieht sich auf Algerien, Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, Libyen, Marokko, die Palästinensergebiete, Tunesien und Syrien.
"Bei den Konsultationen sollen auch die Perspektiven der Nachbarländer, insbesondere der Golfstaaten und der Türkei, berücksichtigt werden, um deren bedeutenden strategischen Interessen, Beitrag und Einfluss in der Region Rechnung zu tragen", heißt es in dem Dokument.
Mit dieser Initiative versucht die Europäische Kommission, die Integration im Mittelmeerraum zu stärken, insbesondere im Hinblick auf die instabilen Handelsbeziehungen mit traditionellen Verbündeten wie den USA.
Zweiter Versuch nach "Barcelona-Erklärung"
"Viele [EU-Mitgliedstaaten] schlagen die Modernisierung bestehender Abkommen und die Beseitigung von Handelshemmnissen vor und fordern eine Angleichung an die Regeln des Binnenmarktes sowie die Förderung der Konvergenz in Bereichen wie Digitaltechnik, Energie, Umwelt und Arbeitsnormen", heißt es in dem Dokument.
Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass Brüssel versucht, die Handelsintegration zwischen den Mittelmeerländern auf den Weg zu bringen. Im Jahr 1995 vereinbarten die Partner anlässlich der so genannten "Barcelona-Erklärung" die Schaffung einer Europa-Mittelmeer-Freihandelszone (EMFTA), die jedoch nie verwirklicht wurde.
Die EU verfügt bereits über ein präferenzielles Handelsabkommen mit den Mittelmeerländern, das im Regionalen Übereinkommen über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln (PEM-Übereinkommen), einem multilateralen Handelsabkommen zur Harmonisierung der Ursprungsregeln, niedergelegt ist.
Dieses Übereinkommen umfasst die EU-Länder, die EFTA-Mitglieder, die westlichen Balkanländer, die Mittelmeerpartner, Georgien, die Ukraine und die Republik Moldau.
Das von Euronews eingesehene Dokument zum Mittelmeerpakt deutet jedoch darauf hin, dass die EU-Mitgliedsstaaten versuchen, die Handelsbeziehungen mit der Region weiter auszubauen.
"Einige [EU-Mitgliedstaaten] betonen die Bedeutung eines integrativen Handels, niedrigerer Zölle und eines praktischen Marktzugangs durch Instrumente wie Global Gateway und [PEM-Konvention]. Einige plädieren für eine Modernisierung des [PEM-Übereinkommens], um die aktuellen EU-Handelsabkommen widerzuspiegeln, und identifizieren den Handel als den Bereich mit dem größten Potenzial für gemeinsame und koordinierte Maßnahmen", heißt es in dem Dokument.
Wunsch der EU nach Marktangleichung
Dem Dokument zufolge gibt es zwischen den Partnern in handelsbezogenen Angelegenheiten Übereinstimmungen, aber sie wünschen sich auch eine "Angleichung der Rechtsvorschriften, Marktzugang und Unterstützung für lokale Erzeuger".
"Es wird Unterstützung für eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften geäußert, um Investitionen anzuziehen und gemeinsame Wertschöpfungsketten in den Bereichen Digitalisierung, Verkehr und saubere Energie aufzubauen", heißt es in dem Dokument weiter.
Und: "Vorgeschlagen werden auch grenzüberschreitende agroindustrielle Wertschöpfungsketten, die Modernisierung des Zolls, Exportregelungen für grüne Labels und die Annahme von geänderten PEM-Ursprungsregeln. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Vereinfachung der Handelsverfahren, der Unterstützung von KMU und umweltfreundlichen Unternehmen sowie dem Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse durch strukturierte Dialoge."
Die Angleichung an die digitale Verwaltung und das Zollsystem der EU sowie die Vereinfachung der Grenzverfahren sind ebenfalls von Interesse für die Partnerländer.
Zu den Vorschlägen gehören zudem von der [Allgemeinen Datenschutzverordnung] inspirierte Gesetze und E-Government-Tools sowie der gegenseitige Austausch zur Förderung der Konvergenz.
Laut dem Dokument wird einer Zusammenarbeit in den Bereichen saubere Energie und Umweltstandards Priorität eingeräumt.
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