Überraschend: Frankreichs Präsident Macron ernennt erneut zurückgetretenen Premier Lecornu

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat den vor wenigen Tagen aus dem Amt geschiedenen Premierminister Sébastien Lecornu wieder ernannt. Damit wurden tagelange Spekulationen und intensive Verhandlungen beendet, die darauf abzielten, die blockierte politische Lage im Land zu überwinden.
Der 39-jährige Sébastien Lecornu erklärte: "Ich nehme – aus Pflichtgefühl – den Auftrag des Präsidenten der Republik an, alles zu tun, um Frankreich bis zum Jahresende einen Haushalt zu geben und die Probleme des täglichen Lebens unserer Mitbürger zu lösen."
Die Ankündigung am Freitagabend erfolgte nach abschließenden Beratungen mit Vertretern der mehrerer politischer Parteien Frankreichs. Nicht einbestellt hatte der Präsident Vertreter der linksgerichteten Partei LFI - worauf Jean-Luc Mélenchon wütend reagierte - und nicht eingeladen war auch die rechtsextreme Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen und Jordan Bardella.
Marine Le Pen reagierte auf die Berufung von Lecornu: Neuwahlen seien unausweichlich, meinte die Politikerin. Ihre Partei will versuchen, die neue Regierung durch ein Misstrauensvotum zu stürzen.
Die Grünen-Politikerin Marine Tondelier hatte sich nach dem Treffen mit Macron enttäuscht gezeigt. Sie beklagte, dass der Präsident es weiter ablehne, einen Politiker oder eine Politikerin aus dem bei der Parlamentswahl 2024 erfolgreichen linken Lager mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Nach der erneuten Ernennung von Sébastien Lecornu schrieb Tondelier auf X "Incroyable" ("Unglaublich").
Macron will das Parlament nicht auflösen
Offenbar will Macron die Auflösung des Parlaments verhindern. Lecornu soll jetzt eine neue Regierungsmannschaft zusammenstellen.
Da er in der Nationalversammlung keine Mehrheit hat und sowohl von der Opposition als auch in den eigenen Reihen zunehmend kritisiert wird, hat Macron wenig politischen Spielraum.
Die Krise war Anfang der Woche eskaliert, als Sébastien Lecornu am Montag abrupt zurücktrat, nur wenige Stunden nachdem er sein neues Kabinett angekündigt hatte. Er war danach ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Sein Rücktritt führte zu erneuten Forderungen der Opposition, Macron solle zurücktreten oder Neuwahlen ausrufen.
Auch Macrons erster Premierminister Edouard Philippe - der bei der Präsidentschaftswahl 2027 antreten will - hatte den Staatschef zuletzt kritisiert und zum Rücktritt aufgefordert.
Die politische Krise war durch Macrons Entscheidung vom Juni 2024 ausgelöst worden, nach der Europawahl das Parlament aufzulösen. Das linke Lager hat zwar eine Mehrheit in der Nationalversammlung, aber die stärkste Einzelpartei ist das rechtsextreme Rassemblement National. Umstrittene Themen sind die Rentenreform und die sogenannte Reichensteuer.
Sébastien Lecornu steht nun vor der gewaltigen Aufgabe, sich in dieser zerklüfteten Landschaft zurechtzufinden und den äußerst umstrittenen Haushalt für das kommende Jahr zu verabschieden.
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