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Hochverarbeitete Lebensmittel befeuern globale Gesundheitskrise, Experten fordern weltweite Reformen

• Nov 19, 2025, 6:30 AM
6 min de lecture
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Der Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel (UPFs) nimmt zu. Dazu zählen verpackte Snacks, Fertiggerichte und zuckerhaltige Getränke. Ein neuer Bericht sieht darin eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit. Weltweit treibt das chronische Krankheiten an und vertieft gesundheitliche Ungleichheiten.

Eine umfangreiche Auswertung von 43 internationalen Fachleuten bündelt die bislang stärksten Belege: UPF-reiche Ernährungsweisen verdrängen traditionelle Mahlzeiten, verschlechtern die Nährstoffversorgung und erhöhen das Risiko für mehrere chronische Krankheiten.

Die Ergebnisse, veröffentlicht in The Lancet, warnen: UPFs sind oft auf Bequemlichkeit und Profit getrimmt, nicht auf Gesundheit. Und die dahinterstehenden Unternehmen nutzen aggressives Marketing und politischen Einfluss, um Regulierung abzuwehren.

Was sind UPFs?

UPFs entstehen aus billigen Industrie-Zutaten, kosmetischen Zusatzstoffen und intensiven Verarbeitungsverfahren. Das macht sie lange haltbar, sehr schmackhaft und leicht zu viel zu essen.

Typische Beispiele sind Fertiggerichte aus dem Supermarkt, Tiefkühlpizzen, gezuckerte Frühstückscerealien, Kekse, Würstchen, Eis, Chicken Nuggets, Fischstäbchen und Instant-Nudeln.

In Ländern wie dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten stammen inzwischen mehr als die Hälfte der täglichen Kalorien einer durchschnittlichen Person aus UPFs.

Andere Länder holen schnell auf. In den letzten 30 Jahren hat sich der UPF-Verzehr in Spanien verdreifacht (von elf Prozent auf 32 Prozent) und in China (von vier Prozent auf zehn Prozent).

Wie schädlich sind sie?

Die neue Analyse bündelt mehr als 100 Langzeitstudien zu UPFs und Gesundheit. In 92 davon zeigte sich: Höherer UPF-Konsum geht mit einem erhöhten Risiko für eine oder mehrere chronische Erkrankungen einher.

Dazu zählen Adipositas, Typ-zwei-Diabetes, Herzkrankheiten, Depressionen und ein höheres Risiko für einen frühen Tod. UPFs stehen außerdem mit Überessen, zu viel Zucker und ungesunden Fetten sowie wenig Ballaststoffen und Eiweiß in Verbindung.

Die Forschung verweist zudem auf wachsende Hinweise: Herstellung und Verpackung dieser Produkte können Menschen einer Reihe potenziell schädlicher Stoffe aussetzen.

Bei hohen Temperaturen entstehen Verbindungen wie Acrylamid, Furane und industrielle Transfette. Andere Studien bringen diese Chemikalien mit Entzündungen und einem erhöhten Krebsrisiko in Verbindung.

UPFs stecken oft in lang haltbaren Verpackungen. Daraus können hormonell wirksame Schadstoffe (endokrine Disruptoren) wie Phthalate, Bisphenole und PFAS, sogenannte „Ewigkeitschemikalien“, in die Lebensmittel übergehen. Sie können den Hormonhaushalt des Körpers stören.

Was sagen Fachleute aus dem Gesundheitsbereich?

Mathilde Touvier, eine führende Epidemiologin am französischen Institut für Gesundheits- und Medizinische Forschung (Inserm), sagte, die Forschung „rechtfertige die Notwendigkeit politischen Handelns“.

Debatten in der Ernährungswissenschaft seien normal, betonte sie. Das dürfe man aber nicht mit Versuchen der Industrie verwechseln, die Evidenz zu untergraben.

„Die wachsende Zahl von Studien legt nahe, dass UPF-reiche Ernährungsweisen der Gesundheit weltweit schaden – und sie rechtfertigt politisches Handeln“, sagte sie.

Camila Corvalán, eine chilenische Expertin für öffentliche Gesundheit und Mitgestalterin besonders strenger Kennzeichnungsregeln, fordert ein Eingreifen der Regierungen.

„Um dieses Problem anzugehen, müssen Regierungen handeln und mutige, abgestimmte Maßnahmen einführen. Dazu zählen Hinweise auf UPFs in Kennzeichnungen auf der Vorderseite der Packung, Marketingbeschränkungen sowie Steuern auf diese Produkte, mit denen ein besserer Zugang zu bezahlbaren, nährstoffreichen Lebensmitteln finanziert wird“, sagte sie.

Der Ernährungs-Epidemiologe Barry Popkin ergänzte, Kennzeichnungen sollten Merkmale starker Verarbeitung hervorheben und nicht nur den Gehalt an Zucker oder Fett.

„Wir fordern, auf der Vorderseite der Packung neben übermäßig viel gesättigtem Fett, Zucker und Salz, auch Zutaten auszuweisen, die als Marker für UPFs gelten (z. B. Farbstoffe, Aromen und Süßstoffe), um ungesunde Austauschzutaten zu verhindern und wirksamere Regulierung zu ermöglichen“, sagte er.

Die Fachleute schlagen zudem vor, UPFs in Krankenhäusern und Schulen zu verbieten, ihre Sichtbarkeit in Supermarktregalen zu verringern und mit Abgaben auf bestimmte UPFs Obst, Gemüse und frische Grundnahrungsmittel für einkommensschwache Haushalte zu bezuschussen.

„Profite schützen und wirksame Regeln abwehren“

Neben den gesundheitlichen Folgen warnt die Analyse vor der politischen Macht der UPF-Hersteller. Die Branche setzt weltweit fast zwei Billionen US-Dollar (1,7 Billionen Euro) pro Jahr um.

Simon Barquera, ein führender mexikanischer Experte für Adipositas und Diabetes, sagte, der Aufstieg der UPFs sei weniger eine Frage persönlicher Entscheidungen als vielmehr politischer Einflussnahme.

„Mächtige Konzerne, nicht individuelle Entscheidungen, stehen hinter dem globalen Aufstieg hochverarbeiteter Lebensmittel“, sagte er.

Zugleich würden sich die Unternehmen oft als Partner für bessere Ernährung inszenieren, fügte er hinzu. „Ihr Handeln erzählt jedoch eine andere Geschichte: Es geht darum, Profite zu schützen und wirksame Regulierung abzuwehren.“

Die Forschenden beschreiben Strategien, die jenen der Tabakkonzerne ähneln: Lobbyarbeit, Einflussnahme auf wissenschaftliche Debatten, Finanzierung von Interessengruppen und das Verzögern von Regulierungen.

Ein Wort der Vorsicht von unabhängigen Expertinnen und Experten

Unabhängige Fachleute, die nicht beteiligt waren, mahnen jedoch zur Vorsicht: Die kürzlich veröffentlichte dreiteilige Übersichtsarbeit sei mit Vorsicht zu genießen.

Jordan Beaumont, Senior Lecturer für Ernährung an der Sheffield Hallam University, hält das Konzept der UPFs und ihre gesundheitlichen Auswirkungen für „hoch umstritten“.

„Es gibt nur wenige überzeugende, hochwertige Belege dafür, dass ‚hochverarbeitete‘ Lebensmittel per se ungesund sind. Die Autorinnen und Autoren dieses Artikels stützen ihre Aussagen vielmehr auf relativ schwache Evidenz wie Beobachtungsstudien und narrative Übersichtsarbeiten.

„Um die tatsächlichen Auswirkungen ‚hochverarbeiteter‘ Lebensmittel auf die Gesundheit zu verstehen, brauchen wir zahlreiche groß angelegte und robuste randomisierte, kontrollierte Studien“, sagte er.

Kevin McConway, Professor für angewandte Statistik an der Open University, sagte, die Evidenz sei in Teilen überzeugend, „aber es gibt weiterhin Lücken“.

„Weitere Forschung mit besserer Erfassung der Ernährung muss nicht zwingend zu anderen Schlussfolgerungen führen – aber tatsächlich wissen wir das erst, wenn die Studien mit den neuen Messmethoden durchgeführt werden.“


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