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Privatsphäre: Liest die EU bald im Chat mit?

• Sep 11, 2025, 12:05 AM
6 min de lecture
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Social-Media-Nutzende schlagen Alarm wegen einer Reihe von Maßnahmen, die im Vorschlag der Europäischen Kommission zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch im Internet beschrieben sind. Eine Umsetzung des Vorschlags würde es Regierungen und privaten Nachrichtendiensten erlauben, Nachrichten zu kontrollieren, um die Verbreitung von kinderpornografischem Material zu verhindern und Opfer zu identifizieren.

In viralen Social-Media-Beiträgen wird behauptet, dass die EU kurz davor stehe, alle privaten Textnachrichten, teilweise sogar noch vor dem Abschicken, zu überprüfen.

Jedoch sind diese Bedenken verfrüht und irreführend, da der Prozess zur Genehmigung des Gesetzes noch im Gange ist und bisher unklar ist, wie die endgültigen Maßnahmen aussehen werden.

Der Gesetzesentwurf ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2022 für eine Verordnung zur Verhinderung und Bekämpfung von Kindesmissbrauch. Das Gesetz soll einen einheitlichen EU-weiten Rechtsrahmen schaffen, um kinderpornografisches Material zu erkennen, zu melden und zu entfernen sowie Grooming von Kindern im Internet zu bekämpfen.

Der Vorschlag zielt darauf ab, das derzeitige Flickwerk aus Bemühungen von Unternehmen und nationalen Vorschriften durch ein übergeordnetes System zu ersetzen, das den Behörden klare rechtliche Instrumente an die Hand gibt.

Der Vorschlag der EU-Kommission enthält in der Tat Aspekte des Text- und Nachrichtenscannings. Befürwortende argumentieren jedoch, dass die Chat-Kontrolle nur in einem begrenzten, rechtlich klar definiertem Rahmen stattfinden würde. Das Gesetz würde "Ermittlungsaufträge" einführen, also rechtlich verbindliche Anfragen an Technologieanbieter, bekanntes oder neues kinderpornografisches Material oder Grooming-Versuche online zu ermitteln.

Diese Aufträge müssten von einer nationalen Behörde angefordert, auf der Grundlage von Risikoeinschätzungen begründet und von einem Gericht oder einer unabhängigen Verwaltungsbehörde genehmigt werden.

Kritiker warnen jedoch, dass solche Maßnahmen die Online-Privatsphäre erheblich untergraben könnten. Wenn sie auf Ende-zu-Ende-verschlüsselte Dienste angewendet werden, müsste die Erkennung möglicherweise auf den Geräten der Nutzenden erfolgen, eine Praxis, die als Client-side-Scanning bekannt ist, wodurch die Verschlüsselung und Privatsphäre geschwächt werden.

EU-Parlament hat bereits für Änderungen gestimmt

Behauptungen, dass bald ein System alle Nachrichten scannen werde, sind dennoch irreführend, da der Entwurf der Kommission noch durch den Gesetzgebungsprozess der EU gehen muss.

Bis Parlament und Rat sich auf eine einheitliche Version des Gesetzentwurfs einigen, kann nichts durchgesetzt werden.

Das Europäische Parlament hat bereits für Änderungen gestimmt, die die weitreichendsten Teile des Kommissionsentwurfs zurücknehmen würden. Ende 2023 stellte sich der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) gegen allgemeines und wahlloses Scanning von Nachrichten und sprach sich ausdrücklich für den Schutz der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aus.

Das Parlament hat gezieltere, risikobasierte Erkennungsmaßnahmen gefordert und besteht auf starken Schutzvorkehrungen. Das Brechen der Verschlüsselung würde nach Sicht des Parlaments die Privatsphäre und Cybersicherheit aller schädigen.

Die Position des EU-Rates ist komplizierter und bleibt vorerst geteilt. Eine Mehrheit von 15 Mitgliedstaaten, darunter Frankreich, Spanien und Italien, unterstützt derzeit verpflichtende Scanning-Maßnahmen. Sechs Länder, darunter Österreich, die Niederlande und Polen, haben erklärt, dass sie das Gesetz in der jetzigen Form nicht akzeptieren können, während sechs weitere Mitgliedstaaten, unter anderem auch Deutschland, noch unentschlossen sind.

Eine neue Abstimmung ist nun für den 12. September 2025 angesetzt. Aber selbst wenn der Rat eine Einigung erzielt, muss er noch einen Kompromisstext mit dem Parlament und der Kommission aushandeln, ein Prozess, der "Trilog" genannt wird. Die Verordnung kann erst in Kraft treten, wenn sowohl der EU-Rat als auch das Europäische Parlament denselben Wortlaut genehmigt haben.

Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre

Wenn der Text in seiner jetzigen Form genehmigt würde, gäbe der Vorschlag den EU-Behörden erstmals die Befugnis, Anbieter privater Kommunikationsdienste aufzufordern, aktiv in den Nachrichten, Bildern und anderen Daten der Nutzenden zu suchen.

Diese "Ermittlungsaufträge" könnten für gesamte Dienste gelten, nicht nur für einzelne Verdächtige. Wenn sie auf Ende-zu-Ende-verschlüsselte Apps wie WhatsApp oder Signal angewendet würden, müssten Anbieter möglicherweise Client-side-Scanning einführen, bei dem Inhalte direkt auf dem Gerät vor der Verschlüsselung überprüft werden.

Kritiker befürchten auch einen sogenannten "Function Creep": Sobald ein System zum Scannen aller Nachrichten der Nutzenden existiert, könnten zukünftige Regierungen versucht sein, dessen Anwendungsbereich auf andere Bereiche wie Terrorismus, Urheberrechtsdurchsetzung oder politische Dissidenz auszuweiten.

Dennoch kommt die virale Panik vor dem Textnachrichten-Scanning in der EU verfrüht, da es sich bei dem Vorschlag der Kommission nur um einen Entwurf handelt, der seit mehr als drei Jahren ohne Einigung diskutiert wird.

Nichts kann in Kraft treten, bis sich das Europäische Parlament und der Rat auf einen Text einigen, und das Parlament hat bereits dafür gestimmt, Scanning zu begrenzen und die Verschlüsselung zu schützen.

Selbst wenn schließlich ein Kompromiss erzielt wird, würden Ermittlungsaufträge weiterhin eine fallweise Genehmigung durch Gerichte oder unabhängige Behörden erfordern und zeitlich begrenzt sein. Es gibt also keine Pläne der EU, die gesamte private Kommunikation ihrer Bürger zu überwachen.


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