Putin will im Ukraine-Krieg Erfolge auf dem Schlachtfeld - Einsatz russischer Gelder wäre "Raub"
Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Freitag bei seinem traditionellen Bürgergespräch erkärt, Moskaus Truppen seien in der Ukraine auf dem Vormarsch. Er sei zuversichtlich, dass die militärischen Ziele des Kremls fast vier Jahre nach dem von ihm befohlenen umfassenden Einmarsch erreicht werden könnten.
Auf seiner jährlichen Pressekonferenz, die mit einer landesweiten Telefonkonferenz verbunden war, sagte Putin, die russischen Streitkräfte hätten "die strategische Initiative vollständig an sich gerissen" und würden bis zum Jahresende weitere Fortschritte erzielen.
"Unsere Truppen rücken entlang der gesamten Frontlinie vor, in einigen Gebieten schneller, in anderen langsamer, aber der Feind zieht sich in allen Sektoren zurück", erklärte Putin vor Journalisten und russischen Bürgern und Bürgerinnen auf der aufwändig inszenierten Veranstaltung.
In den ersten Tagen der Krieges im Februar 2022 war es den ukrainischen Streitkräften gelungen, den Versuch Russlands, Kyjiw einzunehmen, zu vereiteln und Moskaus Truppen aus weiten Teilen des Landes zu vertreiben.
Die Kämpfe entwickelten sich zu zermürbenden Gefechten vor allem im Osten der Ukraine, und Moskaus Truppen sind in den vergangenen Monaten weiter vorgedrungen. Putin preist dies häufig als Fortschritt an, auch wenn er weit hinter dem Blitzsieg zurückbleibt, den viele in Russland erwartet hatten.
Was sagt Putin zum Friedensplan?
Wladimir Putin, der Russland seit 25 Jahren regiert, nutzt das jährliche Bürgergespräch, um seine Macht zu festigen und seine Ansichten zu innen- und weltpolitischen Themen zu präsentieren.
In diesem Jahr warteten Beobachter gespannt auf Putins Äußerungen zur Ukraine und dem von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagenen Friedensplan. Trotz umfangreicher diplomatischer Initiativen sind die Bemühungen Washingtons auf Hindernisse gestoßen, die hauptsächlich aus Putins maximalistischen Forderungen bestehen.
Putin sagte am Freitag, Moskau sei "bereit und willens, diesen (Krieg) friedlich zu beenden", und erklärte, der Kreml habe in Kyjiw "wirklich keine Bereitschaft" zu Verhandlungen gesehen, insbesondere was die russische Forderung betrifft, die Ukraine solle ein Fünftel ihres Landes abtreten.
In seinen Antworten bekräftigte Putin, dass Moskau zu einer friedlichen Lösung bereit sei, die die "Grundursachen" des Krieges beseitigen würde. Das ist eine Anspielung auf die Liste der Gründe des Kreml für die Invasion, die nun auch zu seinen Bedingungen für eine Einigung geworden sind.
Anfang dieser Woche warnte er, dass Moskau versuchen würde, seine Gewinne auszuweiten, wenn Kyjiw und seine westlichen Verbündeten diese Forderungen ablehnen.
Wladimir Putin möchte, dass alle Gebiete in den vier Schlüsselregionen, die von seinen Streitkräften erobert wurden, sowie die Halbinsel Krim, die 2014 illegal annektiert wurde, als russisches Territorium anerkannt werden.
Putin hat außerdem darauf bestanden, dass sich die Ukraine aus dem gesamten Donbass - dem Gebiet, das die Regionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine umfasst - zurückzieht, das die Moskauer Streitkräfte noch nicht erobert haben.
Der Präsident der Ukraine hat alle diese Forderungen mit der Begründung zurückgewiesen, dass ukrainisches Territorium im Sinne der Verfassung nicht legal aufgegeben werden kann.
Der Kreml hat außerdem darauf bestanden, dass die Ukraine ihren Antrag auf einen NATO-Beitritt aufgibt, und gewarnt, dass Moskau die Stationierung von Truppen aus NATO-Mitgliedsstaaten nicht akzeptieren würde.
Putin hat auch wiederholt gesagt, dass die Ukraine die Größe ihrer Armee begrenzen müsse, eine weitere seiner Forderungen, die er seit Beginn des Krieges erhoben hat, als er erklärte, Russlands Ziel sei die "Entmilitarisierung" der Ukraine.
Die Ukraine braucht weiterhin US-Sicherheitsgarantien
Kyjiw und seine Verbündeten haben die Forderungen größtenteils als mögliche Hinhaltetaktik betrachtet und erklärt, dass ihre Annahme Russland in die Lage versetzen würde, einen weiteren Krieg zu starten, nachdem es seine Verluste konsolidiert und seine marode Wirtschaft verbessert hat.
Auf die Frage, ob die Ukraine ihre NATO-Bewerbung aufgeben könnte, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj, die Position seines Landes bleibe unverändert.
"Die Vereinigten Staaten sehen uns vorerst nicht in der NATO", erklärte er. "Politiker ändern sich."
Auf eine Frage von Euronews während des Gipfeltreffens des Europäischen Rates in Brüssel am Donnerstag sagte Selenskyj, dass Russland versuche, die Europäische Union nicht nur von den diplomatischen Verhandlungen, sondern auch von allen zukünftigen Sicherheitsgarantien für die Ukraine auszuschließen.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs versprachen bei einem Treffen am Montag in Berlin, die Ukraine in Zukunft vor Russland zu schützen, auch mit militärischen Mitteln.
Europas Verpflichtung, der Ukraine im Falle eines künftigen russischen Angriffs beizustehen, könne jedoch die Sicherheitsgarantien der USA für die Ukraine nicht ersetzen, meinte Selenskyj, selbst wenn sie rechtlich bindend sei.
"Wir sind nicht der Meinung, dass Europa die Vereinigten Staaten von Amerika ersetzen sollte. Und natürlich denken wir genauso über die Sicherheitsgarantien der Vereinigten Staaten von Amerika, die Artikel 5 ähnlich sein werden, und wir werden keine europäische Unterstützung brauchen."
Russlands Zermürbungskrieg an der Frontlinie und die Angriffe auf ukrainische Energieanlagen, Städte und andere zivile Ziele mit oft täglich Hunderten von Drohnen und Raketen sind Teil einer umfassenderen Strategie, um Kyjiw zu kleinzukriegen und in die Unterwerfung zu treiben - eine Wiederholung der Kampagne, die auf den harten ukrainischen Winter setzt.
EU nutzt kein russisches Vermögen für die Ukraine
Am Freitag einigten sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union darauf, der Ukraine für die Jahre 2026 und 2027 ein zinsloses Darlehen in Höhe von 90 Milliarden Euro zu gewähren. Allerdings scheiterten sie daran, eingefrorene russische Vermögenswerte dafür zu verwenden, nachdem Belgien rechtliche und finanzielle Bedenken angemeldet hatte.
Geplant war, einen Teil der in Europa, vor allem in Belgien, eingefrorenen russischen Guthaben im Wert von 210 Mrd. Euro zu verwenden. Der belgische Premierminister Bart De Wever lehnte die Idee jedoch wiederholt ab, da er Vergeltungsmaßnahmen aus Moskau befürchtet.
Doch die Staats- und Regierungschefs arbeiteten bis tief in die Nacht hinein, um Belgien zu versichern, dass es geschützt sei. Als die Gespräche ins Stocken gerieten, entschie sich die EU schließlich dafür, das Geld auf den Kapitalmärkten aufzunehmen.
De Wever hatte den Plan als rechtlich riskant abgelehnt und davor gewarnt, dass er Euroclear schaden könnte, dem in Brüssel ansässigen Finanzclearinghaus, in dem eingefrorene Vermögenswerte in Höhe von 193 Milliarden Euro verwahrt werden.
Putin spricht von "Raub"
Putin kommentierte, die Verwendung der russischen Vermögenswerte zur Unterstützung Kyjiws käme einem "Raub" gleich, und sagte, der Schritt würde Investoren verschrecken und "nicht nur einen Imageschaden verursachen, sondern auch das Vertrauen in die Eurozone untergraben".
Zu Beginn der Woche beschuldigte der russische Präsident die "europäischen Schweine", sich über "Russlands Zusammenbruch" abzusprechen, in einem seiner schärfsten Angriffe auf westliche Politiker, die er für Moskaus Krieg in der Ukraine verantwortlich macht.
Die in Europa eingefrorenen russischen Vermögenswerte bleiben so lange blockiert, bis Russland der Ukraine Kriegsreparationen zahlt, die auf über 600 Milliarden Euro geschätzt werden.
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