Faktencheck zu Trumps Aussage: Warum Russland zu Beginn des Ukraine-Kriegs in Kyjiw gescheitert ist

US-Präsident Donald Trump hat seine Behauptung wiederholt, warum es den russischen Truppen in den ersten Wochen ihres Angriffskriegs gegen die Ukraine 2022 nicht gelungen sei, Kyjiw einzunehmen. Das Problem sei gewesen, dass ein russisccher General entschieden hätte, die ukrainische Hauptstadt über schlammiges Ackerland zu erreichen.
"Sie [die Russen] wären in vier Stunden in Kiew gewesen, wenn sie die Autobahn genommen hätten. Aber ein russischer General traf die brillante Entscheidung, stattdessen durch das Ackerland zu fahren", sagte Trump erneut Anfang August 2025.
"Sie blieben im Schlamm stecken"
"Und dann gab es sintflutartige Regenfälle, und der Regen war so stark, dass die Panzer im Schlamm stecken blieben. Ich weiß nicht, wer dieser General ist, aber wie ich Wladimir [Putin] kenne, ist er wahrscheinlich nicht mehr da."
Ähnlich äußerte sich Trump im Mai, als er sagte, Putins Streitkräfte hätten Kiew in "fünf Stunden" eingenommen, wenn sie "nicht im Schlamm stecken geblieben" wären.
Dies ist eine der zahlreichen irreführenden oder unbestätigten Behauptungen, die Trump seit seiner zweiten Amtszeit als US-Präsident im Januar 2025 über Russlands Angriffskrieg in der Ukraine aufgestellt hat.
Wir haben seine Aussagen überprüft, indem wir die Berichte von Experten über die Geschehnisse in den ersten Kriegstagen im Februar 2022 analysiert haben.
Unsere Analyse ergab, dass die Versuche Russlands, Kyjiw einzunehmen, durch eine Kombination aus der ukrainischen Militärstrategie sowie logistischen und taktischen Fehlern auf russischer Seite vereitelt wurden.
Der Schlamm im Tal des Irpin-Flusses westlich von Kyjiw behinderte zwar die Bewegung von Panzern, hätte aber allein die russische Offensive nicht vereiteln können.
Russische Truppen kamen über Autobahnen nach Kyjiw
Expertenberichten zufolge nutzten russische Panzer in den ersten Tagen der Invasion auch Autobahnen, um auf die ukrainische Hauptstadt vorzurücken.
Einer Analyse von Experten des Modern War Institute zufolge legten die von der belarussischen Grenze kommenden russischen Truppen in der ersten Phase der Schlacht "150 km offene Straße" zurück, um die Außenbezirke von Kyjiw zu erreichen.
"Viele Russen hatten alte Karten und die Kommunikation zwischen den verschiedenen Teilen ihrer Konvois war schlecht", berichten die Experten. Zudem gelang es den "Ukrainern auch so viele Straßenschilder wie möglich zu entfernen oder zu bermalen", um die russischen Soldaten in ihren Panzern zu verwirren.
In der Analyse wird auch darauf hingewiesen, dass der Fluss Irpin westlich von Kyjiw ein "bedeutendes Hindernis für den Fahrzeugverkehr" darstellte, dass es im Osten der Hauptstadt jedoch keine derartigen natürlichen Hindernisse gab.
Die von Maxar Technologies der AP zur Verfügung gestellten und von EuroVerify analysierten Satellitenbilder zeigen außerdem deutlich Konvois russischer Panzer, die Anfang März 2022 auf Autobahnen in Richtung Kiew vorrückten, als russische Truppen versuchten, die ukrainische Hauptstadt einzukreisen.
Moskau hat es nicht geschafft, die "Lufthoheit" zu erlangen
Dass es Russland nicht gelang, Kyjiw einzunehmen, lag vor allem auch daran, was in der Luft geschah.
Obwohl die ukrainischen Streitkräfte zahlenmäßig an Kampfflugzeugen unterlegen waren, konnten sie den Versuch Russlands, die Kontrolle über den Flughafen Hostomel - einen ehemaligen sowjetischen Luftwaffenstützpunkt etwa 10 km nördlich von Kyjiw - zu erlangen, erfolgreich aus der Luft vereiteln.
Die russischen Truppen übernahmen die Kontrolle über den Flughafen erst, als Verstärkung von der belarussischen Grenze kam. Im April 2022 hatte die Ukraine die volle Kontrolle über den Flughafen wiedererlangt.
Experten zufolge war die rasche Einnahme des Flughafens ein entscheidender Bestandteil des russischen Plans zur Einnahme von Kyjiws.
"Hätte Russland das Flugfeld des Hostomel-Flughafens schneller eingenommen (...), wäre es sehr wahrscheinlich, dass die russischen Streitkräfte in den ersten Tagen des Krieges in das Herz von Kyjiws vorgedrungen wären", erklärt das Modern War Institute.
"Die Russen hatten erwartet, die Lufthhoheit zu erlangen, aber sie waren bestenfalls in der Lage, die Luftüberlegenheit zu erlangen."
Schlammige Bedingungen behinderten den russischen Vormarsch nur teilweise
An Trumps Behauptungen ist einiges dran: Der durch Regen aufgeweichte Boden und der Schlamm während des russischen Vormarschs auf Kyjiw erschwerten die russischen Angriffe.
Der Einmarsch fand im Vorfrühling statt, wenn die Schneeschmelze und das auftauende Eis die Straßen mit Schlamm überschwemmen, ein Phänomen, das in Russland als "rasputitsa" und in der Ukraine als "bezdorizhzhya" bekannt ist.
Es gibt glaubwürdige Beweise dafür, dass Russlands Invasionstruppen, die abseits der Straßen unterwegs waren, im Schlamm stecken blieben, wodurch einige militärische Vorstöße vereitelt wurden.
Einige ukrainische Medien berichteten, dass Russland viele im Schlamm feststeckende Panzer zurückgelassen hat, die später von ukrainischen Bauern geborgen und für die ukrainischen Streitkräfte wiederverwendet wurden.
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