Rentenstreit: Koalition zeigt Einigkeit - Junge Gruppe gibt weiter keine Zustimmung
Die Koalition aus SPD und Union hat am Morgen die Ergebnisse des nächtlichen Koalitionsausschusses vorgestellt - und präsentierte sich dabei betont geschlossen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kündigte an, "mit Entschlossenheit" in die weitere Reformdiskussion zu gehen.
Mit der Jungen Gruppe habe man sich bereits um 7 Uhr morgens beraten, so der Kanzler. Es habe "konstruktive und nachdenkliche Wortmeldungen" gegeben. Die endgültige Entscheidung soll am kommenden Dienstag in der regulären Fraktionssitzung fallen. Eine verbindliche Zusage der Jungen Gruppe liegt weiterhin nicht vor.
Merz rechnet jedoch mit einer Zustimmung und bot weitere Gespräche für das Wochenende an. "Ich denke, es wird eine breite Zustimmung in der Fraktion geben", sagte er. Zugleich betonte er: "Alle Argumente sind ausgetauscht", und schloss damit weitere Änderungen am Paket aus.
Schon am Morgen war aus Koalitionskreisen durchgesickert, dass der Entwurf unverändert bleiben soll.
Die Koalitionsspitzen planen jedoch, den Kritikern aus der Jungen Union mit einem Begleittext zur Verabschiedung des Rentenpakets entgegenzukommen.
Prüfung der Haltelinie
Der entsprechende Entwurf über einen Begleittext für das geplante Rentengesetz liegt der ZEIT vor.
Darin fordert der Bundestag die Bundesregierung auf, in diesem Jahr eine Rentenkommission einzusetzen, die Vorschläge für Reformen in der Alterssicherung vorlegt. Die Kommission soll unter anderem "die Weiterentwicklung des Nachhaltigkeitsfaktors nach 2031" prüfen. Dieser Faktor berücksichtigt die immer zahlreicheren Älteren so, dass die Ausgaben nicht außer Kontrolle geraten. Die Beitragssätze sollen für die kommenden zehn Jahre stabil bleiben.
Das Gesetz mit einer Stabilisierung des Rentenniveaus bleibt unverändert, meldet die Nachrichtenagentur dpa. In dem Papier steht wörtlich, die geplante Rentenkommission soll prüfen, "wie ein stabiles Rentenniveau dauerhaft finanziert werden kann".
Zur Stärkung der privaten Altersvorsorge jüngerer Menschen ist außerdem vorgesehen, ein Aktienpaket im Umfang von 10 Milliarden Euro zu nutzen. Dabei sollen die Dividenden aus Bundesbeteiligungen für den Aufbau der privaten Altersversorgung der jungen Generation eingesetzt werden. Die Sozialversicherungsbeiträge sollen laut Papier für die kommenden zehn Jahre stabil bleiben.
Die geplante Kommission soll noch in diesem Jahr eingesetzt werden und bis zur ersten Hälfte des Jahres 2026 konkrete Vorschläge vorlegen. Vorgesehen sind zwei Vorsitzende, die gemeinsam von Kanzler Friedrich Merz und Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) vorgeschlagen werden. Zudem sollen drei stellvertretende Vorsitzende aus CDU, CSU und SPD benannt werden.
Merz lobte die Diskussion mit den Kollegen der Jungen Gruppe am Morgen als konstruktiv. Er habe "großen Respekt für die vorgebrachten Argumente". SPD-Chef Lars Klingbeil warnte zugleich, die Rentenkommission dürfe keine "Laberrunde" werden, sondern müsse zu belastbaren Ergebnissen führen.
Koalition betont Handlungsfähigkeit
In der Pressekonferenz traten die Koalitionsspitzen geschlossen auf und unterstrichen mehrfach die Handlungsfähigkeit der Regierung. Bundeskanzler Friedrich Merz sagte, die Koalition sei "arbeitsfähig und entschlossen".
Auch SPD-Chef Lars Klingbeil zeigte sich zufrieden und hob ebenfalls die Handlungsfähigkeit des Bündnisses hervor. Die Beratungen seien "nicht konfrontativ" verlaufen, betonte er - die Haltelinie stehe.
Klingbeil mahnte zugleich, man habe in den vergangenen Wochen "zu wenig über die Menschen und zu viel über die Konflikte" gesprochen. Jede fünfte Person im Rentenalter sei armutsgefährdet, sagte er – und kritisierte sowohl Teile der politischen Debatte als auch der Medien. Es sei "nicht so einfach, mal eben auf 300 Euro zu verzichten", so Klingbeil.
Er widersprach Darstellungen, die Koalition sei tief zerstritten, und sprach von "konstruktiven Diskussionen".
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder betonte mit Blick auf die geplante Rentenkommission, es dürfe "keine Denkverbote und keine Tabus" geben.
Die Junge Gruppe in der Union werde in diesem Prozess eine zentrale Rolle einnehmen - mit der Chance, eigene Akzente zu setzen und aktiv Veränderungen mitzugestalten.
Koalition einigt sich auf zentrale Reformpunkte
Neben der Rentenfrage kamen im Koalitionsausschuss auch weitere Themen zur Sprache. So will sich die Koalition auf EU-Ebene für Ausnahmen vom geplanten Verbot neuer Verbrenner-Autos ab 2035 einsetzen. Demnach sollen auch nach 2035 "hocheffiziente Verbrenner" weiterhin zugelassen werden dürfen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kündigte an, dazu einen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu schreiben.
Außerdem erzielten Union und SPD nach Angaben von CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann Absprachen zur Förderung von E-Autos, zum Kurzarbeitergeld und zum sogenannten Bauturbo. "Wir haben innerhalb von 14 Tagen einen zweiten sehr erfolgreichen Koalitionsausschuss absolviert", sagte Hoffmann dem Bayerischen Rundfunk.
Unter der Leitung von Merz und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) hatte der Koalitionsausschuss in der Nacht unter anderem über das Rentenpaket, das Verbrenner-Aus und das Heizungsgesetz beraten.
Weiterhin offen bleibt jedoch die Zustimmung einer Gruppe jüngerer Unionsabgeordneter. Sie tragen zwar mit, dass das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent stabil bleiben soll, lehnen jedoch ab, dass es darüber hinaus höher ausfallen könnte als nach geltender Rechtslage – aus Sorge vor milliardenschweren Mehrkosten.
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