Voraussetzung “in keiner Weise erfüllt” - Merz stellt sich gegen Palästina-Anerkennung

Rund 150 Staaten wollen Palästina als Staat anerkennen. Deutschland hingegen will diesen Schritt laut Bundeskanzler Friedrich Merz vorerst nicht gehen.
"Wir werden uns dieser Initiative nicht anschließen", so der Unionschef in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem kanadischen Premierminister Mark Carney. "Wir sehen die Voraussetzungen für eine staatliche Anerkennung gegenwärtig in keiner Weise als erfüllt an", argumentiert Merz.
Deutschland betrachtet eine Anerkennung eines Palästinenserstaates als einen der letzten Punkte auf dem Weg hin zu einer Zwei-Staaten-Lösung, bei der Israelis und Palästinenser friedlich nebeneinander leben können.
Damit steht Deutschland innerhalb Europas aktuell im abseits.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat bereits vor einigen Wochen angekündigt, er wolle auf der nächsten UN-Vollversammlung im September Palästina als eigenständigen Staat anerkennen. Viele andere UN-Staaten folgten diesem Vorschlag, so beispielsweise auch Großbritannien.
Einige EU-Länder haben Palästina bereits anerkannt, wie etwa Ungarn haben im Jahr 1988. Spanien, Irland und Slowenien gingen hinsichtlich der aktuellen humanitären Lage und dem andauernden Krieg in Gaza diesen Schritt im letzten Jahr.
Insgesamt haben 146 von 193 UN-Staaten Palästina anerkannt.
Kurswechsel: Bundesregierung übt erstmals Kritik an Israel
Deutschland hatte sich lange Zeit bedingungslos hinter Israel gestellt. Die Existenz und die Sicherheit Israels seien auch für die neue Bundesregierung Staatsräson, bekräftigte auch Außenminister Johann Wadephul (CDU) zum 60-jährigen Bestehen der deutsch-israelischen Beziehungen. "Ich bin nicht sicher, ob so alle strategischen Ziele Israels erreicht werden können und dies langfristig der Sicherheit Israels dient", sagte Wadephul dennoch vorsichtig kritisch.
Bundeskanzler Friedrich Merz wurde Ende Mai auf dem WDR Europaforum deutlicher: "Das, was die israelische Armee jetzt im Gazastreifen macht: Ich verstehe offen gestanden nicht mehr, mit welchem Ziel."
"Die Zivilbevölkerung derart in Mitleidenschaft zu nehmen, wie das in den letzten Tagen immer mehr der Fall gewesen ist, lässt sich nicht mehr mit einem Kampf gegen den Terrorismus der Hamas begründen", sagte der Kanzler. Er erinnerte an die Pflicht zur Wahrung des humanitären Völkerrechts.
Die Anerkennung von Palästina als Staat durch Drittstaaten hat zunächst keine direkten Auswirkungen. Das Vorhaben ist allerdings ein politisch symbolisches Zeichen. Ist Palästina als Staat anerkannt, so können bilaterale Beziehungen aufgebaut werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, dadurch den politischen Druck auf Israel zu erhöhen.
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