Niederlande: Comeback der Linksliberalen D66, Wilders PVV bleibt wohl stärkste Kraft
Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen in den Niederlanden am Mittwoch ist die Mitte-Links-Partei D66 von Rob Jetten nach der Auszählung fast aller Stimmen von der rechtspopulistischen PVV von Geert Wilders überholt worden.
Beide Parteien erhalten in einer Hochrechnung, die auf 98,4 Prozent der ausgezählten Stimmen basiert, 26 der 150 Sitze im Parlament in Den Haag. Das berichtet die niederländische Nachrichtenagentur ANP.
Wer den Auftrag zur Bildung der neuen Regierung bekommt, steht noch nicht fest. Rechtspopulist Geert Wilders hatte die vorherige Koalitions platzen lassen.
Das Wahlergebnis ist ein Comeback für die D66, die große Verluste hinnehmen musste, als sie 2023 nur noch neun Sitze erhielt, während es 2021 noch 24 waren.
Die konservativen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) liegt im zersplitterten Parlament einige Sitze hinter PVV und D66 an dritter Stelle.
Timmermans tritt zurück
Wegen des schlechten Abschneidens der linksgrünen Arbeiterpartei (GL-PvdA) trat deren Parteichef und ehemalige Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans noch am Mittwochabend von seinem Posten zurück.
"Ich nehme heute Abend meinen Abschied als euer Parteichef", sagte Timmermans bei der Wahlparty in Rotterdam. "Es ist mir nicht gelungen, genug Menschen davon zu überzeugen, uns ihre Stimme zu geben." Darum werde er die Parteiführung an eine jüngere Person abgeben, sagte der 64-Jährige.
Nur die D66 machte einen Sprung nach vorn mit etwa 17 Sitzen mehr im Parlament.
Ipsos rechnete mit einer etwas geringeren Wahlbeteiligung als im Jahr 2023. Um 19:45 Uhr lag die vorläufige Wahlbeteiligung bei 65 Prozent und damit leicht unter den 66 Prozent, die zum gleichen Zeitpunkt bei der letzten Wahl verzeichnet wurden. Die Gesamtwahlbeteiligung im Jahr 2023 lag bei 77,7 Prozent.
Der Newcomer Henri Bontenbal, Vorsitzender der christdemokratischen Partei CDA, ist ein Kompromiss-Kandidat auf das Amt des Ministerpräsidenten und gilt als gemäßigte Brücke zwischen der Linken und der Rechten. Seine Partei wird voraussichtlich 19 Sitze erhalten.
Seine Agenda war "Anstand und Respekt" und "zurück zur Arbeit" - in Anspielung auf den Stillstand nach dem Zusammenbruch der vorherigen Regierung im Juni wegen eines Migrationskonflikts nur ein Jahr nach ihrem Amtsantritt.
Der PVV-Vorsitzende Wilders setzte sich erneut für die Eindämmung der illegalen Einwanderung ein, was ihm 2023 zum Sieg verhalf. Das viel umstrittene Thema führte auch zum Zusammenbruch der scheidenden Regierung, als Wilders und seine Partei die Vier-Parteien-Koalition verließen.
Streitigkeiten zwischen den Parteien in der letzten Koalition führten zu der Kritik, dass die Niederlande, die lange Zeit in der Europäischen Union viel zu sagen hatten, als nicht mehr so engagiert angesehen wurden, wie es unter dem langjährigen Regierungschef Mark Rutte der Fall war, der jetzt Generalsekretär der NATO ist.
Wilders gilt als unzuverlässiger Regierungspartner
Die Wahlergebnisse vom Mittwochabend deuten auf einen schwierigen Weg bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen hin. Wilders hat zwar im Vergleich zu den Wahlen von 2023 Sitze verloren, seine Partei wird aber weiterhin einen starken Block stellen.
Andere kleinere Parteien der Rechtspopulisten legten ebenfalls deutlich zu: JA21 stieg in der Wahlumfrage von einem auf neun Sitze, und das Forum für Demokratie (FvD) könnte sechs statt drei Sitze erhalten.
Die Aussichten auf eine Regierungsbeteiligung der Rechtspopulisten bleiben jedoch unklar.
D66, GL-PvdA und CDA-PVV haben eine Regierungsbeteiligung der Rechtspopulisten ausgeschlossen und argumentiert, Wilders' Entscheidung, die bisherige Koalition zu torpedieren, zeige, dass er ein unzuverlässiger Partner sei.
Wilders weist Argumente zurück, dass er seine Wahlkampfversprechen für 2023 nicht eingehalten habe, obwohl er bisher die größte Partei im Parlament stellte, und beschuldigt andere Parteien, seine Pläne zu vereiteln.
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