Deutschlands Außenminister Wadephul in Nahost: Spagat zwischen Israel und Gaza

Außenminister Johann Wadephul plant heute einen Besuch im von Israel besetzten Westjordanland, wo er zu einem Gespräch mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah erwartet wird.
Bei dem Treffen dürften unter anderem Übergriffe israelischer Siedler auf Palästinenser sowie die in Israel diskutierten Pläne zur Annexion des Gebiets thematisiert werden. Die israelische Knesset hatte kürzlich in einer Resolution ihre Unterstützung für eine mögliche Annexion signalisiert – ein Schritt, der international auf scharfe Kritik gestoßen ist. Auch die Bundesregierung spricht sich entschieden gegen eine solche Maßnahme aus.
Tags zuvor war Wadephul nach Israel gereist.
Israel laufe Gefahr, international isoliert zu werden, sagte er am Donnerstag in Jerusalem. "Ich sehe es als Deutschlands Aufgabe an, alles dafür zu tun, das zu verhindern." In diesem Zusammenhang verwies er auf eine "nie endende historische Verpflichtung" für Israels Sicherheit. Es bestehe die Gefahr, dass sich eine Kluft zwischen der Europäischen Union und Israel auftue. Auch mit dem Ziel, das zu verhindern, sei er nach Israel gereist.
Beide Seiten müssten tätig werden, so der CDU-Politiker. "Hier und heute war es mein Auftrag, der israelischen Seite zu sagen, dass sie jetzt handeln muss und nicht erst irgendwann." Er fügte hinzu: "Wir brauchen Klarheit - auch von Israel -, dass keine Politik der Vertreibung und keine Politik der aktiven Annexion betrieben wird."
Nötig sei, dass die verbliebenen Geiseln aus der Gewalt der militant-islamistischen Hamas freigelassen werden. Dafür brauche es einen Waffenstillstand. "Es ist an der Zeit, diesen Krieg zu beenden." Diese Aufforderung gehe "an allererster Stelle an die Terrororganisation von Hamas", so Wadephul.
Deutsche Hilfen für den Gazastreifen
Angesichts der akuten humanitären Notlage im Gazastreifen hat Wadephul zusätzliche Hilfen der Bundesregierung zugesichert. Bei einem Besuch einer UN-Einrichtung in Jerusalem kündigte der CDU-Politiker an, dass Deutschland dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) weitere fünf Millionen Euro bereitstellen werde. Mit diesen Mitteln soll das WFP in der Lage sein, Lebensmittel bereitzustellen sowie Bäckereien und Suppenküchen wieder in Betrieb zu nehmen, um Brot und warme Mahlzeiten zu verteilen.
Wie Wadephul erklärte, sollen die von Israel eingerichteten täglichen Feuerpausen in Teilen des Gazastreifens genutzt werden, um Hilfsgüter über die UN zu verteilen. Zudem unterstützt die Bundesregierung den Aufbau eines Feldkrankenhauses der Malteser in Gaza-Stadt, das eine dringend benötigte medizinische Grundversorgung sicherstellen soll.
CSU-Generalsekretär Martin Huber hat indes Sanktionen der Bundesregierung gegen Israel kategorisch ausgeschlossen. Huber sagte im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, Kritik an der israelischen Regierung sei zwar legitim, "aber Sanktionen unter Freunden kommen nicht in Frage". Auch Maßnahmen wie Einreiseverbote, wie sie etwa die Niederlande gegen die rechtsextremen israelischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir verhängt haben, lehnt Huber ab.
Frankreich sendet noch heute Hilfslieferungen
Die Bundesregierung engagiere sich weiterhin mit Nachdruck für eine Linderung der Not im Gazastreifen, so Huber weiter. Die Verantwortung für ein Ende des Konflikts liege jedoch vor allem bei der militant-islamistischen Hamas. Diese müsse die verbleibenden israelischen Geiseln freilassen, die Waffen niederlegen und das Existenzrecht Israels uneingeschränkt anerkennen.
Frankreichs Außenminister Barrot hat angekündigt, dass sein Land noch heute 40 Tonnen Hilfsgüter über dem Gazastreifen abwerfen werde. Dem Sender Franceinfo sagte Barrot, man dürfe keine Zeit verlieren. "Wir müssen den Gazastreifen mit Wasser, Nahrungsmitteln und Medikamenten überfluten." Vier Flüge mit jeweils zehn Tonnen humanitärer Hilfe würden von Jordanien aus in Richtung Gazastreifen starten. Barrot betonte, diese Nothilfe reiche jedoch nicht aus, um den Bedarf der Bevölkerung zu decken. Die Situation sei absolut unerträglich.
Verstörendes Lebenszeichen einer deutsch-israelischen Geisel
An der Grenze zum Gazastreifen türmen sich indes tonnenweise Hilfsgüter, die in der Hitze ungenutzt verderben. Israel und die Vereinten Nationen machen sich dafür gegenseitig verantwortlich. Nach Angaben Israels schafft es die UN nicht, die Güter rechtzeitig abzuholen, die UN sagt, Israel würde den Weg versperren.
Unterdessen hat die Terrororganisation Palästinensischer Islamischer Dschihad (PIJ) ein neues, verstörendes Video einer deutsch-israelischen Geisel veröffentlich. Der 21-jährige Rom Braslavski war am 7. Oktober 2023 während des brutalen Angriffs der Hamas und ihrer Verbündeten auf Israel verschleppt worden. Als Sicherheitsmitarbeiter beim Supernova-Musikfestival soll er laut Zeugenaussagen mehreren Menschen bei der Flucht vor den islamistischen Angreifern geholfen haben. Die Gruppe hatte vergangene Woche erklärt, den Kontakt zu den Entführern der Geisel verloren zu haben.
In dem Video ist ein junger, stark abgemagerter, weinender Mann zu sehen, der offensichtlich unter Druck steht und die israelische Regierung um Hilfe bei seiner Freilassung bittet. Die Authentizität des Materials konnte zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Von den 50 Geiseln, die sich noch immer im Gazastreifen befinden, wird angenommen, dass 20 am Leben sind.
Die Hamas und der Palästinensische Islamische Dschihad (PIJ) verweigern weiterhin die Freilassung der verbliebenen Geiseln.
Außenminister Johann Wadephul erklärte während seines Besuchs in Israel, das "erschütternde Video, in dem die deutsche Geisel Rom Braslavski vorgeführt wird, macht erneut die Grausamkeit der Entführer deutlich. Meine Gedanken sind bei allen Familien, deren Angehörige von Terroristen nach Gaza verschleppt wurden."
Deutschland setze weiterhin alle verfügbaren Mittel ein, um die Freilassung der Geiseln zu erreichen.
Der Sondergesandte von US-Präsident Donald Trump, Steve Witkoff, traf am Donnerstag ebenfalls in Israel ein, um die sich verschlechternde humanitäre Lage im Gazastreifen zu erörtern.
Witkoff und der US-Botschafter Mike Huckabee werden am Freitag die Lebensmittelverteilung im Gazastreifen inspizieren, teilte das Weiße Haus mit.
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