Welche Ziele kann die Ukraine mit Langstreckenwaffen in Russland angreifen?
Fast 1000 Tage nach Beginn der russischen Vollinvasion in der Ukraine soll Washington den Einsatz der von den USA bereitgestellten ATACMS-Raketen für die Angriffe tief in Russland genehmigt haben. Welchen Unterschied könnte das machen, und welche Ziele könnte Kiew angreifen?
Die USA reagieren damit rund einen Monat nach der Entsendung nordkoreanischer Truppen durch Russland in die Region Kursk. Der ukrainische Geheimdienst hatte bereits Mitte Oktober davor gewarnt, dass Personal aus Pjöngjang entsendet werden könnte.
Am 24. Oktober erklärte Kiew, dass die ersten in Russland ausgebildeten nordkoreanischen Einheiten in der Region Kursk stationiert worden seien. Wenige Tage später bestätigten die USA und die NATO, dass auch sie Beweise für eine Beteiligung nordkoreanischer Truppen am Krieg von Russland hätten.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte die mangelnde Reaktion des Westens auf die Truppen aus Pjöngjang, die sich der laufenden russischen Invasion angeschlossen haben, und erklärte, diese "ersten Gefechte mit Nordkorea eröffnen ein neues Kapitel der Instabilität in der Welt".
Die Liste der Ziele der Ukraine
Noch vor den ersten Berichten über die Beteiligung Pjöngjangs forderte Kiew Washington auf, die Beschränkungen für den Einsatz von US-Waffen tief im russischen Staatsgebiet aufzuheben.
Die Ukraine argumentiert seit langem, dass die Beschränkungen für den Einsatz von Langstreckenwaffen, insbesondere ATACMS, ihre Kriegsanstrengungen behindern. Washington hat bislang befürchtet, sollte die Ukraine mit ihren Waffen tief in russisches Hoheitsgebiet eindringen, könnte der Krieg eskalieren.
Seit dem überraschenden Einmarsch in die russische Region Kursk Anfang August hat Kiew den Druck erhöht, die Beschränkungen aufzuheben. Nach Angaben der ukrainischen Behörden enthielt die Liste möglicher Ziele vor allem Flugplätze, von denen die russische Armee Angriffe auf die Bevölkerung in der Ukraine fliegt.
Seitdem hat Russland fast alle seine Flugzeuge von den Flugplätzen innerhalb der ATACMS-Reichweite weggebracht.
Welche Ziele könnten getroffen werden?
Der in Washington ansässige Thinktank Institute for the Study of War (ISW) veröffentlichte eine Karte mit allen möglichen Zielen, die die Ukraine angreifen könnte. Nach Angaben des ISW befinden sich mindestens 245 bekannte russische militärische und paramilitärische Objekte innerhalb der Reichweite der ukrainischen ATACMS, besonders ihrer 300-Kilometer-Variante. Von den 245 gibt es nur 16 Flugplätze, von denen Russland fast alle seine Flugzeuge abgezogen hat.
Wenn die Beschränkungen nur für die Region Kursk aufgehoben werden, kann Kiew laut der ISW-Geolokalisierung über 15 bekannte Objekte treffen.
Bis Ende August gab es außerdem mindestens elf Standorte, die als russische "militärische Landnutzung" bekannt sind - Gebiete, die für militärische Ausbildungs- und Testzwecke vorgesehen sind.
Diese Liste könnte jedoch durch die Stationierung nordkoreanischen Personals und Moskaus Bemühungen, die ukrainischen Truppen aus der Region Kursk zu vertreiben, noch viel länger sein.
Als Kiew mit dem Einmarsch in Kursk begann, hatte Russland nach Angaben des ISW 11.000 Soldaten in der Kursker Region stationiert. Auf Grundlage dieser Berechnungen berichtete der in den USA ansässige Thinktank von insgesamt elf militärisch genutzten Standorten und 15 bekannten militärischen und paramilitärischen Strukturen von Bedeutung in Russlands Grenzregion.
Jüngsten Schätzungen zufolge hat Moskau dort inzwischen fünfmal mehr Personal, einschließlich nordkoreanischer Kräfte, zusammengezogen, um einen Angriff auf die ukrainischen Stellungen durchzuführen. Rund 50.000 russische und nordkoreanische Soldaten sollen an dem Angriff teilnehmen.
In der Zwischenzeit sagte Selenskyj: "Unsere Männer halten ... 50.000 Angehörige der Besatzungsarmee zurück, die aufgrund der Kursk-Operation nicht für andere russische Angriffsrichtungen auf unserem Territorium eingesetzt werden können."
Dies könnte darauf hindeuten, dass es für die Ukraine nun mehr mögliche Angriffsziele in der Region Kursk gibt, auch wenn die Beschränkungen nur für dieses Gebiet aufgehoben wurden.
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