Lettland zieht sich aus der Istanbul-Konvention gegen häusliche Gewalt zurück
 
                        Nach einer 13-stündigen hitzigen Debatte hat das lettische Parlament in Riga am Donnerstag beschlossen, aus der Istanbul-Konvention gegen häusliche Gewalt auszutreten. 56 der 100 Abgeordneten stimmten für den Austritt, 32 dagegen.
Wenn Präsident Edgars Rinkevics diese Entscheidung ratifiziert, würde Lettland der erste EU-Mitgliedstaat, der sich von der Istanbul-Konvention lossagt. Dabei hatte sich das lettische Parlament erst im November 2024 dafür ausgesprochen.
Der im vergangenen Jahr in Lettland in Kraft getretene Pakt des Europarats soll die Unterstützung von Frauen, die Opfer von Gewalt, einschließlich häuslicher Gewalt, geworden sind, sicherstellen.
Ultrakonservative Gruppen und politische Parteien in ganz Europa haben den Vertrag jedoch kritisiert, denn laut Kritikern fördere dieser die "Gender-Ideologie", ermutige zu sexuellen Experimenten und schade Kindern.
Oppositionsabgeordnete in Lettland hatten im September mit dem Prozess eines möglichen Austritts aus dem Vertrag begonnen. Die Union der Grünen und Landwirte, ein Agrarbündnis, das Mitglied der Regierungskoalition ist, schloss sich ihnen an. Zur Koalition gehören auch die Mitte-Rechts-Partei von Ministerpräsidentin Evika Siliņa und eine Mitte-Links-Partei.
Proteste gegen möglichen Austritt
Evika Siliņa kritisierte die Versuche, aus der Istanbul-Konvention auszutreten. Sie hatte seit ihrer Regierungsübernahme 2023 versprochen, die Konvention zu ratifizieren.
"Diejenigen, die mutig genug waren, Hilfe zu suchen, sehen nun, wie ihre Erfahrungen für politische Kämpfe benutzt werden", schrieb Siliņa auf X. "Es ist grausam."
Die Regierungschefin teilte auch einen Post von Protesten gegen den Austritt.
Das Bündnis zwischen Oppositions- und Regierungsabgeordneten zur Unterstützung des Austritts zeigt die Risse in der Regierungskoalition vor den nächsten Parlamentswahlen, die für den Herbst 2026 geplant sind.
"Diese Entscheidung gefährdet nicht nur Frauen und Mädchen in Lettland, sondern ermutigt menschenrechtsfeindliche Bewegungen in ganz Europa und Zentralasien und unterstützt autoritäre Tendenzen von Regierungen, die sich von Rechtsstaatlichkeit, internationaler Gerechtigkeit und demokratischen Werten entfernen", sagte Tamar Dekanosidze von der internationalen Frauenrechtsorganisation Equality Now.
Obwohl er sich dagegen ausgesprochen hat, muss Präsident Edgars Rinkevics den Antrag nun unterzeichnen. Rinkevičs hat angedeutet, dass er einen Parlamentsbeschluss nicht umgehen wird.
Lokalen Medien zufolge demonstrierten am Mittwochabend über 5 000 Menschen vor dem Parlament in Riga gegen den Ausstieg aus der Istanbul-Konvetion des Europarats.
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