Elektrobatteriepleite bei Porsche: Ist der Förderstopp der Umweltprämie schuld?

Einst galt die Batteriefirma Cellforce als vielversprechendes Zukunftsprojekt, jetzt hat Porsche Massenentlassungen für seine Elektrotochter angekündigt. Von 286 Mitarbeitern sollen rund zwei Drittel entlassen werden - das hat das Unternehmen am vergangenen Mittwoch laut Medienberichten bei der Arbeitsagentur Reutlingen angezeigt.
Cellforce sollte eine eigene Batteriefertigung und Produktionsstätte werden. Das war der Plan von Vorstandschef Oliver Blume: den Sportwagenhersteller zum Elektro-Vorreiter machen. Nun, so heißt es in einer Pressemitteilung vom 25. August, soll sich der Standort auf die "Forschung und Entwicklung von Batteriezellen fokussieren".
"Eine eigene Fertigung von Batteriezellen verfolgt Porsche aus Volumengründen und fehlenden Skaleneffekten nicht weiter", so Oliver Blume in der Pressemitteilung. Im ersten Halbjahr habe Porsche etwa 57 Prozent elektrifizierte Fahrzeuge in Europa ausgeliefert. Weltweit
Statt Produktion von Hochleistungsbatterien nun Forschung
"Leider hat sich der Markt für elektrische Fahrzeuge weltweit nicht so entwickelt wie ursprünglich angenommen. Die Rahmenbedingungen haben sich grundlegend verändert und wir müssen darauf reagieren", sagte Michael Steiner, Vorstand für Forschung und Entwicklung bei Porsche.
"Am Ende müssen wir aber feststellen, dass das geplante Geschäftsmodell wirtschaftlich nicht darstellbar ist", heißt es weiter. Für die Mitarbeitenden, von denen rund 200 die Kündigung erwarten, ist es laut Medienberichten eine Enttäuschung. Sie haben sich zu Protesten versammelt.
Auch die Gewerkschaft IG Metall kritisierte Porsches Pläne und forderte einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen vor Abschluss der Betriebsratswahlen Mitte September. Der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Reutlingen-Tübingen, Kai Lamparter, schrieb in einem Brief an das Porsche-Spitzenmanagement, die vorzeitige und übereilte Entlassung der Mitarbeiter sei der falsche Weg.
Der Plan, eine eigene Batterieproduktion hochzuziehen, galt vier Jahre zuvor als große Hoffnung. Das Land Baden-Württemberg sowie der Bund garantierten dem Unternehmen Subventionen in Höhe von 56,7 Millionen Euro. 14 Millionen Euro hatte Baden-Württemberg bereits an Cellforce ausgezahlt.
E-Auto-Absatz in Deutschland um mehr als ein Viertel gesunken
Der Absatz von E-Autos in Deutschland ist im Jahr 2024 drastisch eingebrochen. Rund 380.600 Elektrofahrzeuge wurden im vergangenen Jahr zugelassen. Das entspricht einem Rückgang um mehr als ein Viertel (etwa 27 Prozent) gegenüber dem Vorjahr, erklärte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA).
Der Markt für E-Autos schwächelt in ganz Europa, doch nur in Lettland und Rumänien gingen die Neulassungen von E-Autos noch stärker zurück als in Deutschland.
Der Anteil von E-Fahrzeugen an allen Neuzulassungen ist in Deutschland ebenfalls gesunken, auf 13,5 Prozent. 2023 war noch jedes fünfte neu zugelassene Auto batteriebetrieben (18,4 Prozent).
Ende der Umweltprämie, Ende des E-Autos?
Mit Beginn des Jahres 2024 wurde auch die staatliche Kaufförderung, der sogenannte Umweltbonus, gestoppt. Bis zu 4.500 Euro pro Auto leistete der Bund für den Kauf eines E-Autos ab dem Jahr 2016. 2023 wurden nur noch reine E-Autos gefördert, bevor die Förderung Ende des Jahres auslief.
Mobilitätsexperte Constantin Gall von der Unternehmensberatung EY, die auch den Europavergleich der Neuzulassungen veranlasst hat, bezieht den Rückgang in Deutschland in erster Linie auf das Auslaufen der Umweltprämie. "Ohne Förderung kommt die Elektromobilität derzeit nicht vom Fleck."
Die Deutschen beschäftige außerdem Bedenken in Bezug auf eine vermeintlich zu geringe Reichweite. Doch die Branche sei inzwischen weiter als viele Menschen wissen würden. "Es wäre nun Aufgabe der Hersteller, einerseits die Vorteile der Technologie stärker herauszustellen und ihre Produkte wieder begehrenswerter zu machen – zurzeit hat die Elektromobilität in Europa kein gutes Image", schätzt Gall ab.
In Deutschland entscheiden sich Personen aufgrund hoher Kraftstoffpreise sowie aus Umweltschutzgründen für ein Elektroauto. Jeder vierte angehende Käufer hat angegeben, dass Subventionen einer der Top-Grüne für den Kauf eines E-Autos sind.
Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD zwar neue Maßnahmen zur Förderung der E-Mobilität in Aussicht gestellt, doch die genaue Umsetzung neuer Kaufanreize ist derzeit noch ungewiss.
Strenge EU-Regelungen zu Emissionen erfordern Handeln
Nach der Delle im Jahr 2024 steigt das Interesse laut dem EY Consumer Index am E-Auto wieder, weltweit um vier Prozentpunkte, in Deutschland um sechs Prozentpunkte. Benziner bleiben jedoch am meisten gefragt. Das Interesse an E-Autos ist in Deutschland mit 26 Prozent etwas höher als im weltweiten Durchschnitt (24 Prozent).
Im laufenden Jahr kommen jedoch immer mehr Elektroautos im niedrigeren Preissegment auf den Markt, erklärt Gall. Der finanzielle Abstand zwischen E-Autos und Verbrennern dürfte schrumpfen, prognostiziert er.
Das liegt auch an den strengen Emissionsvorgaben der EU: "Um Strafzahlungen wegen zu hoher Flottenemissionen zu vermeiden, sind viele Hersteller dazu gezwungen, den Absatz von Elektroautos mit Preissenkungen anzukurbeln", so Gall.
Bisher gelten in Europa von Land zu Land unterschiedliche Regelungen und Anreizsysteme. Neben Steuererleichteurungen oder Prämien beim Fahrzeugkauf für den Nutzer gibt es allerdings auch Regelungen, die sich an die Automobilkonzerne richten.
Die EU verfolgt einerseits umweltspezifische Ziele, doch sie strebt auch eine Vorreiterrolle für die europäische Automobilindustrie an. Die Automobilindustrie trägt maßgeblich zur Bruttowertschöpfung bei und stellt mehr als fünf Millionen Arbeitsplätze zur Verfügung. Die Branche ist darüber hinaus der größte private Investor im Bereich der Forschung und Entwicklung innerhalb der EU.
EU-Regulierung der CO2-Emissionen: Abgasflottenregelung
Mit der sogenannten Abgasflottenregelung aus dem Maßnahmenpaket "Fit für 55" zielt die EU darauf ab, CO2-Emissionen der Automobilkonzerne zu regulieren. Diese Regelung legt Grenzwerte für Unternehmen fest. Bei einer Überschreitung werden die Automobilhersteller zu hohen Strafzahlungen verpflichtet. PKW dürfen beispielsweise nicht mehr als 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Diese Werte werden laufend angepasst.
Staatliche Anreize und gesetzliche Vorgaben haben in vielen Ländern den Markt für E-Fahrzeuge gefördert, wodurch die Hersteller einen zusätzlichen Anreiz hatten, in die Entwicklung von E-Autos zu investieren.
Bis 2040 will die EU-Kommission erreichen, dass die Treibhausgasemissionen um mindestens 90 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Genau 10 Jahre später will die EU klimaneutral sein. Einer der Bausteine soll dabei die Umstellung von Verbrennerfahrzeugen auf emissionsfreie Autos sein - also beispielsweise elektrisch betriebene.
Ein weiterer Vorschlag der EU-Kommission sei laut Medienbericht ein Verbrenner-Verbot für Dienst- und Mietwagen ab 2030. Konkrete Pläne sollen im Spätsommer vorgestellt werden, eine politische Entscheidung werde erst danach fallen, berichtete die Bild am Sonntag.
"Wer ein europaweites Verbrenner-Aus für Mietwagen ab 2030 plant, hat den Kontakt zur Realität verloren", sagte CDU-Bundestagsabgeordneter Tilman Kuban der Funke-Mediengruppe. Er bemängelt fehlende Lademöglichkeiten in weiten Teilen europäischer Länder. Sich einseitig auf Elektromobilität zu fokussieren, verkenne die technologischen Realitäten und gefährde Zehntausende Arbeitsplätze, warnt auch der Europaabgeordnete Jens Gieseke (CDU).
Das Bundesverkehrsministerium lehnt den Vorschlag bereits ab. "Wir setzen uns dafür ein, dass das so nicht kommt", sagte ein Sprecher des Verkehrsministers Patrick Schnieder (CDU) gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.
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