Faktencheck: Ist Kaffee laut EU "schädlich" für den Menschen?

In Nachrichtenberichten und viralen Posts in den sozialen Medien wird behauptet, die EU habe Kaffee als "schädlich" für den Menschen eingestuft.
Eine Schlagzeile des britischen meinungsorientierten Nachrichtensenders GB News hat "sich einmischende Brüsseler Bürokraten" beschuldigt, Kaffee für bedenklich zu erklären. Die Tageszeitung The Telegraph titelte, die EU habe Kaffee als gefährlich eingestuft, weil Koffein "für den Menschen schädlich ist, wenn er geschluckt wird". Die Berichte haben damit Ängste vor einem Kaffeeverbot in der gesamten EU geschürt.
In einem weiteren Artikel des indischen Mediums NDTV World wird behauptet, die EU habe Koffein vollständig verboten. In weiteren Artikeln von Global Guido, The Daily Mail und The Daily Express wird ebenfalls versucht, Stimmung gegen die EU zu machen, weil sie angeblich den Weg für ein Kaffeeverbot geebnet hat.
In den Artikeln wird vage auf einen Bericht über die Verwendung von Koffein in Pestiziden verwiesen, ohne Links oder offizielle Quellen zu nennen.
Welche Regeln gelten laut Europäischer Union?
Eine Internetsuche nach Schlüsselbegriffen führt zunächst zu einem genaueren Artikel des britischen Mediums The Independent. Hier wird ein Antrag des französischen Unternehmens Progarein auf Verwendung von Koffein als Pestizid für Kohl, Kartoffeln und andere Kulturen erwähnt.
Eine weitere Suche mit diesen Informationen führt schließlich zu einer Entscheidung der Europäischen Kommission vom Oktober 2024: Der Antrag von Progarein auf Zulassung von Koffein "als Grundstoff zur Verwendung im Pflanzenschutz als Insektizid bei Kohl, Kartoffeln und Buxus spp. sowie als Molluskizid bei allen essbaren und nicht essbaren Kulturen" wird abgewiesen.
Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit bringt Klarheit
Auf der Grundlage eines wissenschaftlichen Gutachtens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), beschloss die Kommission, dem Unternehmen die Verwendung von Koffein als Pestizidgrundstoff nicht zu gestatten. In der Entscheidung heißt es, dass "Koffein für den Menschen schädlich ist, wenn es geschluckt wird", und dass es schädliche Auswirkungen auf den Körper habe.
"In Bezug auf die menschliche Gesundheit stellte die [EFSA] außerdem fest, dass Koffein schädliche Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, den Wasserhaushalt und die Körpertemperatur bei Erwachsenen sowie auf das zentrale Nervensystem (Schlaf, Angstzustände, Verhaltensänderungen) bei Erwachsenen und Kindern hat und bei schwangeren Frauen zu einem ungünstigen Geburtsgewicht führt", erklärte die Kommission.
"Darüber hinaus konnte die [EFSA] aufgrund fehlender Daten keine abschließende Bewertung der nicht diätetischen Risiken für Betreiber, Arbeitnehmer, Umstehende und Anwohner vornehmen", fügte sie hinzu.
Es ist jedoch irreführend zu sagen, dass dies bedeutet, dass die EU Kaffee als schädlich für den Menschen eingestuft hat, denn sie bezieht sich auf hohe Dosen reinen Koffeins und nicht auf Ihre Tasse Kaffee am Morgen.
Im Koffein-Informationsblatt der EFSA heißt es, dass eine durchschnittliche Tasse Filterkaffee etwa 90 mg Koffein enthält, ein Espresso 80 mg und ein schwarzer Tee 50 mg. Eine Aufnahme von 400 mg über den Tag verteilt sei für einen gesunden Erwachsenen vollkommen unbedenklich. Es heißt außerdem, dass Einzeldosen von Koffein bis zu 200 mg aus allen Quellen für einen durchschnittlichen, gesunden Erwachsenen keine besonderen Probleme verursachen dürften.
Empfehlung: nicht mehr als fünf Tassen Kaffee am Tag
Erst ab etwa fünf oder sechs Tassen Kaffee könnte Koffein kurzfristig schädlich für den Schlaf und die geistige Gesundheit sein, langfristig Herz-Kreislauf-Probleme verursachen und bei schwangeren Frauen das Wachstum des Fötus beeinträchtigen, so die EFSA.
"Die Einzeldosen von Koffein, die für Erwachsene als unbedenklich gelten, können auch auf Kinder angewandt werden, da die Geschwindigkeit, mit der Kinder und Jugendliche Koffein verarbeiten, mindestens so hoch ist wie bei Erwachsenen. Die vorliegenden Studien über die akuten Auswirkungen von Koffein auf Angst und Verhalten bei Kindern und Jugendlichen stützen dieses Ergebnis", so die Behörde.
Trotz der irreführenden Schlagzeilen verbietet die EU also nicht das Koffein in Getränken, und den Coffee Dates und Nachmittagstees in Europa steht nichts weiter im Wege.
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