USA-Wahlkampf: Euro-Dollar Parität unter Trump?
Der Euro würde bei einem Trump-Sieg in den US-Wahlen gegenüber dem Dollar schwächer werden - das prognostizieren Wirtschaftswissenschaftler. Der Euro hat bereits einen Monat vor der Wahl um mehr als 2 % an Wert verloren, da die Chancen auf einen Sieg Trumps gestiegen sind.
Einige Analysten gehen davon aus, dass der Euro gegenüber dem Dollar sogar auf die Parität oder darunter fallen könnte, wenn die Republikaner die volle Kontrolle über den Kongress erlangen, ein sogenannter "Red Sweep".
Historische Präzedenzfälle aus Trumps Präsidentschaft 2016-2020 deuten jedoch auf das Gegenteil hin, zumindest im ersten Jahr seiner Amtszeit.
Hier ist, was Anleger dieses Mal erwarten könnten.
Wie ein Trump-Sieg dem Euro schaden kann
Ein Hauptgrund für den Wertverlust des Euros im Falle einer Trump-Präsidentschaft sind die von Trump vorgeschlagenen Zölle auf ausländische Waren. Trump hat verkündet, dass er möglicherweise einen Zoll von 60 % auf chinesische Importe und einen Zoll von 10 % auf Waren aus anderen Ländern erheben wird.
Laut Ökonomen können die Trump-Zölle Verbraucherkosten innerhalb der USA erhöhen, da die Unternehmen die höheren Warenkosten höchstwahrscheinlich an Verbraucher weitergeben werden.
Höhere Inflationswerte könnten dazu führen, dass die Federal Reserve, die amerikanische Zentralbank, Zinssätze erhöhen wird. Die Idee hinter einer Zinssatzerhöhung ist es, dem Preisdruck entgegenzuwirken.
Durch die protektionistische Haltung der USA unter Trump könnte es zu einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in Europa kommen. Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte daher eine lockerere Geldpolitik zur Unterstützung ihrer Wirtschaft in Betracht ziehen.
Da die US-Notenbank Zinsen anheben würde, während die EZB Zinsen senkt, kann die Zinsdifferenz den Dollar gegenüber dem Euro stark ansteigen lassen, da US-Anlagen für Anleger rentierlicher werden.
Wechselkursveränderungen hängen oft von Abweichungen in der Geldpolitik ab. In diesem Szenario könnten sie den Euro näher an die Preisparität zum Dollar bringen.
Zusätzlich zu den Zöllen könnte eine neue Trump-Regierung eine strengere Einwanderungspolitik verfolgen. Geringere Einwanderungszahlen würden wahrscheinlich die Verfügbarkeit von Arbeitskräften in den USA einschränken und die Löhne in die Höhe treiben, da die Unternehmen um Arbeitskräfte rangen.
Höhere Löhne könnten wiederum zur Inflation beitragen und daher die strengere Zinspolitik der Federal Reserve weiterführen. Dieses Szenario könnte den Dollar stützen und den Euro weitergehend benachteiligen.
Prognosen für den Euro-Dollar-Kurs im Falle eines Trump-Sieges
Luca Santos, Devisenanalyst bei ACY Securities, bemerkte: "Ein Trump-Sieg könnte zu politischen Veränderungen führen, die darauf abzielen, das US-Wirtschaftswachstum durch Inlandsausgaben und eine protektionistische Handelspolitik anzukurbeln. Ein solches Szenario führt häufig zu einem stärkeren Dollar, da die Anleger auf ein besseres Wirtschaftsklima für US-Anlagen setzen."
Georgette Boele, Senior FX & Precious Metals Strategist bei ABN Amro, hob die Auswirkungen von Trumps Handelspolitik auf den Dollar hervor und merkte an, dass "die Märkte nach starken US-Daten in diesem Jahr weniger Zinssenkungen für die Fed, aber mehr für die EZB eingepreist haben."
Laut Boele haben die laufenden Veränderungen in den Umfragen im Vorfeld der Wahl die Volatilität des Dollars erhöht, wobei Trumps Chancen die kurzfristigen Marktbewegungen beeinflussen.
Die BBVA-Strategen Alejandro Cuadrado und Roberto Cobo sagen voraus, dass der Euro im Falle eines Wahlsiegs von Trump, insbesondere bei einer vollständigen Kontrolle des Kongresses durch die Republikaner, unter 1,08 $ fallen könnte. Andererseits rechnen sie mit einem schwächeren Dollar, sollte Kamala Harris die Wahl gewinnen.
Goldman Sachs gab eine der pessimistischsten Prognosen für den Euro ab. Analyst Michael Cahill geht davon aus, dass "unterschiedliche geldpolitische Implikationen für die USA und Europa den Euro um etwa 3 % schwächen könnten".
Sollte Trump jedoch breit angelegte Zölle und inländische Steuersenkungen einführen, könnte der Euro laut Cahill noch weiter fallen, möglicherweise um 10 %, was die Währung unter die Parität zum Dollar bringen würde.
Trumps Präsidentschaft 2016-2020 hat nicht zu einem Rückgang des Euro geführt
Rückblickend betrachtet hat Trumps Wahlsieg 2016 zunächst den Dollar gestärkt, wobei der Euro von 1,10 Dollar im Oktober auf 1,0340 Dollar Anfang 2017 fiel. Wie Stefan Gerlach, Chefvolkswirt der EFG Bank AG, jedoch kürzlich beschrieb, hat die US-Wahl zu einem deutlichen Anstieg der US-Zinsen geführt, da die Märkte davon ausgingen, dass Trumps Wirtschaftspolitik Wachstum und Inflation ankurbeln würde.
Infolgedessen hat sich der Renditeabstand zwischen US-amerikanischen und deutschen Anleihen erhöht, was den Euro in den Monaten nach dem Wahlsieg Trumps unter Druck setzte.
Von Januar bis September 2017 wendete sich jedoch das Blatt. Die Zinsdifferenz hat sich zugunsten der USA auf 1,85 % verringert und der Dollar auf 1,19 Dollar pro Euro abgewertet.
Zwei Faktoren spielten dabei eine wichtige Rolle: Der Dollar kehrte seinen Kurs um, als Trumps Wirtschaftsprogramm sich verzögerte, und das Wachstum der Eurozone sich verbesserte. Die politische Stabilität in Europa nach den Wahlsiegen der EU-Befürworter in Frankreich und den Niederlanden war ein wichtiger Impuls für den Euro.
Von Februar 2018 bis März 2020 fiel der Euro von 1,25 $ auf 1,06 $, da die Inflation in der Eurozone durchweg unter dem 2-Prozent-Ziel blieb, während die Federal Reserve die Zinsen anhob.
Im Zuge der Covid-19-Pandemie erholte sich der Euro jedoch wieder, da die Federal Reserve eine extrem lockere Geldpolitik verfolgte, und kletterte bis November 2020, als Joe Biden die US-Wahl gewann, auf 1,18 US-Dollar.
Insgesamt wertete der Euro von November 2016 bis November 2020 - Trumps Amtszeit - gegenüber dem Dollar von 1,10 auf 1,18 Dollar auf.
Was könnte dieses Mal anders sein?
Zwar ist ein Abrutschen des Euro auf die Dollarparität keineswegs garantiert, doch könnten mehrere Faktoren unter einer Trump-Regierung das Risiko erhöhen, insbesondere für Anleger, die den Euro-Dollar-Kurs genau beobachten.
Eine Mischung aus erneutem US-Protektionismus, steigender Inflation und divergierender Zentralbankpolitik könnte eine entscheidende Rolle spielen.
Da die Inflation in den USA bereits ein großes Problem darstellt, könnte jeder zusätzliche Druck durch Zölle oder eine strengere Einwanderungspolitik zu einer strafferen Zinspolitik der Federal Reserve führen.
Die EZB sieht sich jedoch mit anderen wirtschaftlichen Aussichten konfrontiert, da das Wachstum in Europa anfälliger für externe Schocks bleibt. Sollten sich die US-Zölle unverhältnismäßig stark auf die europäischen Exporte auswirken, könnte die EZB mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik reagieren, wodurch sich die Zinsdifferenz vergrößern und der Abwärtsdruck auf den Euro verstärken würde.
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