Region Donezk: Russland durchbricht ukrainische Verteidigungsanlagen

Russische Streitkräfte haben ihre Offensive in der Ostukraine verstärkt und sind Berichten zufolge in Richtung der Autobahn Dobropillia-Kramatorsk in der Region Donezk vorgedrungen.
Nach Angaben des ukrainischen Open-Source-Intelligence-Projekts DeepState haben Moskaus Truppen offenbar nahe gelegene Siedlungen eingenommen, um weitere Offensivoperationen zu unterstützen, während sie versuchen, die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen.
Die DeepState-Karte zeigt nun die graue Zone, die die Autobahn Dobropillia-Kramatorsk berührt, die noch vor wenigen Wochen regelmäßig von zivilem und militärischem Verkehr genutzt wurde.
Dobropillia liegt 94 Kilometer nordwestlich des von Russland besetzten Donezk und etwa 22 Kilometer nördlich der umkämpften Stadt Pokrowsk.
Die russischen Streitkräfte sind inzwischen laut neuesten Meldungen 13 Kilometer hinter die Verteidigungslinie der Ukrainer vorgerückt - nördlich der Stadt Pokrowsk.
Nach aktuellem Stand konnten die Kremltruppen zudem einen schmalen Frontstreifen bis zur Ortschaft Wesele vorrücken. Wesele liegt rund 30 Kilometer von den strategisch wichtigen Städten Kostjantyniwka und Kramatorsk entfernt. Während Kostjantyniwka bereits seit Längerem von einer Einkesselung bedroht ist, gerät Kramatorsk durch den russischen Vorstoß erstmals ernsthaft in Gefahr. Gemeinsam mit Slowjansk zählt Kramatorsk zu den letzten verbliebenen Großstädten unter ukrainischer Kontrolle im Donbass.
Offenbar ist es den russischen Streitkräften gelungen, in kleinen Gruppen die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchdringen. Dabei dringen Spähtrupps mit lediglich zwei bis drei Soldaten zwischen die ukrainischen Stellungen vor.
Die Russen attackieren die ukrainischen Soldaten mit Drohnen und Artilleriefeuer und stoßen dann häufig mit Motorrädern vor.
Größter Geländegewinn Russlands seit Monaten
Russland versucht seit Monaten, in dieses Gebiet vorzudringen. Seit dem Frühjahr drängen Moskauer Truppen in die Richtung zwischen Pokrowsk und Kostiantyniwka in der Region Donezk.
Die Offensive hat im August an Tempo gewonnen und gefährdet die wichtigsten ukrainischen Logistikrouten, die nun durch die Reichweite russischer Drohnen bedroht sein könnten.
Die in den USA ansässige Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) hält es für verfrüht, die russischen Vorstöße in der Dobropillya-Region als Durchbruch auf operativer Ebene zu bezeichnen, obwohl die russischen Streitkräfte sehr wahrscheinlich versuchen, ihre taktischen Vorstöße in den kommenden Tagen zu einem Durchbruch auf operativer Ebene auszubauen.
"Russische Streitkräfte haben Mitte April 2024 ein ähnliches taktisches Eindringen genutzt, um die Eroberung von operativ bedeutsamen Gebieten nordwestlich von Avdiivka zu ermöglichen", so das ISW.
"Die nächsten Tage im Operationsgebiet Pokrowsk werden wahrscheinlich entscheidend für die Fähigkeit der Ukraine sein, einen beschleunigten russischen Vormarsch nördlich und nordwestlich von Pokrowsk zu verhindern."
Das 1. Asowsche Korps der ukrainischen Nationalgarde hat im Sektor Pokrowsk Verteidigungspositionen eingenommen, um angreifende russische Truppen abzuwehren, und ist bereits vor einigen Tagen in dem Gebiet eingetroffen, berichtete die Einheit am Dienstag.
Die Eliteeinheit beschrieb die Lage entlang der Pokrowsk-Achse als "komplex und dynamisch", da die russischen Truppen versuchten, vorzurücken und dabei Verluste an Personal und Ausrüstung erlitten hätten.
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Selenskyj: Neue Offensiven seitens Russland
Das ISW fügte hinzu, dass sich Russland wahrscheinlich auf den Vormarsch auf Dobropillya konzentriert, um vor dem Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin am Freitag in Alaska informelle Bedingungen zu schaffen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, "(Putin) bereitet sich definitiv nicht auf einen Waffenstillstand oder ein Ende des Krieges vor. Putin ist nur entschlossen, ein Treffen mit Amerika als seinen persönlichen Sieg darzustellen und dann genau so weiterzumachen wie bisher, indem er den gleichen Druck auf die Ukraine ausübt wie bisher."
Selenskyj verwies auf einen Bericht des ukrainischen Geheimdienstes und des Militärkommandos, nach dessen Einschätzung Moskau neue Offensivoperationen vorbereitet.
"Sie verlegen ihre Truppen und Kräfte in einer Weise, die auf Vorbereitungen für neue Offensivoperationen schließen lässt", so Selenskyj.
Am Mittwoch lädt Bundeskanzler Friedrich Merz kurzfristig zu einem virtuellen Gipfel zwischen den europäischen Staats- und Regierungschefs und US-Präsident Donald Trump.
Der Grund: Am Freitag trifft Trump Russlands Präsident Wladimir Putin zu Gesprächen rund um den Ukraine-Krieg. Weder Vertreter der Europäischen Union noch Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj sind geladen.
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