Massenprotest in Belgrad gegen die Regierung von Präsident Vucic

Zehntausende Menschen sind am Samstag zu einer Massenkundgebung nach Belgrad gekommen. Die Kundgebung gilt als Höhepunkt der monatelangen Proteste gegen die populistische Regierung des serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic.
Die Demonstranten versammelten sich an mehreren vereinbarten Protestorten in verschiedenen Teilen der Stadt, die in höchste Alarmbereitschaft versetzt wurde. Alle öffentlichen Verkehrsmittel wurden gestrichen.
Im Vorfeld der Demonstration hatte Vucic wiederholt vor angeblichen Plänen für Unruhen gewarnt und für den Fall von Zwischenfällen Verhaftungen und harte Strafen angedroht.
Ein ohrenbetäubender Klang von Trillerpfeifen, Trommeln und Vuvuzelas erfüllte am Samstag die Luft. Einige Demonstranten trugen Transparente mit der Aufschrift "Er ist am Ende!" Die Menge skandierte "Pump it Up", einen Slogan, der in den vergangenen vier Monaten bei den von Studenten angeführten Protesten verwendet wurde.
"Ich erwarte, dass dies seine Autorität erschüttern wird und dass Vucic erkennt, dass die Menschen nicht mehr für ihn sind", sagte Milenko Kovacevic, ein Demonstrant.
Die Kundgebung - der wahrscheinlich größte Anti-Regierungs-Protest, der jemals in dem Balkanland stattgefunden hat - folgt auf mehr als viermonatige Proteste, die eine Herausforderung für Vucics Machterhalt nach 13 Jahren an der Spitze darstellten.
Hunderte von Bereitschaftspolizisten in Belgrad
Innenminister Ivica Dacic erklärte gegenüber dem staatlichen Rundfunksender RTS, dass am Vorabend insgesamt 13 Personen festgenommen wurden. Er sagte, darunter seien sechs Oppositionsaktivisten gewesen, weil sie angeblich einen Staatsstreich geplant und Unruhen angezettelt hätten.
Am Samstagmorgen versammelten sich die Menschen in verschiedenen Teilen der Stadt und marschierten in Richtung Stadtzentrum. Schon Stunden vor dem geplanten Beginn der Versammlung war das gesamte Stadtzentrum mit Menschen überflutet.
Die Polizei nahm nach eigenen Angaben einen Mann fest, der in einem Belgrader Vorort mit seinem Auto in Demonstranten gerast war und dabei drei Menschen verletzt hatte. Hunderte von Polizeibeamten waren in und um die Regierungsgebäude und vor dem Präsidentenpalast im Einsatz.
Die Großkundgebung sei nicht das Ende des Kampfes für ein demokratischeres Serbien, sagte Dejan Simic, ein Demonstrant. „Dies ist erst der Anfang vom Ende, ein Prozess, der hoffentlich bald zu Ende ist“, sagte er.
Protestierende Universitätsstudenten stehen an der Spitze der landesweiten Bewegung, die ihren Anfang nahm, nachdem am 1. November in Serbiens Norden ein Betondach aan einem Bahnhof eingestürzt war und 15 Menschen getötet hatte. Viele in Serbien machten die grassierende Korruption in der Regierung, Nachlässigkeit und die Missachtung von Sicherheitsvorschriften im Bauwesen für den Absturz verantwortlich.
Mit ihrer Forderung nach Gerechtigkeit für die Opfer haben die Studenten den Nerv der Bürger getroffen, die von den Politikern desillusioniert sind und das Vertrauen in die staatlichen Institutionen verloren haben.
Die Belgrader Behörden haben alle öffentlichen Verkehrsmittel, einschließlich der Fernbahn- und Busverbindungen, gestrichen, um weitere Teilnahmen an der Kundgebung zu verhindern. Die Verkehrsgesellschaft erklärte, die Absage sei aus Sicherheitsgründen erfolgt.
Mehrere Reporter aus dem benachbarten Kroatien sowie aus Slowenien wurden an der serbischen Grenze zurückgewiesen und erhielten die Auskunft, dass ihre Anwesenheit bei der Kundgebung ein „Sicherheitsrisiko“ darstelle.
Vucic sagt, der Westen unterstütze die Proteste
Vucic hat frühere Vorschläge für eine Übergangsregierung, die vorgezogene Wahlen vorbereiten sollte, abgelehnt. Die Befürchtung, dass es zu Zusammenstößen kommen könnte, wird dadurch genährt, dass Vucics Anhänger im Zentrum Belgrads vor seinem Amtssitz kampieren.
Unter ihnen befinden sich ehemalige Mitglieder einer gefürchteten paramilitärischen Einheit, die an der Ermordung des ersten demokratischen serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic im Jahr 2003 beteiligt war, sowie Fußball-Hooligans, die für ihre Gewalttätigkeit bekannt sind.
Vucic sagte zuvor wiederholt, dass westliche Geheimdienste hinter den fast täglich stattfindenden Studentenprotesten stünden, die darauf abzielen, ihn zu entmachten. Beweise gibt es dafür nicht.
Frühere von den Studenten organisierte Kundgebungen in anderen serbischen Städten verliefen stets friedlich, zogen aber große Menschenmengen an.