Macron zunehmend isoliert, politische Krise verschärft sich

Der Druck auf Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wächst. Unterdessen strebt der scheidende Ministerpräsident Sébastien Lecornu eine letzte Verhandlungsrunde an, um eine weitere Verschärfung der politischen Krise abzuwenden.
In einer am Dienstagnachmittag veröffentlichten Erklärung sagte Lecornu, er habe dem Socle commun, einer losen Koalition aus Konservativen und Zentristen, vorgeschlagen, dass sich die Gespräche auf zwei dringende Themen konzentrieren sollten: "Die Verabschiedung eines Haushalts" und "die Zukunft Neukaledoniens".
Er fügte hinzu, dass sich alle beteiligten Parteien "auf diese beiden Prioritäten geeinigt hätten, mit dem gemeinsamen Wunsch, eine schnelle Lösung zu finden".
Lecornu bestätigte auch, dass er sich mit jeder politischen Partei treffen werde.
Es ist der letzte Versuch Macrons, die Regierung am Laufen zu halten, nachdem Lecornu am Montag, nur 27 Tage nach seinem Amtsantritt, zurückgetreten war – die kürzeste Amtszeit eines französischen Premierministers in der modernen Geschichte.
Wenige Stunden nach seinem Rücktritt akzeptierte Lecornu Macrons Bitte, bis Mittwochabend ein neues Kabinett auszuhandeln. Lecornu teilte dem Präsidenten mit, dass er nicht in sein Amt zurückkehren werde, selbst wenn die Verhandlungen erfolgreich verlaufen.
Boykott der Opposition und erneuter Ruf nach Wahlen
Wichtige Vertreter der Opposition wiesen Lecornus Angebot jedoch schnell zurück. Die Annführer des rechtspopulistischen Rassemblement National (RN), Marine Le Pen und Jordan Bardella, hatten bereits an früheren Konsultationen teilgenommen. Dieses Mal lehnten sie die Einladung aber ab.
Le Pen wiederholte ihre Forderung nach vorgezogenen Parlamentswahlen und bezeichnete sie als "notwendig", während Bardella erklärte: "Wir sind bereit zu regieren."
Auf der anderen Seite des politischen Spektrums weigerten sich die Führer der linksgerichteten Partei La France insoumise (LFI), Mathilde Panot und Manuel Bompard, ebenfalls an dem Treffen mit dem scheidenden Premierminister teilzunehmen.
Die jüngsten Entwicklungen unterstreichen die zunehmende Isolation des Präsidenten, selbst unter seinen Verbündeten.
Am Montagabend äußerte Gabriel Attal, Macrons ehemaliger Premierminister und langjähriger Verbündeter, offen seine Frustration über die Entscheidungen des Präsidenten.
"Nach einer Reihe von neuen Premierministern ist es an der Zeit, etwas anderes zu versuchen", sagte Attal dem Sender TF1. "Es gab die Auflösung [des Parlaments]. Seitdem gibt es Entscheidungen, die den Eindruck erwecken, als wolle man die Kontrolle behalten."
Der ehemalige Premierminister Édouard Philippe, Macrons erster Regierungschef nach seinem Wahlsieg 2017, distanzierte sich ebenfalls vom Präsidenten und signalisierte damit die Erosion von Macrons einst mächtigem zentristischem Bündnis.
Eine französische Regierung im freien Fall
Lecornus Rücktritt erfolgte kaum einen Tag, nachdem er am Sonntagabend ein neues 18-köpfiges Kabinett vorgestellt hatte.
Die Zusammensetzung des Kabinetts, in dem viele bekannte Gesichter aus der vorherigen Regierung des gestürzten Premierministers François Bayrou vertreten waren, wurde schnell kritisiert, sogar von Macrons Verbündeten.
Bruno Retailleau, Vorsitzender der konservativen Partei Les Républicains sowie Macrons Innenminister, beschwerte sich über Lecornus Auswahl und berief eine Dringlichkeitssitzung der Spitzenfunktionäre seiner Partei ein.
Am Montagmorgen war die fragile Koalition bereits zerbrochen.
Die beiden unmittelbaren Vorgänger von Lecornu, Bayrou und Michel Barnier, wurden beide vom Parlament durch Misstrauensvoten abgesetzt, nachdem es zu Auseinandersetzungen über den Haushaltsplan des Landes für 2026 gekommen war, der umstrittene Ausgabenkürzungen vorsah.
Der nächste Premierminister wird vor derselben gewaltigen Aufgabe stehen: Er muss in einer tief gespaltenen Nationalversammlung genügend Unterstützung finden, um ein Ausgabengesetz zu verabschieden.
Keine leichte Wahl
Der politische Stillstand in Frankreich lässt Macron nur wenige Möglichkeiten. Seine Gegner haben drei mögliche Optionen vorgeschlagen: Rücktritt, Neuwahlen oder die Ernennung eines Premierministers, der nicht aus seinem politischen Lager stammt.
Doch Macron, dessen Zustimmungswerte ein Rekordtief erreicht haben, hat sich bisher sowohl gegen einen Rücktritt als auch gegen eine Auflösung der Regierung gewehrt. Der französische Staatschef besteht darauf, dass er seine Amtszeit bis 2027 fortsetzt.
Unterdessen verschlimmern die finanziellen Probleme Frankreichs das politische Chaos. Die Verschuldung des Landes im Verhältnis zum BIP ist nach wie vor eine der höchsten in der Europäischen Union und liegt fast doppelt so hoch wie die EU-Grenze von 60 Prozent.
Um die Verabschiedung eines neuen Haushalts wird Frankreichs Regierung nicht herumkommen. Doch die Chancen, das zu schaffen, sinken von Stunde zu Stunde.
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