Linksextremistische Gewalt: AfD will Antifa verbieten lassen

Die Antifa hat es schwer in diesen Tagen. Erst stufte US-Präsident Donald Trump die Vereinigung per Dekret als terroristische Organisation ein, dann stimmte das niederländische Parlament für einen entsprechenden Antrag des rechten Politikers Geert Wilders, und nun will auch die AfD-Fraktion der Bewegung in Deutschland den Garaus machen.
Im Bundestag bringt sie heute einen Antrag für ein Antifa-Verbot ein. Der Titel: "Inneren Frieden in Deutschland wiederherstellen – Antifa-Verbote umsetzen sowie Linksterror entschlossen bekämpfen".
Antifa steht für die antifaschistische Aktion, ein Oberbegriff für autonome Strömungen der linken bis linksextremen Szene.
"Weil Linksextremismus sich zu Linksterrorismus ausgeweitet hat", will die AfD die Bewegung verbieten. Das erklärt Martin Hess, stellvertretender innenpolitischer Sprecher der AfD, gegenüber Euronews. "Die Antifa ist eine linksextremistische Schlägertruppe, die mit Entschlossenheit bekämpft werden muss." Einen ähnlichen Antrag stellte die AfD bereits 2020.
"Alles reine Symbolpolitik", sagt Extremismusforscher Klaus Schroeder von der Freien Universität Berlin zu dem Antrag der AfD. "Es ist eine Retourkutsche wegen der Verbotsdrohung gegenüber der AfD."
Antifa attraktiv für "abenteuerlustige Männer"
Inhaltlich lehnen Anhänger der Antifa den Kapitalismus ab und wollen die politische Ordnung ändern. Sie sind unzufrieden mit dem aktuellen parlamentarischen System, fordern stattdessen eine Basisdemokratie.
"Interessant ist die Antifa vor allem für junge, abenteuerlustige Männer", erläutert Schroeder. "Auf dem Land schließen sie sich den Rechten, in der Stadt den Linken an." Vor allem der Konflikt im Nahen Osten hätte neue Anhänger mobilisiert.
Ein Verbot sei schwierig, denn die eine Antifa gebe es gar nicht, so Schroeder. Es gebe keinen Verein, nur verschiedene Gruppierungen, von denen zwar einige verfassungsfeindlich seien, aber nicht alle gewaltorientiert.
RAF 2.0?
Der AfD-Abgeordnete Hess glaubt dennoch an ein mögliches Verbot der Antifa. Schließlich sei der Staat "auch entschlossen gegen die RAF, die Hisbollah oder Combat 18 vorgegangen".
Sowieso hätte die Antifa Ähnlichkeiten mit den Anfängen der RAF. Dass noch keiner ermordet wurde, sei "purer Zufall".
Dass aus der Antifa eine neue RAF hervorgehen könnte, bezweifelt Zeithistoriker Richard Rohrmoser, der ein Buch über die Antifa verfasst hat. "Ein Antifa-Verbot wäre ein fatales Signal, weil es eine breite, heterogene Bewegung dämonisieren würde". Außerdem: "Eine Einstufung als Terrororganisation ist in Deutschland nicht realistisch."
"Dass gerade die AfD vor dem Hintergrund ihrer eigenen Äußerungen und Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung mit einem solchen Antrag vorgibt, gesellschaftlichen Frieden herstellen zu wollen, erscheint mir zynisch", so die SPD-Vizefraktionsvorsitzende Sonja Eichwede gegenüber der Mediengruppe Bayern. Sie spricht sich klar gegen ein Verbot der Antifa aus. "Gewaltfreies antifaschistisches Engagement zur Verteidigung unserer Demokratie und unseres Rechtsstaates kann ich nur begrüßen."
Linksextremistische Gewalt sinkt
Obwohl die AfD von steigender linksextremistischer Gewalt spricht, ist der Trend im Jahr 2024 tatsächlich rückläufig gewesen. Im Vergleich: 2023 gab es 727 linksextremistische Gewalttaten, im Jahr 2024 532. Allerdings ist die Zahllinksextremistischer Delikte insgesamt um fast 40 Prozent auf 5850 Straftaten angestiegen, wie der Verfassungsschutzbericht 2024zeigt. Sachbeschädigung, Volksverhetzung und Beleidigung machen davon den Großteil aus. Hintergrund dürfte das Spannungsfeld Naher Osten sein.
Etwa 11.200 gewaltorientierte Linksextremisten gibt es in Deutschland mit leicht steigenden Tendenzen in den vergangenen Jahren. Das geht aus Zahlen des Bundesinnenministeriums hervor. Die meisten von ihnen sind Teil der autonomen Szene.
Lange sei es "Konsens in linken Strömungen gewesen, keine Gewalt gegen Personen zu richten, Gewalt gegen Sachen war aber unter bestimmten Umständen in Ordnung", so Rohrmoser. Doch so langsam ändere sich das. Es gebe eine "Radikalisierung in der Szene", das sei auch an Fällen wie Lina E. zu sehen und stelle eine "klare Reaktion auf den deutschen Rechtsruck" dar.
Nach der Debatte im Bundestag soll der Antrag an den Innenausschuss überwiesen werden.
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