Machtpoker um Frieden: Drängt Merz Putin und Trump für die Ukraine?
In Berlin hat der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz versucht, Bewegung in die Ukraine-Gespräche zu bringen – scheinbar mit Erfolg. In einer gemeinsamen Erklärung haben sich die europäischen Staats- und Regierungschefs für eine multinationale Truppe für die Ukraine ausgesprochen - echte Sicherheitsgarantien und ein Schritt mehr in Richtung Frieden - wenn Russland mitspielt.
"Wir haben jetzt die Chance auf einen echten Friedensprozess für die Ukraine. Diese Pflanze ist noch klein, aber die Chance ist real," sagt Merz.
Zuvor hatten am Sonntag fünfstündige Verhandlungen mit dem US-Gesandten Steve Witkoff und Jared Kushner in Berlin stattgefunden. Eine Fortsetzung der Friedensgespräche folgte am Montag im Kanzleramt, mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Merz.
Es steht viel auf dem Spiel
Es waren keine einfachen Verhandlungen, das kann man dem deutschen und dem ukrainischen Staatschef deutlich vom Gesicht ablesen – das sonst warme Treffen, das oft mit Fotos von Umarmungen und freundschaftlichem Lächeln begleitet wurde, verläuft, ohne dass sich der jeweils andere auch nur anguckt.
Kein Wunder: Im Raum stehen für die Ukraine schwierige Fragen: die Abtretung von ukrainischen Gebieten an Russland. US-Präsident Donald Trump hatte darauf gedrängt und Selenskyj schien darauf einzugehen, zumindest was die eroberten Gebiete entlang der Frontlinie anbelangt.
Die USA hatten vorgeschlagen, die Regionen entlang der Frontlinie einzufrieren und die von Russland eroberten Gebiete abzutreten. Doch Selenskyj will einen fairen Deal. Er fordert im Gegenzug den Rückzug der russischen Armee aus den Gebieten Charkiw, Sumy und Dnipropetrowsk. Russland hingegen besteht weiterhin auf dem Abzug ukrainischer Truppen aus Luhansk und Donezk.
Wie wird das ukrainische Volk auf den Druck aus den USA und Russland reagieren?
Derweil drängt Trump auf schnelle Ergebnisse. Die USA beharren auf ihrem 28-Punkte-Friedensplan. Merz hatte sich für die Ukraine eingesetzt, indem er versucht hatte, den von vielen als einseitig angeprangerten Friedensplan doch noch zu ändern.
Auf der Pressekonferenz sagte er: "Eine Schlüsselfrage bleibt, welche territoriale Regelung es geben kann." Die Antwort darauf könne nur das ukrainische Volk und der ukrainische Präsident geben.
Unterstützung bekommt Merz auch aus Oppositionskreisen. Deborah Düring, außenpolitische Sprecherin der Grünen, sagt zu Euronews: "Für uns ist immer klar: Die Ukrainerinnen und Ukrainer müssen aus einer Position der Stärke entscheiden können, zu welchen Bedingungen der Krieg beendet wird. Dafür trägt die Bundesregierung eine Mitverantwortung."
Merz: "Wir werden die Fehler von Minsk genau an dieser Stelle nicht wiederholen"
Der in der Ukraine seit 2014 herrschende Krieg sollte durch die Minsker Verträge beendet werden, die einen Waffenstillstand und eine politische Lösung vorsahen. Doch eine Einigung scheiterte.
Dieses Mal soll sich die Ukraine auf ihre europäischen Partner verlassen können – mit festen Sicherheitsgarantien. "Wir werden die Fehler von Minsk genau an dieser Stelle nicht wiederholen, sondern es muss jetzt eine Absicherung eines Waffenstillstandes geben durch entsprechende Sicherheitsgarantien an die Ukraine." Merz betont, dass die Ukraine somit einen echten Waffenstillstand erreichen könnte.
Auch Selenskyj hat genau dies während der Verhandlungen betont: "Sicherheitsgarantien müssen funktionieren und vor allem für das ukrainische Volk verständlich sein."
Der ukrainische Präsident dankte Deutschland dafür, dass es die Ukraine in allem unterstütze.
Merz hatte sich in den letzten Wochen als Friedensstifter profiliert. Bereits letzten Donnerstag lobte NATO-Generalsekretär Mark Rutte den Bundeskanzler für seine führende Rolle in der Sicherheits- und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands.
Doch entscheidend ist, ob ein Frieden Substanz hat: Sollte die Ukraine Gebiete abtreten, braucht sie echte Sicherheitsgarantien. Gelingt das, könnte Merz mehr erreichen als bloße Vermittlung – nämlich einen tragfähigen Frieden. Ob ein Waffenstillstand noch vor Weihnachten möglich ist, hängt nun von Russland ab, sagt der Kanzler.
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