Influencer Malte Zierden über Silvesterböller: "Wir verursachen kollektiv Tierleid"
Die Woche beginnt für viele Menschen damit, sich im Supermarkt ihrer Wahl Böller für das Silvesterfeuerwerk zu kaufen.
In Deutschland ist der Verkauf von Feuerwerkskörpern gesetzlich nur an den letzten drei Werktagen des Jahres erlaubt. Dieses Jahr entspricht das dem 29., 30. und 31. Dezember. Gezündet werden darf das Feuerwerk jedoch nur am 31. Dezember und 1. Januar und gilt für viele als Silvestertradition.
Doch nicht alle sind Fans des Böllerns: Menschen, die vor Krieg geflüchtet sind sowie Veteranen und Veteraninnen können vom Silvesterfeuerwerk retraumatisiert werden und auch für unsere vierbeinigen Freunde ist die Nacht auf den 1. Januar kein Spaß, weshalb viele Tierschützer ein Böllerverbot fordern.
Tagelanger Alarmzustand
Tierschützer und Influencer Malte Zierden befürwortet ein Böllerverbot und erklärt auf Anfrage von Euronews, dass "wir an Silvester kollektiv Tierleid verursachen". "Was für uns ein schöner Moment ist, bedeutet für Tiere Kontrollverlust. Der Lärm kommt plötzlich, unberechenbar, ohne Möglichkeit zu fliehen. Selbst wenn dieses Chaos nur eine Nacht dauern würde, bleibt ihr Körper oft tagelang im Alarmzustand", so Zierden.
Zierden hat mit seiner Tierschutzarbeit über eine Million Follower auf Instagram gesammelt und ein Kinderbuch über seine Freundschaft mit der Taube Oßkar veröffentlicht.
Er reist zudem in Krisen- und Kriegsgebiete, wie die Ukraine, um Tiere aus den umkämpften Frontgebieten zu retten. So kam er auch zu seinen eigenen Hunde Ma und 13, die er aus der Ukraine gerettet hat.
"Für ihre Wahrnehmung gibt es an Silvester kaum einen Unterschied", so Zierden und weist auf die lauten Explosionen, Orientierungslosigkeit und Angst hin. Ihm zufolge bedeute das für viele Tiere auch ohne böse Absicht Lebensgefahr.
"Silvester wird politisch oft als saisonales Problem betrachtet. Ein paar Tage Lärm, das wars. Das ist zu kurz gedacht. Für viele Tiere endet dieses Leid nicht mit dem letzten Knall", so Zierden zu Euronews. Für ihn sei demnach nicht nur die Silvesternacht, sondern auch die "leisen Momente nach dem Knallen" berührend.
"Tiere, die sich nicht mehr bewegen, die zittern, die sich verstecken. Nicht weil sie schwach sind, sondern weil ihr Körper gelernt hat: Es ist gefährlich, sichtbar zu sein. Gerade bei Wildtieren sehen wir das Leid oft nicht. Aber nur weil es im Wald passiert, heißt es nicht, dass es nicht existiert. Das meiste Leid an Silvester passiert dort, wo niemand hinschaut", so Zierden.
Tom Terveer von der Tierschutzorganisation Notpfote erklärt, dass die Symptome bei Tieren beim Böllern von Zittern, Hecheln bis hin zur Orientierungslosigkeit reichen. Bei Wildtieren wie Vögeln, Igeln oder Wildschweinen können laute Knaller und Lichtblitze Panik, Stress und Orientierungsverlust auslösen, was im schlimmsten Fall tödliche Folgen haben kann. Vögel fliegen panisch in große Höhen, verlieren bei Kälte lebenswichtige Energie und Winterschläfer wie Igel werden aus dem Schlaf gerissen.
Es gibt eine hohe Dunkelziffer, aber die Auswirkungen seien jedes Jahr tödlich, erklärt Terveer. "Allein in Deutschland entlaufen um Silvester Hunderte Hunde (circa 430 in der Bilanz 2024/25); nicht alle werden lebend gefunden", erklärt er und ergänzt, dass auch panikbedingte Tode sich häufen. "Kaninchen können an Herzinfarkten sterben; Wildtiere und Vögel sterben oft an Erschöpfung oder Kollisionen mit Gebäuden. " Zudem verletzen Nutztiere wie Pferde sich schwer, wenn sie in Panik Zäune durchbrechen, so Terveer.
Auch bei Haustieren kann das Böllern massive Panik auslösen. Viele Hunde und Katzen entlaufen ihren Besitzern, was laut dem Tierschutzregister Tasso e.V. dazu führt, dass manche sterben oder nicht mit ihren Besitzern wieder vereint werden können. Vergangenes Jahr sind Berichten zufolge deswegen mindestens zwei Hunde gestorben, die aus Panik auf eine Autobahn gerannt sind.
"Kollateralschaden unserer Traditionen"
Zierden setzt sich deswegen verstärkt für ein Böllerverbot ein, indem er Videos auf den sozialen Medien sowie eine Petition der Polizeigewerkschaft Berlin teilt, die ein bundesweites Böllerverbot fordert. Bislang wurde die Petition über 2,4 Millionen Mal unterzeichnet. Bundesweit betrachtet sehen etwa 69 Prozent der Deutschen das Silvesterfeuerwerk jedoch als festen Bestandteil des Jahreswechsels, während ein Teil der Bevölkerung Einschränkungen oder Verbote unterstützt, so eine Ipsos-Studie.
"Ich halte die Debatte für unabdingbar", ergänzt Zierden und erklärt, dass es für ihn weniger als Verbotsfrage, sondern mehr eine Gewissensfrage ist.
"Wir diskutieren jedes Jahr darüber, ob Feuerwerk bleiben darf. Viel seltener fragen wir uns. Welchen Preis andere Lebewesen dafür zahlen. Mitgefühl verändert Verhalten nachhaltiger als jedes Verbot. Eine reife Gesellschaft erkennt man daran, wessen Leid sie bereit sind, mitzudenken", so der Influencer zu Euronews.
Zierden wünscht sich, dass Tiere "nicht länger als Kollateralschaden unserer Traditionen" betrachtet werden.
"Tiere sind nicht nur Teil unserer Umwelt - sie sichern unser Überleben. Wie wir mit Tieren umgehen, sagt viel darüber aus, wer wir als Gesellschaft sein wollen." Der Tierschützer träumt demnach von einer Welt, in der "wir Tiere auf Augenhöhe behandeln. Nicht aus Mitleid, sondern aus Verantwortung".
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