Waren die COVID-Impfstoffe nicht ausreichend von der EU-Kommission geprüft?

Eine Reihe von Beiträgen in den sozialen Medien und klassischen Medien hat eine jüngste Erklärung der Europäischen Kommission irreführend interpretiert und als sicheres Eingeständnis gewertet, dass die COVID-19-Impfstoffe ohne ordnungsgemäße Kontrollen zugelassen wurden.
"Seit 2020 wurde uns gesagt, dass alles sicher sei, dass alles getestet worden sei. Jetzt haben Frau von der Leyen und ihre Brüsseler Technokraten endlich zugegeben, dass die Genehmigungen für die COVID-19-Impfstoffe auf der Grundlage unvollständiger Unterlagen erteilt wurden", sagte ein YouTuber namens "CharOfficiel" in einem Video, das bereits mehr als 16.000 Mal aufgerufen wurde.
Um seine Behauptung zu untermauern, zitiert der YouTuber einen Artikel der Berliner Zeitung vom 16. September 2025 mit dem Titel "EU-Kommission gibt zu: Corona-Impfstoffe wurden ohne 'vollständige' Sicherheitsdaten freigegeben".
Die Berliner Zeitung schreibt in ihrem Artikel: "Die EU-Kommission hat eingeräumt, dass die Corona-Impfstoffe ohne ausreichende Sicherheitsdaten an die Bevölkerung verabreicht wurden." Weiter zitiert sie aus einer Anfrage des österreichischen FPÖ-Europaabgeordneten Gerald Hauser von der rechtsradikalen Gruppe "Patrioten für Europa" an die EU-Kommission. Hauser ist ein vehementer Kritiker der europäischen Impfstrategie.
In einer Reihe von Fragen, die sich auf den von den Pharmakonzernen BioNTech und Pfizer entwickelten und erstmals in Europa zugelassenen COVID-19-Impfstoff konzentrierten, fragte Hauser: "Warum hat die Kommission die Bürger nicht darüber informiert, dass die Wirksamkeit und Sicherheit der Gen-Impfstoffe – wie im Vertrag festgehalten – nicht gewährleistet waren?"
Fehlinterpretierte Daten
Im August antwortete die Kommission, dass diesen Impfstoffen eine "bedingte Zulassung" erteilt wurde, die grünes Licht für Medikamente mit "ungedecktem medizinischem Bedarf" gibt, solange noch kein umfassendes Datendossier vorliegt.
Die Berliner Zeitung teilte EuroVerify mit, dass sie das Wort "vollständig" in ihrer Schlagzeile in Anführungszeichen gesetzt habe, "um zu verdeutlichen, dass der Satz aus der eigenen Erklärung der Kommission stammt".
Ein anderes Medienorgan, der European Conservative, griff die Antwort der Kommission ebenfalls auf und veröffentlichte einen Artikel mit der Überschrift "COVID-19 Vaccines Were Approved Without Proper Health Control Procedures, EU Commission Admits".
Die Publikation beschuldigte die Kommission, "wesentliche Informationen genau in dem Moment zu verheimlichen, in dem die Bürger um einen Akt des Massenvertrauens gebeten werden."
In Wirklichkeit ist die Antwort der Kommission kein neues "Eingeständnis", denn es ist seit langem bekannt, dass die Zulassung der COVID-19-Impfstoffe angesichts der Pandemie beschleunigt wurde.
Ein Sprecher der Kommission erklärte gegenüber EuroVerify, dass die Antwort der Kommission an Hauser in einigen Fällen falsch interpretiert worden sei. Darin heißt es, dass bedingte Marktzulassungen es ermöglichen, dass Arzneimittel mit "weniger umfassenden klinischen Daten als normalerweise erforderlich" grünes Licht erhalten.
Notfall-Zulassung
Bedingte Marktzulassungen sind regulatorische Kompromisse, die in Notfällen im Bereich der öffentlichen Gesundheit erteilt werden können, wenn die Notwendigkeit eines sofortigen Zugangs zu Impfstoffen die Risiken überwiegt, die ohne Vorliegen aller verfügbaren Daten zu befürchten sind.
Der COVID-Impfstoff bildet hier keine Ausnahme. So wurde dem Ebola-Impfstoff während der Epidemie im Jahr 2019 eine bedingte Zulassung erteilt, bevor er im Jahr 2021 die vollständige Zulassung erhielt.
"Im Interesse der öffentlichen Gesundheit kann Antragstellern eine bedingte Zulassung für solche Arzneimittel auf der Grundlage weniger umfassender klinischer Daten als normalerweise erforderlich erteilt werden, wenn der Nutzen einer sofortigen Verfügbarkeit des Arzneimittels das Risiko überwiegt, das darin besteht, dass noch zusätzliche Daten erforderlich sind", sagte ein Sprecher der Kommission gegenüber Euronews.
"Die Verpflichtungen wurden inzwischen erfüllt, und die COVID-19-Impfstoffe wurden in vollständige Zulassungen umgewandelt", fügte der Kommissionssprecher hinzu.
Obwohl die COVID-19-Impfstoffe damals eine bedingte Zulassung erhalten haben, wurde ihnen nicht pauschal grünes Licht gegeben: Tausende Personen nahmen desweiteren an klinischen Studien im Rahmen der von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) durchgeführten Bewertungen teil.
Nach Erteilung der vollständigen Zulassung überwachen die EMA und die EU-Mitgliedstaaten weiterhin Berichte über vermutete Nebenwirkungen der COVID-19-Impfstoffe, so dass die Zulassung widerrufen werden kann.
Laut einer in der Fachzeitschrift The Lancet Respiratory Medicine veröffentlichten Studie haben die COVID-19-Impfstoffe die Zahl der Todesfälle zwischen Dezember 2020 und März 2023 um 59 % reduziert, was etwa 1,6 Millionen geretteten Leben entspricht.
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